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Im Fokus: „Lolls ohne Prolls“

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Die Lollsrede 2009 von Bad Hersfelds Brgermeister Hartmut H. Boehmer Liebe Brgerinnen und Brger,liebe Kinder, verehrte Gste au

Die Lollsrede 2009 von Bad Hersfelds Brgermeister Hartmut H. Boehmer

Liebe Brgerinnen und Brger,liebe Kinder, verehrte Gste aus nah und fern,

der Feuermeister, der Stadtverordnetenvorsteher und ich begren Sie herzlich zu unserem Lollsfest. Wir haben uns heute wieder um den Holzsto versammelt. In froher Erwartung werden wir den uralten Brand, das Feuer der Freiheit und der Freude, anznden.

Mit dem Lullusfest knpfen wir an eine mehr als 1150 Jahre alte Tradition unserer Vorfahren an. Sie haben in guten wie in bsen Zeiten den Ruf Bruder Lolls ber alle Grenzen hinaus getragen.

Wir gren unsere Gste, die wieder nach Bad Hersfeld gekommen sind, um gemeinsam mit uns zu feiern. Dazu zhlen wir auch unsere Freunde aus den Partnerstdten umperk und L'Ha-les-Roses. Unsere Stdtepartnerschaft mit umperk besteht seit 15 Jahren. Dieses Ereignis wurde bei unseren tschechischen Freunden und am vergangenen Wochenende bei uns ausgelassen gefeiert. Es waren Festveranstaltungen, die die Herzen bewegten und unsere gemeinsame Absicht, die Freundschaft zwischen den Menschen unserer Stdte zu vertiefen, weiter gestrkt haben.

Wir leisten auf lokaler Ebene unseren Beitrag zu einer friedlichen, europischen Zukunft. Darauf sind wir stolz. Insofern berschreiten wir nationale Grenzen. Wir wollen Brcken bauen fr die Zukunft.

Unser Lullusfest ist ein Fest der Tradition und des Brauchtums, aus dem echte Heimatliebe spricht. Diese Begriffe haben auch heute noch Bedeutung. Sie sind kein Ausdruck der Nostalgie, kein Traum von der guten alten Zeit. Vielmehr rufen Tradition und Brauchtum alle Mitbrgerinnen und Mitbrger zum gegenseitigen Verstndnis, zu Toleranz und Brderlichkeit auf. Damit ist das Lullusfest auch heute aktuell wie eh und je.

Die Geschichte unserer Stadt ist zu allen Zeiten die Geschichte ihrer Brger. Alles, was aus unserer Stadt geworden ist und was sie geschaffen hat, verdankt sie allein ihren Brgern und dem immer lebendigen Brgersinn. Suchet der Stadt Bestes, muss unser immerwhrendes Motto bleiben.

Der Wahlspruch des diesjhrigen Lullusfestes ist optimistisch und zukunftsorientiert. Lollskonfetti bedeutet eine wunderbare Mischung vielfltigster Aktivitten, die alle eins zum Ziel haben: die Menschen frhlich zu stimmen, zu verzaubern.

Bad Hersfeld, seine Brgerinnen und Brger und seine Gremien haben den Mut und den Willen, die Stadt in guten und manchmal auch schwierigen Wirtschaftszeiten weiterzuentwickeln, sie zukunftsfhig zu gestalten. Das beweisen die vielen Leistungen im vergangenen Lollsjahr auf allen Gebieten unseres kommunalen Lebens. Lassen Sie mich nur einige Dinge nennen, die das Gesicht dieser Stadt nachhaltig prgen:

Wer htte vor einem Jahr sich vorstellen knnen, dass heute in unserer Stadt das weltweit grte Logistikzentrum von Amazon fertig ist und seinen Betrieb aufgenommen hat? Viele Menschen in unserer Stadt ahnen erst allmhlich, welch ein Gewinn Amazon fr Bad Hersfeld ist. Der Jobmotor Nordhessens verschafft Arbeit und Brot, die wichtigste Voraussetzung fr ein sinnstiftendes Leben. Und auerdem produziert der Solarpark auf dem Parkplatzgelnde Strom und trgt ebenso wie das energetische Altbausanierungsprogramm der Stadt zur nachhaltigen CO2-Vermeidung bei. High-Tech-Technik ist in Bad Hersfeld zu besichtigen.

Auf der anderen Seite der Autobahn gegenber von Amazon ist der Umzug der Fertigung von Grenzebach und TLT fast abgeschlossen. Auch das ist ein Groereignis fr uns. Die Fertigung von Grenzebach bleibt in wesentlichen Teilen in dieser Stadt, bestehende Arbeitspltze sind gesichert.

Und etwas Drittes steht im Mittelpunkt meiner Ansprache:Am 7. Mai hat die Stadtverordnetenversammlung bei nur drei Gegenstimmen die Masterplanung fr das neue Stadtparkgelnde beschlossen. Ein mehr als sechsjhriger Planungsprozess hat damit einen eindrucksvollen parlamentarischen Abschluss gefunden. Und in Krze geht es los mit dem Abbruch des ehemaligen groen Brogebudes und dem ersten Teil der Geisrenaturierung.

Ziel ist die Schaffung eines neuen Areals anstelle des ehemaligen Fabrikgelndes. Mit der Wissens- und Erlebniswelt Die Magie der Sprache als Herzstck des neuen Stadtparks wollen wir jhrlich mehr als 120.000 Besucher zustzlich fr unsere Stadt gewinnen. Das ist die grte stdtische Leistung in der Geschichte Bad Hersfelds. Wir schaffen eine neue Stadtkultur auch und gerade im Hinblick auf die Aktivitten des neuen Stadtmarketingvereins.

Natrlich kann man fragen, ob das Projekt in dieser Zeit begonnen werden darf, da die Finanz- und Wirtschaftskrise in den vergangenen zwlf Monaten das Wachstum wie ein Wirbelwind hinweggefegt hat. Aber darber waren sich schon am 7. Mai fast alle im Stadtparlament einig: Die Umgestaltung des alten Fabrikgelndes ist die Investition in die Zukunft und zugleich ein lokales Konjunkturprogramm erster Gte, zumal wir dankenswerterweise aus Brssel und Wiesbaden massiv gefrdert werden und sich die Belastungen fr den stdtischen Haushalt in einem finanziell leistbaren Rahmen halten.

Ein anderes Vorhaben ist inzwischen ein regelrechter Renner: das Familienzentrum Dippelmhle, anfangs von vielen kritisiert, ja verhhnt. Heute wissen wir: Alle, die damals dagegen waren, wissen heute nichts mehr davon und waren eigentlich schon immer dafr. Schn fr unsere Stadt.

Frau Elke Hesse beendete mit ihrer vierten Festspielsaison ihre Zeit als Intendantin, ihr Nachfolger Holk Freytag arbeitet intensiv an der Vorbereitung der 60. Bad Hersfelder Festspiele im kommenden Jahr. Mit den Regiearbeiten von Torsten Fischer wurden Mastbe gesetzt, die vielleicht in anderer Form im kommenden Jahr neu aufleben werden. Das Musical wird immer mehr zu einem zentralen Thema unseres Freilichttheaters, wir folgen dem doch massiv genderten Geschmack unserer Besucher. Trotzdem gilt: Qualitt und knstlerische Kontinuitt garantieren die Festspiele auch mit Intendant Freytag ab 2010. Das Theater in der Stiftsruine gereicht der Stadt zur Ehre.

Mit Bedauern wurde die Entscheidung des Bundesprsidenten aufgenommen, die Schirmherrschaft ber unsere Festspiele zu beenden. Aber ich meine, es steht der Stadt nicht zu, die erste Persnlichkeit unseres Staates zu kritisieren.

Unter einem guten Stern fanden die Feierlichkeiten des 100. Geburtstages des TSV Kalkobes statt. Dieser Verein leistet ebenso wie andere Vereine in der Stadt eine Jugendarbeit, die das Prdikat Hervorragend verdient. Und bewundernswert war nicht nur die Festschrift aus Anlass des 650-jhrigen Bestehens von Kathus, auch die groe Freude aller Bewohnerinnen und Bewohner war ansteckend.

Ein groes Ereignis war schlielich die offizielle Einweihung des Solzi-Kinderweges im Solztal, der neben dem immer noch einmaligen Jahnpark eine weitere Attraktion fr Kinder ebenso wie fr Erwachsene ist. In einer groen Gemeinschaftsleistung ist etwas wirklich Einmaliges geschaffen worden.

Wir reden immer wieder ber das Ehrenamt, das wie die Hefe im Leben unserer Stadt ist. Dafr ein Beispiel, das fr alle steht: Fr sein freiwilliges Engagement und die ber 25-jhrige Ttigkeit als Stadtverordnetenvorsteher, aber auch fr die vorbildliche Ttigkeit fr den SV Asbach wurde unser Stadtrat Valentin Wettlaufer mit dem Hessischen Verdienstorden am Bande ausgezeichnet. Valentin Wettlaufer ist ein Vorbild fr alle Menschen in dieser Stadt, gleich welchen Alters. Er beweist, dass das freiwillige Engagement fr andere immer lohnt. In diesem Engagement zhlt das Mitmischen, das Mitmachen und das Nicht-Wegsehen.

Das Lollsfest ist ein Fest der Tradition und der Heimat, ich sagte es schon. Die Bruder-Lolls-Rufe, Symbol fr das Fest, Symbol aber auch fr die Lollsfreiheit, sind schon seit Tagen zu hren.

Immer wieder frage ich, was das aber eigentlich fr eine Freiheit ist. Mit dem Begriff "Ausnahmezustand" wird vieles beschnigt. Aber auch im vergangenen Jahr gab es leider eine Gruppe von Jugendlichen, die durch Gewalt und Alkoholismus auffielen. Leider bestimmten diese Menschen die Schlagzeilen der Presse. Um unser traditionsreiches Lullusfest auch weiterhin mit Vergngen feiern zu knnen, muss die Mehrheit der Festbesucher deutlich machen, dass sie sich von den Alkoholexzessen und Gewalt einzelner distanziert. Diejenigen, die Streit suchen, mssen merken, dass sie alleine stehen. Alle, die pro Lolls sind, mssen zeigen, dass sie gegen Jugendalkoholismus und Gewalt sind. Deshalb ist ein wichtiges Thema unseres Lollsfestes der Kampf gegen Alkoholexzesse und Gewalt. Wir sagen nein zu Alkohol im berfluss, nein zu Gewalt, weil Gewalt keine Lsung und kein Argument ist. Wir lassen uns nicht zu Gewalttaten mitreien. Wir gehen aber auch nicht vorbei, gehen nicht weg, hren nicht weg und schweigen nicht.

Erstmals bei einem Volksfest in Deutschland starten wir nach den unerfreulichen Ereignissen am Rande des letzten Lullusfestes also die Kampagne "Initiative Pro Lolls" gegen Jugendalkoholismus und Gewalt. Akteure der Initiative sind neben der Polizei und SMOG e. V. die Schulsozialarbeit und die Stadtjugendpflege, die Fachstelle fr Suchtprvention im Zweckverband fr Diakonie, die beiden Kirchen und die Zeitungen.

Vorbild fr junge Menschen sind auch hier die Erwachsenen. Sie beweisen durch einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol, dass frhliches Feiern berhaupt nichts mit der Hhe des Alkoholpegels zu tun hat.

In diesem Jahr wird es deshalb auf dem Lollsmarkt auch einen Ausschank alkoholfreier Getrnke an der "Saftbar" auch durch Prominente aus Politik und Gesellschaft geben. Dort sind ebenfalls kostenlos Buttons erhltlich. Wir bitten Sie alle: Machen Sie mit bei der Aktion Lolls ohne Prolls gegen Jugendalkoholismus und Gewalt. Dann wird auch dieses Lolls ein friedliches Fest wieder.

Ich danke all denen, die zum Gelingen unseres groen Heimatfestes in unserer geliebten Heimatstadt beitragen, den Festzug gestalten und in wenigen Minuten frhlich durch die Stadt ziehen. Ich danke den Menschen, die sich immer wieder in den Dienst einer guten Sache stellen. Wir brauchen solche Persnlichkeiten heute mehr denn je. Der freiwillige, ehrenamtliche Einsatz und der Ideenreichtum tragen dazu bei, dass wir alle groe Freude in diesen Tagen haben werden. Zugleich danken wir den vielen ehrenamtlichen Einsatzkrften der Freiwilligen Feuerwehr, des DRK und des THW, die fr unser aller Sicherheit gemeinsam mit der Polizei sorgen.

Wir wissen: die deutschen Stdte und Gemeinden gehen schwierigen Zeiten entgegen. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind beachtlich. In Bad Hersfeld wird es trotzdem keine Einschnitte bei freiwilligen Leistungen geben. Denn wie sonst sollten wir ehrenamtliches Engagement frdern und davon sprechen, dass Bad Hersfeld eine familienfreundliche und soziale Stadt ist.

Allerdings lehrt uns die Finanz- und Wirtschaftskrise auch, dass eine konomie, die sich allein an Leistung und Profit orientiert, den Menschen schadet. Wer nur an Effizienz, Funktionalitt und Optimierung denkt, verliert das Ganze aus den Augen. Wirtschaft wird von Menschen gemacht, und Menschen brauchen Werte. Entscheider, die nur als Funktionre ausgebildet sind, ignorieren diese Werte, wie wir in den letzten Monaten schmerzvoll erfahren haben.

Und nun, Herr Feuermeister, hren Sie:

Brgermeister:Wir znden an uralten Brand,Was soll er knden dem deutschen Land?

Feuermeister:Am guten Alten wolln fest wir halten!

Brgermeister:Und warum hten in treuer HutWir Tag und Nacht des Feuers Glut?

Feuermeister:Wie die Vter in EhrenWolln wir uns bewhren!

Brgermeister:Das Feuer brennt mit hellem Schein,Was soll der Brger Losung sein?

Feuermeister:Hersfeld, die Stadt, sie trgt im Schild,Ein Kreuz und einen Lwen wild.In Kreuz und Leid hab LwenmutUnd trau auf Gott, es wird wohl gut!

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