"Entführungsfall Würth": Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Mutmaßlicher Täter war nach umfassenden Ermittlungen der Fuldaer Kriminalpolizei im März festgenommen worden



Gießen/Fulda - Im "Entführungsfall Würth" hat die Staatsanwaltschaft Gießen Anklage wegen des dringenden Verdachts des erpresserischen Menschenraubes gegen den 48 Jahre alten Angeschuldigten erhoben. Die zuständige Große Strafkammer des Landgerichts Gießen wird in den kommenden Wochen anhand des umfangreichen Aktenmaterials über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.
Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, im Juni 2015 im Zusammenhang mit der Entführung von Markus Würth ein Lösegeld in Höhe von drei Millionen Euro verlangt, also einen erpresserischen Menschenraub begangen zu haben. Im Verurteilungsfalle droht dem Beschuldigten, der sich weiterhin in Untersuchungshaft befindet, eine Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren.
Der Mitte März 2018 stattgefundenen Festnahme des Tatverdächtigen waren umfassende Ermittlungen der Kriminalpolizei in Fulda vorausgegangen. Insbesondere wurden eine Vielzahl von Zeugen vernommen, Funkzellendaten ausgewertet und eine Öffentlichkeitsfahndung mit einer Stimmsequenz initiiert. Polizeilich beauftragte Sprachwissenschaftler der Philipps-Universität Marburg stellten letztlich fest, dass es sich bei der Stimme des Angeschuldigten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um die Täterstimme handelt.
Der anwaltlich vertretene Angeschuldigte hat eine Tatbeteiligung bislang bestritten. Derzeit schweigt er zu den Vorwürfen. Nach den aktuell vorliegenden Erkenntnissen kann nicht ausgeschlossen werden, dass in die Entführung noch weitere unbekannte Personen involviert waren. Die Ermittlungen hierzu dauern an.
Hintergrund
Der damals 50 Jahre alte Sohn der Unternehmerfamilie Würth war im Juni 2015 aus der Behinderteneinrichtung in Schlitz-Sassen entführt worden. Er konnte am frühen Morgen des Folgetages in einem Waldgebiet bei Würzburg-Kist an einen Baum gefesselt unverletzt aufgefunden werden. Im März 2018 hatten Spezialeinheiten der Polizei in Offenbach den mutmaßlichen Täter festgenommen und hatten darüber bei einer Pressekonferenz in Fulda informiert.
Die Ermittler waren nach Stimmanalysen davon ausgegangen, dass der Entführer aus dem Grenzgebiet zwischen Serbien und Montenegro stammte und im Rhein-Main-Gebiet Deutsch gelernt habe. Auch über die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" wurde nach Hinweisen auf den Entführer gesucht. Nach der Sendung gingen rund 200 Hinweise bei der Polizei ein.