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Hintergründe des Wechsels zu den Linken: "Fulda aktuell"-Gespräch mit Winfried Möller aus Flieden

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Von: Bertram Lenz

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Winfried Möller (links) im Gespräch mit "Fulda aktuell"-Redaktionsleiter Bertram Lenz © Schmidt

"Schon immer linke Positionen und die Interessen des ,kleinen Mannes' vertreten"

Fulda/Flieden - Winfried Möller hat viel zu erzählen. Was kein Wunder ist, hat der SPD-Mann aus Flieden doch über Jahrzehnte hinweg an den unterschiedlichsten Stellen Kommunalpolitik in seiner Heimatgemeinde und im Landkreis Fulda mitgestaltet. Davon will er sich auch zukünftig nicht abhalten lassen, denn: „Ich will weiterhin die Interessen meiner Wähler vertreten. Wo ich dies mache, das ist meine Sache“. Immerhin hätten ihn die Wähler bei der letzten Kommunalwahl 2016 von Listenplatz 24 um acht Ränge auf Platz 16 gehievt. Dieses Vertrauen gelte es zu rechtfertigen, betont der 73-Jährige in einem exklusiven Gespräch mit der „Fulda aktuell“-Redaktion.

Möller hatte vor einigen Tagen durch seine Absicht, mit seinem Kreistagsmandat die Links-Partei unterstützen zu wollen, sehr viel Aufsehen erregt („Fulda aktuell“ berichtete bereits). Der 73-Jährige wehrt sich gegen ein drohendes Parteiausschlussverfahren durch die SPD und will sich nicht kampflos ausschließen lassen.

„Ich bin 1968 unter dem damaligen Vorsitzenden Ferdinand Auth in die SPD Flieden eingetreten. Aus Überzeugung und bestärkt durch Willy Brand“, erinnert er sich. Auth wiederum sei ein gestandener Sozialdemokrat gewesen, ohne Hinterlist und Tücke. Begonnen habe er, so Möller, als jeweils stellvertretender Schriftführer und Kassierer im Ortsverein Flieden, der Genossen mitunter auch zu Terminen gefahren habe. „Ich habe mich in der ganzen Zeit meines kommunalpolitischen Engagements im Übrigen nie in ein Amt gedrängt“ betont der 73-Jährige. Von 1977 bis 2013 führte er den SPD-Ortsverein Flieden und war von 1972 bis 2001 ununterbrochen ehrenamtlicher Beigeordneter im Gemeindevorstand. 1984 kam er als Nachrücker in den Kreistag und saß ab 2001 bis 2016 als Kreisbeigeordneter im Kreisausschuss. 1992 war der Polizeibeamte aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.

Im Gespräch tauchen auch die Namen Fliedener Bürgermeister wie Karl Förster, Ludwig Ebert und Winfried Kreß auf, letztgenannter „ein alter Schul- und Parteifreund“. Diesem arbeitete Möller im Gemeindevorstand als Pressesprecher zu, „und habe ihm dabei immer den Rücken freigehalten“. Ein erster Bruch mit Kreß, der nunmehr zu einem echten Zerwürfnis geworden ist, zeichnete sich 2012 ab. Damals konnte die Fliedener SPD lange Zeit keinen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters finden, bis Möller die Zusage von Markus Hofmann holte. „Da ist Kreß uns in den Rücken gefallen, indem er zur Unterstützung seiner Hauptamtsleiterin Ilona Vogel aufrief“, erinnert sich Möller.

Kreß nahm dann das Amt als Schatzmeister im SPD-Unterbezirksvorstand an, während Möller ja im Kreisausschuss saß. Zur Kommunalwahl 2011 sei er dann mit der Aussage der SPD-Unterbezirksvorsitzenden Sabine Waschke konfrontiert worden, wonach der Vorstand beschlossen habe, dass Kreisbeigeordnete keine überörtlichen Ämter mehr ausüben sollten. „Damit war ich raus aus dem Spiel“, so Möller. Seine Nachfolgerin in der Regionalen Planungsversammlung Nordhessen war übrigens Waschke.

„Dann habe ich mich im Vorfeld der Kommunalwahl 2016 freiwillig auf Platz 24 der Liste setzen lassen, weil mir verbindlich erklärt worden war, ich würde ohnehin wieder in den Kreisausschuss entsandt“. Am nächsten Morgen aber sei er von Waschke persönlich am Telefon darüber informiert worden, „dass wir Dich nicht mehr in den Kreisausschuss schicken wollen“. In den Gremien sei man gegen ihn, man wolle stattdessen einen Generationswechsel herbeiführen. „Und der sah dann so aus, dass der gleichaltrige Winfried Kreß an meiner Stelle in den Kreisausschuss geschickt wurde“, bilanziert Möller. In geheimer Abstimmung hätten sich alle für Kreß entschieden, bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung.

Warum er nun mit seinem Kreistagsmandat die Linken unterstützt? „Weil ich linke Positionen und schon immer die Interessen des ,kleinen Mannes’ vertreten habe. Zudem hätte ich ja gar keine Chance gehabt, in der SPD-Fraktion Fuß zu fassen“.

Dies zeigten auch die jüngsten Äußerungen von SPD-Geschäftsführer Jochen Hammerschick, wonach sich keiner eine Zusammenarbeit mit Möller habe vorstellen können. Grund seien dessen „maßlose öffentlichen und persönlichen Angriffe auf fast alle Fraktionsmitglieder“. Mit dem Fraktionswechsel habe Möller der Kreistagsfraktion eine Anhörung und den dann folgenden Ausschussbeschluss erspart, schreibt Hammerschick. Der so Attackierte äußert abschließend im Gespräch sein tiefstes Unverständnis: „Wie kann man sich nur solch eine Blöße geben“?

Zum Thema der "Zwischenruf" von "Fulda aktuell"-Redaktionsleiter Bertram Lenz:

"Irgendwie ist es mit Winfried Möller und der SPD so wie mit einem alten Ehepaar. Man wäre nie auf die Idee gekommen, dass sich beider Wege einmal trennen könnten. Dieser Fall ist nun aber eingetreten. Der 73-jährige Fliedener allerdings, den man selten ohne seinen roten Schal antrifft, bleibt zumindest der Farbe treu. Und seinen Überzeugungen.

Denn wer Möller kennt, der weiß genau, wie sehr er sich jahrzehntelang stets für diejenigen eingesetzt hat, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite der Gesellschaft zu Hause sind. Den Finger in die Wunde legen, ganz nah am Bürger sein und auf Missstände auch in der eigenen Partei hinweisen – all’ dies hat der Kommunalpolitiker par excellence stets vorxerziert. Und sich dabei nicht immer nur Freunde gemacht. Denn, auch dies gehört zu seiner Persönlichkeit, der 73-Jährige konnte und kann mitunter ziemlich dickschädelig sein, wenn es gilt, dass Dinge umgesetzt werden sollen, für die er sich stark gemacht hat und die ihm ein Herzensanliegen sind.

Daher verkörpert Möller einen Politikertypus, wie er heute nur noch selten anzutreffen ist: Geradlinig, unbeirrt, mit Rückgrat und dabei keiner Konfrontation auch mit den eigenen Parteifreunden aus dem Wege gehend. Zu diesem Grundverständnis politischen Wirkens gehört, sich dort zu engagieren, wo man glaubt, die eigenen Ziele am besten umsetzen zu können. Und da fühlt sich Möller, der sich seine Entscheidung sicherlich nicht leicht gemacht hat, künftig bei den Linken im Fuldaer Kreistag nun einmal besser aufgehoben als bei „seiner“ SPD. Zumal er sich von einigen langjährigen politischen Wegbegleitern menschlich schwer enttäuscht fühlt.

Insofern ist dieser Schritt, der weit über die lokalen sozialdemokratischen Grenzen hinaus für sehr viel Aufsehen sorgt, ein folgerichtiger und ein mutiger. Auf seine „alten“ politischen Tage will Möller noch etwas für diejenige Klientel bewirken, die stets im Mittelpunkt seines ehrenamtlichen Handelns stand".

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