Palliatives Denken und Handeln: Gespräch zu einem sehr berührenden Thema

"Deutsche PalliativStiftung" mit Sitz in Fulda: Erörterungen mit Vorstandsvorsitzendem Dr. Thomas Sitte und Geschäftsführerin Elke Hohmann
Fulda - Einen Artikel über das Gespräch zu verfassen, das die Redaktion von „Fulda aktuell“ mit dem Vorstandsvorsitzenden der „Deutschen PalliativStiftung“, Dr. Thomas Sitte, und Geschäftsführerin Elke Hohmann, geführt hat, fällt schwer. Was beileibe nicht an dem Treffen selbst gelegen hat, sondern an der Thematik. Die ist zum einen äußerst vielfältig, zum andern aber von einem tiefen Ernst gekennzeichnet. Zumal sie Kernfragen der menschlichen Existenz berührt.
„Lebensaufgabe“
Deutlich wird, wie sehr Sitte und Hohmann von der Idee des palliativen Handelns überzeugt und mit welch großem persönlichen Einsatz sie dabei sind. Hohmann betont sogar, bei der in Fulda beheimateten „PalliativStiftung“ ihre Lebensaufgabe gefunden zu haben und dafür „sehr, sehr dankbar“ zu sein. Zumal mit dem Vorstand ein sehr gutes Einvernehmen herrsche. Das palliative Engagement bedeute für sie eine Herzensangelegenheit, „für die ich brenne“. Sitte ergänzt, dass es wichtig sei, die Öffentlichkeit verstärkt für palliatives Denken zu sensibilisieren. Auch dies wolle man erreichen: Relevant informieren, sachlich richtig aufklären und dabei auch Emotionen spielen lassen. Der 60-Jährige, der bereits verschiedene Bücher zu der Thematik verfasst hat, ergänzt seine Aussage um die Definition dessen, was „Palliativ“ bedeutet: „Lindernd und verbessernd. Wenn Heilung nicht mehr möglich ist, gibt es noch viel mehr zu tun, als man glaubt“. „Hospiz“ sei dagegen letztlich die Idee und Haltung, die hinter dieser Arbeit stehe. Der Vorstandsvorsitzende weiter: „Generell ist ein stationäres Hospiz für Erwachsene ein Haus, in dem Menschen ihre letzte Lebensphase verbringen können, wenn sie woanders aus den verschiedensten Gründen nicht mehr angemessen behandelt werden können. Ein Kinderhospiz hingegen ist in erster Linie eine Einrichtung zur Entlastungspflege, damit Familien neue Kraft schöpfen können“. Allgemein werde unter Hospiz dann auch noch der ambulanten Hospizdienst verstanden. Ein oder zwei Hauptamtliche koordinierten und unterstützten eine größere Gruppe von Ehrenamtlichen in der Begleitung von Patienten und Familien zuhause. „Sie behandeln nicht, sondern begleiten in Form von Da-Sein, Zuhören, Reden, kleinen Handreichungen und anderem“. Die „Deutsche PalliativStiftung“, die ihren Sitz Am Bahnhof in Fulda hat (im Gebäude der „Sparda Bank“) setzt sich aus 15 Stiftungsräten zusammen, die allesamt ehrenamtlich tätig sind. Sitte: „Wir kommen aus vielen verschiedenen Berufsgruppen aus allen Gegenden Deutschlands. Dazu gibt es, je nach den verfügbaren Mitteln, ein kleines Team von hauptamtlichen Mitarbeitern, die meist projektbezogen arbeiten“. Das seien aktuell vier Vollzeitstellen, wie Hohmann ergänzt. Beide heben die gute Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und die dadurch entstandene gute Vernetzung hervor. Seit Kurzem erst haben auch die „Kleinen Riesen Nordhessen“ eine Möglichkeit, in den palliativen Räumlichkeiten ihrer Beratungstätigkeit nachzukommen. Auf die Frage, wie er zum Posten des Vorsitzenden gekommen sei, formuliert Sitte: „Ich hatte Zeit, weil ich durch eine Intrige für drei Jahre nicht ärztlich tätig sein konnte. Da haben die anderen Stiftungsräte gemeint, ich wäre genau der richtige Mann für den Posten. Das ist eine längere und sehr spannende Geschichte. Ich habe da sehr viel Geld verloren und auch sehr viel an Lebenserfahrung gewonnen“. In der täglichen Arbeit werden Sitte, Hohmann und die Mitarbeiter der „PalliativStiftung“ des Öfteren mit Fragen konfrontiert, die sehr häufig „ans Eingemachte“ gehen. Beispielsweise: „Mein Verwandter muss so furchtbar leiden, warum kann man da nichts tun?“ sei so eine typische Frage. Oft sei dann aber die sogenannte „Sterbehilfe“ gemeint. Sitte: „Wenn dann palliativ geholfen wurde, heißt es ,Warum haben wir nicht schon viel früher gewusst, was möglich ist’“. Hohmann ergänzt: „Und dann kommen auch Fragen, ob wir nicht gutes Informationsmaterial haben. Dann können wir natürlich sagen, dass wir so etwas anbieten“.
„Urängste des Menschen“
Als „sehr gespalten“ erachten beide die Beziehung der Menschen zum Sterben beziehungsweise zum Tod. Sitte: „Der Tod findet massenweise multimedial statt. Im persönlichen Leben wird er eher verdrängt, obgleich er ja einer der Urängste des Menschen ist. Früher war das allermeiste sicher nicht besser. Doch noch vor 100 oder 200 Jahren fand der Tod im Alltag statt. Das hat die Auseinandersetzung damit deutlich erleichtert. Ich bin überzeugt, dass die Menschen in der heutigen Wohlstandsgesellschaft das Sterben erst wieder lernen müssen“. Hohmann ergänzt: „Wir müssen die Menschen abholen und es ihnen leichter machen, über das Thema zu sprechen. Was – bei allem nötigen Respekt – nicht immer nur bierernst sein muss“. Hohmann: „Wenn wir als mündige Menschen unseren letzten Lebensabschnitt selbstbestimmt gestalten wollen, sollten wir unsere ,Hausaufgaben’ in Form einer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht machen. Hierbei unterstützen wir gerne. Und dann fällt es uns gar nicht mehr so schwer, sich mit Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen“.
Vortragsreihe startet
Die „Deutsche PalliativStiftung“ startet ihre monatliche Vortragsreihe rund um alle Fragen zur Palliativversorgung am Dienstag, 19. Februar, mit einem Vortrag zum Thema „Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht“ in den Räumen der „Deutschen PalliativStiftung“, Am Bahnhof 2 in Fulda. Dr. Thomas Sitte, Vorsitzender der Stiftung, wird den Vortrag halten und kündigt an: „Der Fokus liegt auf Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Grundsätzlich können aber alle Fragen rund um die Palliativversorgung gestellt werden.“ Der Vortrag dauert circa 1,5 Stunden, die Teilnehmer bekommen im Anschluss Informationsmappen zur Verfügung gestellt. Die Teilnahme am Vortrag ist kostenlos, über Spenden freut sich die „Deutsche PalliativStiftung“. Um telefonische Anmeldung unter der Nummer 0661/48049797 wird gebeten.