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In den Händen der Taliban-Terroristen

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Ex-Bad Brckenauer ist die Afghanistan-Geisel Von HANS-PETER EHRENSBERGER Bad Brckenau. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im

Ex-Bad Brckenauer ist die Afghanistan-Geisel

Von HANS-PETER EHRENSBERGER

Bad Brckenau. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im beschaulichen Bad Brckenau und war am Abend auf dem Pfarrfest selbstredend Gesprchsthema Nummer 1: Das ist eindeutig der Rudi. Den erkenne ich zweifelsfrei wieder, lauteten durch die Bank die Statements jener, die das Foto des in Afghanistan enfhrten Deutschen in der Bildzeitung gesehen hatten.

Und obwohl sich das Auswrtige Amt in Berlin bisher weitgehend bedeckt hlt, den Namen der zweiten, von Taliban-Terroristen in Afghanistan verschleppten deutschen Geisel ffentlich zu machen sind sich die Brckenauer im Gesprch mit Fulda Aktuell ganz sicher: Das ist Rudolf Blechschmidt, der in den 1960er und 70er Jahren lange Zeit im Bad an der Sinn wohnte, lebte und arbeitete!

Der 62-Jhrige wurde am 18. Juli gemeinsam mit einem zweiten Deutschen von Taliban-Kmpfern in der Provinz Wardak gekidnappt. Sein Kollege kam dabei ums Leben wie, ist noch nicht endgltig geklrt. Die inzwischen nach Deutschland berfhrte Leiche des 44-jhrigen Rdiger D. aus Mecklenburg-Vorpommern wies jedenfalls Schussverletzungen in Knien und im Rcken auf. Nun hoffen alle instndig, dass Rudolf Blechschmidt nicht das gleiche tdliche Schicksal droht und er heil nach Hause zurckkehren kann.

Richtig schockiert

Ich war richtig schockiert, mich hat es regelrecht in den Fernsehsessel zurckgezogen, als ich sein Foto in den Nachrichten sah, sagt Harald B., der lange Jahre mit Rudolf Blechschmidt befreundet war, diverse gemeinsame Motorradausflge unternommen und in dieser Clique zahlreiche Feten mit ihm gefeiert hat. Der Rudi war schon immer ein robuster Kerl, den hat so leicht nichts aus der Bahn geworfen.

Vielleicht liegt das auch in seiner Biographie begrndet. Blechschmidt stammte aus Sachsen und kam mit seinen Groeltern Anfang der 1960er Jahre nach Bad Brckenau. Grovater Albert Trger bewirtschaftete einige Jahre als Pchter das rtliche Schtzenhaus, erinnert sich Manfred Kaiser. Der junge Rudolf war selbst zwanzig Jahre Mitglied im Schtzenverein und galt als talentierter Schtze. Gelebt hat die Familie anfangs in einem umgebauten Zirkuswohnwagen (Foto), den es heute noch an anderer Stelle gibt, der seinerzeit indes unmittelbar neben der Schiebahn stand.

Rudolf Blechschmidt hat im Metallwerk Unterfranken den Beruf des Werkzeugmachers gelernt, danach an einer Fachhochschule Bauingenieurwesen studiert, spter war er beim Finanzbauamt Bad Kissingen beschftigt und zuletzt fr einen groen Baukonzern vor allem im Nahen Osten und Afrika im Einsatz. Anfang der 1990er Jahre verlie er schlielich Bad Brckenau und siedelte mit seiner mittlerweile von ihm getrennt lebenden Ehefrau Reingard nach Ottobrunn bei Mnchen ber. Mit den Schtzenbrdern und -schwestern in der Rhn bestand in den Folgejahren mitunter noch sporadischer Kontakt wenn denn mal wieder eine Postkarte aus dem Ausland kam.

Immer unternehmungslustig

Pass mir blo gut auf deinen Paul auf. Mit diesen Worten baute sich ein mchtiger Kerl vor meiner Kasse auf, ist einer Kinobetreiberin aus Bad Brckenau ihr erstes Zusammentreffen mit Rudi Blechschmidt vor etwa zehn Jahren im Gedchtnis haften geblieben. Das war im ersten Moment schon ein wenig komisch, bis sich geklrt hatte, dass er ein guter Freund meines Mannes war. Beide frnten frher dem gemeinsamen Motorrad-Hobby, waren mit ihren 600er BMWs auf diversen Elefantentreffen, bevor es Rudolf in die Ferne zog. Der war ein Kerl von einem Mann, immer unternehmungslustig, sagt Paul. Dem Rudi war es in Bad Brckenau fast zu langweilig. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob der mal ruhiger wird.

Ich bitte Sie um Verstndnis, dass ich weder einer Zeitung, noch einem Radio- oder Fernsehsender in der jetzigen Situation ein Interview geben mchte, so die Reaktion von Reingard Blechschmidt in Ottobrunn auf die telefonische Anfrage von Fulda Aktuell. Die Ex-Frau, die eine Zeit lang in Fulda ein Seniorenreisebro betrieb, und die beiden gemeinsamen Shne sind in Gedanken bei Rudolf Blechschmidt im fernen Afghanistan, dessen Schicksal nicht nur die Region, sondern die ganze Bundesrepublik und weit darber hinaus bewegt.

Zum Zeitpunkt der Drucklegung unserer Zeitung gingen die Bemhungen beim Krisenstab des Auswrtigen Amtes in Berlin um Rudi Blechschmidts Freilassung auf Hochtouren weiter. Vorsichtig optimistische Tne auf eine baldige und krperlich unversehrte Heimkehr des Deutschen waren u.a. auch von ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner in Kabul geuert worden...

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