„Jetziger Vorgang kein Skandal“ - OB Möller: Medizinische Kompetenz des Klinikums unbestritten

Fulda. Zu den Hygiene-Mängeln am Klinikum Fulda führte "Fulda aktuell" ein Interview mit dem Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzen
Fulda. Zu den Hygiene-Mängeln am Klinikum Fulda führte "Fulda aktuell" ein Interview mit dem Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Möller.
Fulda aktuell: Sie wirkten auf der sonntäglichen Pressekonferenz sehr geknickt, um nicht zu sagen deprimiert. Über was haben Sie sich am meisten geärgert: Über die menschlichen oder die maschinellen Defizite im Zusammenhang mit dem neuesten Hygiene-Skandal am Klinikum Fulda?
OB Möller: Ja, es ist richtig: Sonntagsstimmung hatte ich nicht; denn die Notwendigkeit zur Schließung der Zentralsterilisation ist ein ernstes Ereignis.
Fulda aktuell: Erst Salmonellen, dann Legionellen in 2007, jetzt verunreinigtes OP-Besteck in der Zentral-Sterilisation. Wie viele solcher Skandale kann sich das Klinikum Fulda noch leisten, ohne dass sein Ruf als Krankenhaus der Maximalversorgung regional und überregional nachhaltig beschädigt wird?
OB Möller: Der jetzige Vorgang ist kein Skandal. Die medizinische Kompetenz des Hauses ist unbestritten. Nach der Krise in 2007 ist das Vertrauen schnell zurückgekehrt. Ich bin zuversichtlich, dass die Menschen der Region um die hohe Kompetenz wissen. Das schnelle Handeln der Verantwortlichen zeigt, wie ernst das Thema Hygiene bei festgestellten Mängeln genommen wird.
Fulda aktuell: Welche kurzfristigen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation wurden eingeleitet?
OB Möller: Seit Montag war bereits ein Teil des OP-Instrumentariums bei einer Spezialfirma in Tuttlingen zur Wiederaufbereitung. Diese dann neuwertigen Siebe mit Klemmen, Scheren, Zangen und weiteren Operationsinstrumenten kommen kurzfristig wieder ins Haus zurück. In enger Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden wird derzeit innerhalb des Klinikums die provisorische Sterilisation aufgebaut. Die Interimslösung soll im Laufe der zweiten Wochenhälfte stehen.
Fulda aktuell: Ist der finanzielle Schaden durch den Ausfall von etwa 90 Prozent der derzeitigen Operationen vorläufig quantifizierbar, der ideelle Schaden überhaupt messbar?
OB Möller: Der finanzielle Ausfall dürfte sicherlich erheblich sein. Konkreter lässt es sich auch nicht fassen.
Fulda aktuell: Was können Sie zur Beruhigung verunsicherter Patienten beitragen, die möglicherweise in dieser Zeit operiert wurden, oder jenen sagen, bei denen eine Operation jetzt ansteht?
OB Möller: Es liegen keinerlei Erkenntnisse vor, dass ein Schaden eingetreten ist. Wie bereits gesagt, soll Ende nächster Woche die Interimssterilisation in Betrieb gehen, so dass dann auch schrittweise der OP-Betrieb wieder aufgenommen wird. Wartezeiten für geplante Operationen sind zurzeit leider unvermeidbar. Ich gehe davon aus, dass das Klinikum alles daran setzen wird, die aufgeschobenen Operationen unverzüglich einzuplanen.
Fulda aktuell: Sollte sich nicht die Frage nach Verantwortlichkeiten und infolgedessen nach personellen Konsequenzen in Geschäftsführung und/oder Hygiene-Abteilung am Klinikum stellen?
OB Möller: Vorrangig ist die Wiederherstellung der mängelfreien Sterilisation. Danach müssen die Vorgänge überprüft und bewertet werden. Erst dann wird ein gesichertes Urteil möglich sein.
Fulda aktuell: Was sagen Sie zu dem Vorwurf des Hessischen Gesundheitsministers Stefan Grüttner, die Zustände am Klinkum Fulda seien nicht tragbar?
OB Möller: Der Vorstand selbst hat nach Einschaltung von Experten und Gutachten die Weiterführung der Sterilisation als "nicht tragbar" angesehen und entschlossen reagiert.
Fulda aktuell: Liegen die Gründe für diese "nicht hinnehmbaren" Zustände möglicherweise in einer zu engen Personaldecke am Klinikum Fulda begründet?
OB Möller: Davon gehe ich nicht aus. Das Klinikum hat zur Prozessoptimierung eigens eine anerkannte Fachfirma eingesetzt.
Fulda aktuell: Gibt es am Klinkum Fulda, das sich als Krankenhaus der Maximalversorgung definiert, auch maximale Hygiene-Standards?
OB Möller: Die Hygienestandards werden durch eine Vielzahl von Vorschriften und Normen definiert. Gerade vor dem Hintergrund der Krise 2007 ist es Daueraufgabe, die Hygiene bestmöglich zu sichern.
Fulda aktuell: Wie wird nach diesen Vorfällen die "Investitions-Umverteilung" der Haushaltsmittel für das Klinikum aussehen?
OB Möller: Wir werden die bisherigen Prioritäten überprüfen. Klar ist, dass die Modernisierung der Zentralsterilisation absolute Priorität hat. Vorrang hat auch die Modernisierung der OPs, für die bereits in der Investitionsplanung abschnittweise Mittel zur Verfügung gestellt sind.
Fulda aktuell: Machen Sie sich als Aufsichtsratsvorsitzender Vorwürfe, in irgendeiner Weise nicht rechtzeitig und konsequent auf die Hygiene-Defizite reagiert zu haben?
OB Möller: Dazu sehe ich keinen Grund. Handlungsverpflichtet ist in einer Aktiengesellschaft der Vorstand. Der Aufsichtsrat ist Kontrollorgan, der Vorstand muss ihm über wesentliche Entwicklungen berichten, um in der Nachschau zu sehen, ob man hätte anders handeln müssen.
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Interims-SterilisationSchrittweise Wiederaufnahme des OP-Betriebs
Fulda. Die Arbeiten zur Wiederaufnahme des OP-Betriebs am Klinikum Fulda laufen auf Hochtouren. In enger Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden wird derzeit im Klinikum eine Übergangslösung aufgebaut. "Diese soll bis Ende nächster Woche stehen", kündigte Klinikvorstandsvorsitzender Harald Jeguschke an.
Die Maschinen hierfür würden Anfang nächster Woche angeliefert sein, berichtet Jeguschke. "Mit der Interims-Sterilisation innerhalb des Hauses können unter Einhaltung aller Betriebsvorschriften und Gesetze die Instrumente gereinigt, desinfiziert und sterilisiert sowie der OP-Betrieb danach schrittweise wieder aufgenommen werden."
Sterilgut wird aufbereitet
Seit Montag ist die erste Teillieferung des OP-Instrumentariums bei einer Spezialfirma in Tuttlingen zur Wiederaufbereitung. Diese dann neuwertigen Siebe mit Klemmen, Scheren, Zangen und weiteren Operationsinstrumenten kommen nach einigen Tagen wieder ins Haus zurück.
Endoskopie und Herzkatheter
Die Endoskopien der Medizinischen Klinik II (Gastroenterologie) sowie die Herzkatheteruntersuchungen der Medizinischen Klinik I (Kardiologie) sind von der vorläufigen Stilllegung der Zentralsterilisation des Klinikums Fulda nicht betroffen, und der Betrieb geht dort ungestört weiter.
"Im Herzkatheterlabor werden die Herzkatheteruntersuchungen uneingeschränkt vorgenommen", berichtet Prof. Dr. Volker Schächinger, Direktor der Medizinischen Klinik I (Kardiologie), "da wir ausschließlich Einmalartikel verwenden und somit nicht von der Sterilisationsabteilung mit Instrumenten beliefert werden", so Prof. Dr. Schächinger weiter.
"Auch im Bereich der Routineendoskopie sind wir nicht an die Sterilisationsabteilung angebunden und daher autark", erläutert Prof. Dr. Daniel Jaspersen, Direktor der Medizinischen Klinik II (Gastroenterologie). Das bedeutet, dass z.B. Magen- sowie Darmspiegelungen ohne Einschränkungen und ohne Risiko für die Patienten durchgeführt werden können.
Im Zuge der kompletten Modernisierung der Endoskopieabteilung im Jahr 2009 wurde eine hochmoderne interdisziplinäre Endoskopie-Abteilung errichtet, mit eigener Gerätereinigung und Desinfektion (hygienische Endoskopreinigung) der Endoskopen. Bei den so genannten Endo-Waschmaschinen, die sich in den Räumen der Endoskopieabteilung befinden, wird jeder Prozess elektronisch erfasst, das Endoskop fest der jeweiligen Untersuchung zugeordnet und die Zahl der Einsätze registriert. Ein Endoskop kann nur nach kompletter Reinigung und Datenerfassung wieder eingesetzt werden. Zusätzlich prüft ein Fremdinstitut regelmäßig die Keimfreiheit der Geräte.