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Als nächstes TV-Großereignis vor der Europa-Meisterschaft steht ein anderes europäisches Highlight an: Der "Eurovision Song Contest", f
Als nächstes TV-Großereignis vor der Europa-Meisterschaft steht ein anderes europäisches Highlight an: Der "Eurovision Song Contest", früher einmal "Grand Prix d’Eurovision de la chanson" genannt. In Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Ein Land am Kaspischen Meer, das in der Vergangenheit nicht unbedingt durch die Wahrung von Demokratie und Menschenrechten auffiel. Jetzt – vor den Augen von rund 125 Millionen Zuschauern von Sydney bis Moskau, von Rasdorf bis in entlegene Nester auf dem amerikanischen Kontinent – will sich Aserbaidschan als weltoffenes, europäisches Land präsentieren.
Die Wahrheit jedoch sieht anders aus: Von einem Regime beherrscht, das Opositionelle unterdrückt und mindestens 80 politische Gegner inhaftiert, Demonstrationen regelmäßig gewaltsam auflöst und die Pressefreiheit mit Füßen tritt, ist das Land keineswegs so weltoffen, wie es sich nun darstellen will. Im Halbfinale vor knapp einer Woche sind im Publikum der "Kristallhalle" hunderte Männer gesichtet worden, die nicht dem typischen Bild des ESC-Fans entsprachen. Waren es von der Regierung angeheuerte Kräfte, die Proteste vor laufenden Kameras der anderen europäischen Länder verhindern, die einschüchtern, unterdrücken, drohen sollten? Der Verdacht liegt nahe.
Und beim Bau der Halle für den ESC sollen knapp 630 Millionen Euro draufgegangen sein – und dem Vernehmen nach kassierte die aserbaidschanische Präsidentenfamilie kräftig mit. Die sprechen übrigens von Kosten von rund 50 Millionen Euro. Wo kommt also die mehr als 90-prozentige Lücke her? Gebaut wurde die "Kristall-Halle" übrigens von deutschen Unternehmen. Ich gehe davon aus, dass wir am heutigen Samstagabend an den heimischen Fernsehern eine heile Liederwelt vorgeführt bekommen, Songs von Liebe, Herzschmerz und guter Laune – ohne auch nur einen Hauch des despotischen Regimes zu spüren. Das wird leider auch bei der Fußball-EM in der Ukraine – einem Land, das nahezu ebenso "freizügig" mit Presse, Opposition und Menschenrechten umgeht – nicht anders ein.
Aber nun erstmal: Daumen drücken für Roman Lob und sein "Standing still". Oder auch für die Träller-Omas in Tracht, die die russische Seele verkörpern sollen – oder zumindest wollen. ESC-Urgestein Ralph Siegel ist ja mit seinem Lied für San Marino im Halbfinale gescheitert – aber er gibt (immer noch) nicht auf. Auch die beiden irischen Rasierpinsel sind wieder dabei – und das meiner Meinung mit einem besseren Lied als "Lipstick". Lassen wir uns überraschen, wer die Krone des Chansons mit nach Hause nehmen und in 2013 teure heile Welt spielen darf.
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