Klartext: Auf dem Irrweg
Redaktionsleiter Bertram Lenz schreibt über den Fackelmarsch der Partei "Der III. Weg" in Fulda.
Das Positive vorweg: Bis auf ein paar kleinere Reibereien hat Fulda den vergangenen Samstag gut überstanden. Was auch dem Einsatz der annähernd 1.000 Polizeibeamten zu verdanken ist, die – sehr tatkräftig unterstützt durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt – dafür sorgten, dass das mehrstündige Geschehen rund um Kundgebung und Marsch des „III. Weges“ zum großen Teil friedlich verlief. Wobei die Ordnungskräfte nicht nur die Rechtsextremen im Auge haben mussten. Denn auch deren linkes Pendant musste in Schach gehalten und darauf geachtet werden, dass sich beide Gruppierungen nicht zu nahe kamen. Was im schlimmsten Falle sicher übel ausgegangen wäre.
Noch etwas sollte als positiv bewertet werden: das einmal mehr engagierte Auftreten vieler Fuldaer Bürger, die sich auf die Straßen getraut und so demonstriert haben, dass in ihrer Stadt kein Platz für einen „III.Weg“ ist. Und dabei einfallsreich zu Werke gingen wie die „Florengässner Brunnenzeche“, deren in die traditionsreichen Kostüme gewandete Abordnung Schilder mit der Aufschrift „Der Irrweg“ hochhielt. Auch eine Möglichkeit, seine Abneigung kundzutun, wie es übrigens auch Lokale, Cafés und ein Innenstadt-Hotel demonstrierten. Schilder nämlich verkündeten fantasievoll, dass Nazis unerwünscht seien. Chapeau!
Doch wirft der Verlauf des Samstags auch Fragen auf: Muss es eigentlich gleich zwei Gegenkundgebungen an zwei verschiedenen Orten (Uniplatz, Bonifatiusplatz) geben oder wäre es nicht von Vorteil, die Organisatoren verständigten sich auf eine gemeinsame Veranstaltung? Und: Vielleicht wäre es auch besser, nicht zu viele Redner ans Pult zu holen? Ein bemerkenswertes Beispiel für Engagement lieferten in meinen Augen die beiden Kirchen, deren Vertreter nicht nur eine beeindruckende Andacht hielten, sondern parallel zum Marsch der Rechten auch die Glocken der Gotteshäuser läuten ließen und so lautstark ihren Protest kundtaten. Wobei es in meinen Augen ein Unding ist, dass das Kasseler Verwaltungsgericht den Rechten im Vorfeld zugestanden hatte, ihre Kundgebung „Unterm Heilig Kreuz“ und damit direkt vor der Stadtpfarrkirche abhalten zu dürfen.
Es ist schade, dass die Argumentation der Stadt vor Gericht keinen Nachhall gefunden hat, wonach der Stätte als ehemaligem „Adolf-Hitler-Platz“ eine besondere Symbolkraft zukäme. Zu guter Letzt sei noch eine Frage behandelt, die im Zusammenhang mit dem „III. Weg“ häufig an uns herangetragen wurde und wird: Wäre es nicht besser, das Häuflein Rechter marschieren zu lassen und ihm keine Plattform zu bieten? Ich meine, dass gerade das Gegenteil der Fall sein und die Öffentlichkeit mit der kruden Gedankenwelt dieser ewig Gestrigen konfrontiert werden muss. Die Berichterstattung über rechtsextreme Veranstaltungen sollte zwar auf das Nötigste beschränkt sein, dabei aber immer von dem Ziel geleitet werden, den Anfängen zu wehren.