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An der Masernimpfung geht kein Weg vorbei

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Von: Christopher Göbel

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Prof. Dr. Dirk Breitmeier, Amtsarzt im Gesundheitsamt Fulda, ist ein Befürworter des neuen Masernschutzgesetzes. © Göbel

Prof. Dr. Dirk Breitmeier, Amtsarzt im Gesundheitsamt Fulda, ist ein Befürworter des neuen Masernschutzgesetzes.

Osthessen. Am 1. März ist das Masernschutzgesetz in Kraft getreten. Danach müssen alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr eine Masern-Impfung vorweisen – zumindest wenn sie eine Kinderbetreuungsstätte oder die Schule besuchen. „Gleiches gilt für Personen, die in Gemeinschafts- oder medizinischen Einrichtungen tätig sind wie Erzieher, Lehrer, Tagespflegepersonen und medizinisches Personal (soweit diese Personen nach 1970 geboren sind). Auch Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft aufweisen“, heißt es auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums.

Weltweite Ausrottung der Masern

„Unser Ziel ist es, die Masern weltweit auszurotten“, sagt Prof. Dr. Dirk Breitmeier, Amtsarzt im Gesundheitsamt Fulda, im Gespräch mit „Fulda aktuell“. Dafür sei es nötig, dass 96 Prozent aller Menschen gegen die Masern geimpft sein müssten. „Dann spricht man von der sogenannten Herden-Immunität. Aber davon sind wir noch weit entfernt“, so Breitmeier. „Ich stehe voll hinter dem Masernschutzgesetz, das eigentlich ein Masernschutz-Nachweisgesetz ist“, sagt der Mediziner. Denn es gebe weiterhin keine Impfpflicht. Dreifach-Impfung Die MMR (Masern, Mumps und Röteln) ist eine zweifache Dreifach-Impfung.

Bei den Säuglingen liegt die Impf-Quote in Deutschland für die erste Impfung bei rund 96 Prozent. „Bei der zweiten Impfung im zweiten Lebensjahr sind es nur noch rund 92 Prozent“, so Breitmeier. „Wer die MMR-Impfung hat, ist lebenslang geschützt und kann diese Krankheiten auch nicht mehr übertragen.“ Es gibt in Einzelfällen „Impfversager“, bei denen die Impfung erneut verabreicht werden müsse. Wer bereits an den Masern erkrankt ist, ist ebenfalls lebenslang immun.

Breitmeier sagt, dass nicht nur der Eigenschutz für eine Impfung spräche, sondern auch der Schutz derjenigen, die beispielsweise aufgrund einer Immunschwäche oder anderer Krankheitsbilder nicht geimpft werden können. Laut dem Mediziner können mit einer Maserninfektion schwere Folgeerkrankungen wie eine Lungen- oder eine Hirnhautentzündung einhergehen. Je jünger ein Mensch ist, desto weniger schwerwiegend sei der Verlauf. Wer als erwachsener Mensch nicht genau weiß, ob er gegen Masern geimpft ist, könne das mit einer Blutuntersuchung überprüfen lassen. „Man kann anhand von Antikörpern bestimmen, welche Impfungen ein Mensch erhalten hat, und ob eine Immunität gegen bestimmte Erreger besteht oder nicht“, so Breitmeier.

Stichtag 31. Dezember 1969

Bei Erwachsenen wird die MMR-Impfung im Abstand von zwei bis drei Wochen zwischen der ersten und der zweiten verabreicht. Auch für Erwachsene Das Masernschutzgesetz sieht auch vor, dass alle Menschen, die nach dem 30. Dezember 1969 geboren wurden und beispielsweise in Kindertagesstätten, Schulen oder im medizinischen Bereich arbeiten, eine Masern-Impfung nachweisen müssen. „Wer dies verweigert, kann unter Umständen mit einem Berufsverbot belegt werden“, sagt Breitmeier. Die Gesundheitsämter stünden bereit, um solchen Impfverweigerern „die Impfung schmackhaft“ zu machen. Das Amt könne Bußgelder bis zu 2.500 Euro bei Verweigerern erheben, „aber dann sind wir auch am Ende unserer Möglichkeiten.“ „Es gibt eben keine Impfpflicht in Deutschland. Da muss der Gesetzgeber noch etwas tun“, sagt der Mediziner.

Schulpflicht geht vor Masernschutz

Kindern, die nicht gegen Masern geimpft seien, könne auch der Besuch einer Schule nicht untersagt werden, denn „Schulpflicht geht vor Masernschutz“, so Breitmeier. Eine KiTa hingegen könne die Aufnahme eines nicht geimpften Kindes verweigern. Kein Verständnis Der Arzt kann Impfverweigerer nicht verstehen. „Diese geben sich Mühe, Argumente gegen Impfungen zu finden. Aber letztendlich führt kein Weg daran vorbei“, ist Breitmeier sicher. In den Impfseren seien zwar Stoffe wie Formaldehyd oder Aluminium als Trägerstoffe, „aber in absolut ungefährlichen Mengen.“

In zahlreichen Deosprays sei mehr Aluminium enthalten. Es könnten in Einzelfällen Nebenwirkungen wie Muskelschmerzen, allergische Reaktionen oder sogenannte „Impfmasern“ geben. Unter Umständen könnten Menschen in sehr seltenen Fällen nach einer Impfung auch sterben. „Aber die MMR-Impfung ist eine der wichtigsten, die wir haben. Und der Nutzen ist viel, viel größer als die Gefahr, der wir uns aussetzen, wenn wir uns nicht gegen Masern impfen lassen.“

Grundsätzlich empfiehlt Breitmeier außerdem Impfungen gegen Poliomyelitis (Kinderlähmung), Diphterie, Keuchhusten und für bestimmte Berufsgruppen gegen Hepatitis. „Wer auf Reisen geht, kann auch noch andere Impfungen benötigen, beispielsweise gegen das Gelbfieber“, so der Mediziner.

Gegen Gebärmutterhalskrebs

Wichtig ist Breitmeier auch, dass sich Mädchen und Jungen vor dem ersten Geschlechtsverkehr gegen Humane Papillomviren (HPV, Gebärmutterhalskrebs) impfen lassen. „Jungen deshalb, weil sie meist die Überträger der Viren sind. Vor den ersten sexuellen Kontakten macht die Impfung von Mädchen und Jungen Sinn“, sagt der Mediziner. Grippeschutz und Corona Auch die Grippeschutzimpfung hält der Fuldaer Mediziner für sehr wichtig. „Je älter oder kranker ein Mensch ist, desto heftiger verläuft eine Grippeinfektion und umso wahrscheinlicher ist es, daran zu sterben“, sagt er.

Im Winter 2017/2018 seien etwa 25.000 Menschen an der Grippe verstorben. „Auch hier gilt: Die Impfung dient nicht nur dem Eigenschutz, sondern auch dem anderer Menschen.“ Bei der Grippe sei die Ansteckungsgefahr sehr hoch, ähnlich wie beim Coronavirus.

Hygiene-Grundsätze bei Grippe und Coronavirus

„Aber es gibt drei Grundsätze: Händehygiene, Nies- und Hustenetikette und Abstand, um einer Ansteckung vorzubeugen.“ 20 bis 30 Sekunden Hände mit Seife waschen und – sofern möglich – desinfizieren, in ein Papiertaschentuch oder die Armbeuge niesen und husten sowie einen bis zwei Meter Abstand von anderen Menschen böten einen gewissen Schutz. Die Grippeschutzimpfung hilft nicht gegen das Coronavirus, auch wenn anders lautende Meldungen derzeit verbreitet werden. „Das sind unterschiedliche Virusarten“, so der Experte. Noch gebe es keinen wirksamen Impfstoff, aber „es wird weltweit daran geforscht und es kann sich täglich etwas ändern.“

Lesen Sie hier auch den ZWISCHENRUF zum Thema Impfen von Christopher Göbel

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