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Für den Menschen: Vorzeige-Netzwerk antonius wird 115 Jahre alt

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Von: Antonia Schmidt

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Das Fuldaer Vorzeige-Netzwerk antonius wird 2019 115 Jahre alt. Über aktuelle Projekte und Aufgaben hat die Geschäftsführung mit Fulda aktuell gesprochen.

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Fulda - Vor 115 Jahren war Behinderung eine Strafe Gottes. Die Gesellschaft wusste nicht, wie man mit Menschen mit Behinderung umgehen sollte oder – schlimmer noch – wollte keinen Kontakt mit solchen Menschen. 1904 gründete die Fuldaerin Maria Rang eine Stiftung von Bürgern für Bürger. Sie erschuf mit dem „Antoniusheim“ ein Zuhause für Menschen mit Beeinträchtigung, in dem sie lernen sollten, selbstständig zu leben und zu arbeiten. „Die Landwirtschaft gehörte schon seit Beginn an zum Konzept“, verrät der heutige Geschäftsführer Rainer Sippel. Der erste Traktor in Fulda sei 1951 von der Einrichtung gefahren worden.

Seit 1995 sorgt Sippel dafür, dass das Konzept der Familie Rang weitergelebt und -geführt wird. Sippel und seine Geschäftsführer-Kollegin Michaela Lengsfeld mussten das „Schiff“ schon durch manchen Sturm steuern. Denn die Einrichtung lag 1994 durch einen Finanzbetrug des ehemaligen Geschäftsführers am Boden. Knapp zwei Millionen Euro soll dieser in die eigenene Tasche gewirtschaftet haben. „Wir mussten nach diesem Skandal das Vertrauen der Fuldaer Bürger wieder gewinnen, so Sippel bei einem Gespräch mit „Fulda aktuell“. Auch eine weitere Hürde musste das Geschäftsführer-Duo nehmen, denn der Name „Antoniusheim“ wurde dem Netzwerk nicht mehr gerecht. „Wir sind nicht mehr das Heim, sondern sind mittlerweile sehr vielseitig“, sagt Lengsfeld. Aber vor allem die Bewohner wollten nicht mehr in einem Heim leben, daher wurde das „Antoniusheim“ 110 Jahre nach der Gründung zu „antonius – Netzwerk Mensch“. „Wir wussten, dass es riskant ist, einen bei den Fuldaer Bürgern bekannten Begriff zu ändern, aber die neue Namensgebung ist uns gut gelungen“, so Sippel. Mit einigen Kampagnen wurde der Prozess betreut. Noch mehr wurde auf das selbstständige Leben der Bewohner aufmerksam gemacht.

Gegebenheiten ändern

„Inklusion bedeutet, dass die Gegebenheiten für Menschen mit Behinderung geändert werden müssen und sich nicht der Beeinträchtigte ändern muss“, so Sippel. Mit vielen Projekten macht das Netzwerk auf das Thema Inklusion aufmerksam. Unter anderem mit der „Stadtwette“, die Fulda zur „inklusivsten Stadt Deutschlands“ gemacht hat. „Wir haben uns geöffnet und die Menschen nehmen uns gut an“, so Lengsfeld, die seit 30 Jahren für „antonius“ tätig ist. Die Sozialpädagogin lobt die gute Zusammenarbeit zwischen den wirtschaftlichen und sozialen Zweigen des Unternehmens. „Bei uns gibt es nicht nur Wirtschaftler oder Sozialpädagogen. Hier muss jeder alles machen“, so Lengsfeld und Sippel fügt an: „Wir arbeiten nach dem Prinzip WiSo (Wirtschaft und Soziales).“ Der „Fuldaer Jung“ suchte vor 24 Jahren nach „einer Geschäftsführeraufgabe mit Sinn“ und hat diese bei „antonius“ gefunden. „Es gibt keinen schöneren Beruf. Es ist keine Arbeit, sondern unser Leben“, so Sippel. Und Lengsfeld ergänzt: „Ein Beruf, hinter dem natürlich auch die ganze Familie stehen muss.“

„Mehr als nur ein Heim“

„antonius“ ist weit mehr als „nur ein Heim“. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich aus dem Heim ein vielfältiges Netzwerk aus unterschiedlichen Bereichen und Angeboten. Die inklusiven Projekte von antonius decken Bereiche wie Arbeit, Ausbildung, Wohnen, Frühförderung und Freizeitgestaltung ab. Eines der neuesten Projekt von „antonius“ ist die Kooperation mit den Franziskanern am Frauenberg. Gemeinsam wird versucht, diesen „besonderen Ort zu erhalten“. „Frauenberg – Franziskaner & antonius“ sei ein Projekt mit vielen Visionen, aber auch mit vielen Hürden, bei dem es auch die Unterstützung der Stadt und des Landeskreises bedarf. Ganz besonders hofft die Geschäftsführung von „antonius“ auf die Hilfe des Bistums in Form des baldigen neuen Bischofs Dr. Michael Gerber. „Es geht nicht nur um Inklusion, sondern darum, diesen besonderen Ort zu erhalten“, sagt Sippel. Im Rahmen des 115-jährigen Jubiläums wird es auch auf dem Frauenberg eine Veranstaltung geben. Der „Frauenberger Sommer“ lädt die Fuldaer auf den Berg ein, um drei Tage im Klostergarten Kultur zu genießen. „Natürlich werden wir im Rahmen des Stadtjubiläums auch einige Aktionen zum Thema Inklusion gestalten“, so Lengsfeld. Unter anderem ist ein inklusives Tanztheater geplant und es wird am 1. Oktober einen „Tag der offenen Stiftung“ geben.

Aus dem Heim, das 1904 auf einem Berg außerhalb von Fulda gegründet wurde, ist heute ein Netzwerk geworden, das im Herzen Fuldas liegt. Nicht nur geographisch, denn „antonius“ ist in den Köpfen der Bürger angekommen.

Weitere Informationen zu „antonius“ und allen Veranstaltungen gibt es unter www.antonius.de im Internet.

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