Seitenwechsel: Winfried Möller (SPD) verstärkt Kreistags-Linke

Der langjährige SPD-Politiker Winfried Möller aus Flieden will in die Linken-Fraktion. Die Partei droht mit Ausschluss.
Flieden/Fulda - Dieser Schritt hat weit über die politische Ebene hinaus für sehr viel Aufsehen gesorgt: SPD-Mann Winfried Möller aus Flieden unterstützt ab sofort mit seinem Kreistagsmandat die Links-Partei. Dies hat zuerst deren Sprecher Michael Wahl mitgeteilt. Möller selbst wehrt sich gegen ein drohendes Parteiausschlussverfahren durch die SPD, wie er am Donnerstag gegenüber „Fulda aktuell“ auf Anfrage bestätigte: „Ich lasse mich nicht kampflos ausschließen“.
Der 73-jährige war 1968 in die SPD eingetreten und für die Partei von 1972 bis 2016 ununterbrochen in der Kommunalpolitik aktiv. Er habe sich nun entschlossen, mit seinem Mandat die Linke im Fuldaer Kreistag zu unterstützen. Deren beide Mitglieder Pia Hainer und Michael Wahl kämen wie er aus der Gewerkschaftsbewegung und hätten im Kreistag stets die Interessen der Arbeitnehmer sowie die sozialen Belange der Bürger im Landkreis vertreten. Wahl begrüßt die Unterstützung durch Möller. Dieser bringe große Fachkenntnisse mit. Er sei eine echte Verstärkung für die kommunale Arbeit der Linken. Auch inhaltlich stimme man überein. Durch den Wechsel auf drei Mitglieder erhält die Linke im Kreistag Fraktionsstatus. Hintergrund des Schrittes von Möller ist ein Vorgang, der knapp drei Jahre zurückliegt.
Denn bereits im April 2016 hatte er Intrigen gegen sich innerhalb der SPD beklagt. Hintergrund seines Zorns war und ist die Tatsache, dass Möller nicht – wie von ihm erhofft und erwartet – von der SPD-Kreistagsfraktion für den Kreisausschuss nominiert worden war. Statt dessen war sein langjähriger Freund und Genosse Winfried Kress aufgestellt worden. Im Zentrum seines Unmuts hatte neben Kress besonders auch Unterbezirksvorsitzende Sabine Waschke gestanden, denen er vorwirft, das ihm gegebene Versprechen gebrochen zu haben. Er selbst habe sich freiwillig auf den nicht aussichtsreichen Listenplatz 24 setzen lassen, nachdem ihm verbindlich erklärt worden sei, er werde ohnehin wieder in den Kreisauschuss entsandt.
Wie die SPD-Kreistagsfraktion am Donnerstag schreibt, sei den Genossen bewusst gewesen, dass Möller als Nachrücker für Simon Schüler in den Kreistag einziehen würde. Der bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Schüler müsse aus zwingenden Gründen seinen Wohnort wechseln. „Aufgrund seiner maßlosen öffentlichen und persönlichen Angriffe auf fast alle Fraktionsmitglieder“ habe sich niemand in der Fraktion eine Zusammenarbeit mit Möller vorstellen können. Mit seinem Fraktionswechsel habe er der Kreistagsfraktion daher eine formale Anhörung und den dann folgenden Ausschlussbeschluss erspart.
„Es ist nicht mit den Prinzipien unserer Partei vereinbar, als SPD-Kandidat anzutreten und gewählt zu werden, anschließend jedoch Mitglied einer anderen Fraktion zu werden“, erklärt Unterbezirkschefin Waschke. Nehme Möller sein Mandat im Kreistag an und trete in die Linke-Fraktion ein, dann würde automatisch die Schiedskommission der SPD einberufen. In der Regel werde das Mitglied anschließend aus der Partei ausgeschlossen.
Um das weitere Verfahren abzukürzen, fordert die Kreis-SPD Möller auf, seine Parteimitgliedschaft freiwillig niederzulegen und sein Kreistagsmandat nicht anzutreten. Dieses Ansinnen weist Möller zurück: „Ich werde die SPD nicht freiwillig verlassen und mich nicht kampflos beugen“. Vielmehr wolle er, so der 73-Jährige zu „Fulda aktuell“, die Schiedskommision des SPD-Unterbezirks für befangen erklären. Ihm gehe es darum, die moralische Verpflichtung nachzuweisen, ein gegebenes Versprechen auch zu halten. Gegebenenfalls lasse er seine Mitgliedschaft bis zur endgültigen Klärung ruhen.
ZWISCHENRUF
Verletzte Eitelkeit als Triebfeder
Bei dem, was Winfried Möller da tut, stellt sich mir vor allem die Frage: Warum? Warum tut sich ein jahrzehntelang gestandener Lokalpolitiker das nun an? Warum nimmt er nicht das Kreistagsmandat für die Partei an, für die er angetreten ist? Warum lässt er es auf einen Streit mit der Partei ankommen, deren Mitglied er seit vielen Jahrzehnten ist und deren Gesicht er in der Region war?

Es mag im deutschen Wahlsystem möglich sein, nach der Wahl seinen Platz entweder einem anderen zu geben oder in eine andere Fraktion zu wechseln. Das mag mit dem Gewissen desjenigen, der es tut, vereinbar sein. Mit dem Wählerwillen allerdings dürfte das nicht übereinstimmen. Für Möller steht nun ein Parteiausschluss an – wenn er nicht aus eigenen Stücken geht. Soweit ich mitbekommen habe, will er dies nicht tun. Mein Rat aber wäre, sich und seiner (ehemaligen) Partei das zu ersparen. Es mag sein, dass Möller sich nach der letzte Kommunalwahl ungerecht behandelt gefühlt hat, weil sein – nun wohl ehemaliger – Parteifreund anstatt seiner in den Kreisausschuss berufen wurde.
Was treibt Möller nun an? Verletzte Eitelkeit? Rache an den lokalen Parteifunktionären wie Waschke und Kreß, die ihn nicht das werden ließen, was er sein wollte? Ich weiß von einigen Lokalpolitikern, die teilweise reihum bei den Parteien auf den Wahllisten standen, bis sie irgendwann für eine dieser grundsätzlich in der Ausrichtung sehr unterschiedlichen Parteien in ein Parlament gewählt wurden. In Bad Hersfeld war es sogar ein lokal engagierter SPD-Politiker, der sich plötzlich der CDU anbot und wenig später sogar als Landtagsabgeordneter der Christdemokraten aufgestellt werden wollte. Dies allerdings ist ihm nicht gelungen.
Wer in der Politik das Fähnchen danach dreht, wo er größere Chancen sieht, der hat für mich an Glaubwürdigkeit verloren. Natürlich ist es jedem unbenommen, seinem Gewissen zu folgen und seine Meinung zu ändern. Bei manchem aus dem blau-weiß-roten Lager wäre das sogar sehr wünschenswert.
Dennoch bleibt ein Geschmack, denn Möller hätte bereits vor der Wahl aus der SPD austreten und für die Linke antreten können. So hat er zwar ein Mandat, setzt es aber anders als vom Wähler gewollt ein. Aus Enttäuschung aber der (noch) eigenen Partei zu schaden und sich einer anderen anzuschließen, sollte nicht der richtige Weg sein. Schon gar nicht aus Wut auf Parteikollegen.