Sinkewitz-Zwischenruf
Von HANS-PETER EHRENSBERGER Du bist doch der Patrik Sinkewitz. Mein Held. Was kann ich tun, dass ich so werde wie du?, fragt in einem Ra
Von HANS-PETER EHRENSBERGER
Du bist doch der Patrik Sinkewitz. Mein Held. Was kann ich tun, dass ich so werde wie du?, fragt in einem Radiospot fr ein heimisches Mineralwasser ein kleiner Junge. Als verantwortungsbewusster Erziehungsberechtigter muss man dem Buben sagen: Vor allem ehrlich und nicht so dreist und dilettantisch dumm wie dein groes Idol sein. Am besten jedoch gleich ein Verbot aussprechen: Lass ganz die Finger davon. Vom Radsport. Vom Spitzensport im allgemeinen! Guten Gewissens jedenfalls drften Eltern heutzutage ihren Sprsslingen nicht mehr zu einer Profi-Karriere raten knnen. Es gibt keinen sauberen Sport, die manipulieren doch sowieso alle mit solchen Generalverdchtigungen werden die Protagonisten sptestens seit dem Super-Gau Sinkewitz knftig leben mssen. Die Seuche Doping hat ihren infektisen Fall-out auch nach Osthessen getragen. Die hiesige, scheinbar heile Sportwelt ist wie ein Kartenhaus zusammengebrochen, der Star vom Sockel gestrzt, noch bevor er zu einem wirklichen Vorbild werden konnte. Dabei hatten wir alle mit unserem Aushngeschild gezittert, dem local hero die Erfolge von Herzen gegnnt, ber kleine Ausrutscher, wie den Porsche-Crash am Jahresanfang, grozgig hinweggesehen. Der Name Sinkewitz stand bis vergangenen Mittwoch synonym fr einen Neuanfang, fr einen frischen, sympathischen, vor allem aber ehrlich-erfolgreichen Sport. Nun verbindet man mit ihm Begriffe wie Lug und Betrug, ein sportliches Erdbeben, dessen Wellen vom Epizentrum Pilgerzell aus weit in die bundesdeutsche Wirtschaft und Politik ausstrahlen und sogar die internationale Sportwelt erschtterten. Wann hat es schon jemals jemand aus der Region geschafft, mit solchen Negativschlagzeilen in allen Hauptnachrichten- und diversen Sondersendungen sogar einen schimmen Flugzeugabsturz in Brasilien und die Halbzeitbilanz der Bundeskanzlerin in der Rangfolge weit nach hinten zu verdrngen? Mitleid mit Sinkewitz? Mitnichten! Bedauern muss man in erster Linie seine desillusionierten Fans, das so unterstellen wir mal unwissende persnliche Umfeld, die gewiss schwer getroffenen Familienangehrigen, enttuschte Freunde, die geschockten frheren Trainer, seine Weggefhrten im Management, auch die Sponsoren, die sich zu Recht betrogen fhlen drfen. Und vielleicht gemeinsam doch alle die vagen Hoffnungen hegen, dass wir uns blo in einem falschen Film befinden, sich die Unschuldsvermutung letztlich doch als richtig herausstellt, die B-Probe mglicherweise ein anderes Ergebnis als die A-Probe bringt, dass alles nur ein groes Missverstndnis oder vielleicht doch sogar ein Saboteur am Werk war. Schlimm genug, dass man solche Gedankengnge anstellen muss. Diese Illusionen werden einem freilich sptestens dann genommen, wenn Kristin Otto in den abendlichen Heute-Nachrichten ohne rot zu werden neue Dopingmeldungen verliest...