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Polizeiakademie Niedersachsen lud zum Tag der offenen Tür ein. Innenminister Boris Pistorius gab den Startschuss für den Abriss der maroden Sporthalle
Hann. Münden. Mit dem symbolischen Abrissbeginn der maroden Sporthalle wurde der Tag der offenen Tür der Polizeiakademie am Samstag eröffnet. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius ließ dafür höchstpersönlich die Baggerschaufel zupacken und drückte mit ihr die Eingangstür des Gebäudes ein, dass für 6,2 Mio. Euro neu gebaut werden soll. Zuvor hatte Dieter Buskohl, Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, den Veranstaltungstag anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Polizeiakademie während eines kleinen Festaktes eröffnet. Unter den Gästen begrüßte er neben Pistorius den SPD-Landtagsabgeordneten Ronald Schminke, Mündens Bürgermeister Harald Wegener und den Direktor des Mündener Amtsgerichts, Dr. Thomas Matusche.
Der Standort in der Dreiflüssestadt, so Buskohl, habe Geschichte und Zukunft. Er sei unverzichtbar geworden, habe doch nahezu jeder Kollege die Einrichtung mindestens einmal, entweder während seiner Ausbildung oder aber für eine Fortbildung besucht. 700 PolizeikommissaranwärterInnen würden hier ihr zusätzliches Studium durchlaufen, etliche Polizisten mehr eine Fortbildung. Wegener hob den positiven Standortfaktor der Polizeiakademie hervor, die auch ein verlässlicher Arbeitgeber sei. Er erinnerte daran, dass die Einrichtung 2004 Schauplatz des Tatortes "Dunkle Wege" gewesen ist, in dem er und seine Frau Manuela sogar als Komparsen mitgewirkt hätten. Er dankte den Verantwortlichen für 70 Jahre gute Zusammenarbeit, auch im Namen seiner Vorgänger.Dr. Dirk Götting, Leiter des Polizeimuseums Niedersachsen wagte mit seinem Vortrag "Polizeiausbildung im Wandel" einen Rückblick. Mit dem Beginn der Nachkriegszeit habe sich die Polizeiakademie von 1946 an ständig weiter entwickeln müssen. Nach sich anfangs permanent veränderten Strukturänderungen, die die Alliierten vorgaben, schlug man in der ehemaligen Wehrmachtskaserne an der Weser sein Lager auf, wofür ein britisches Bataillon die Baracken räumen musste. Er zitierte den ersten Leiter der Einrichtung, Otto Engelmann, um zu erklären, was sich in den nachfolgenden Jahrzehnten in Hann. Münden alles tun sollte: "Schule ist etwas lebendes. Sie soll sich in Zukunft ständig weiterentwickeln." Damit zielte Götting auf die sich ändernden Anforderungen an Aufgaben, eigene und gesellschaftliche Ansprüche. Von der Integrationsleistung in den Anfangsjahren, in denen auch Flüchtlinge und Vertriebene zu Polizisten ausgebildet wurden, musste die Akademie den Weg über das Wirtschaftswunder in den 1950er-Jahren bis hin zur Reform in den 1990er Jahren, die das Bildungsinstitut der Polizei Niedersachsen nach sich zog. 2006 habe man sich den europäischen Standards angepasst und halte heue duale Bachelorstudiengänge vor.
Pistorius lehnt "Wachpolizei" ab
Pistorius sprach von einer gesellschaftlichen Anerkennung, die man auch in Zukunft nicht damit untergraben dürfe, in dreimonatigen Crashkursen Männer und Frauen auszubilden, um sie danach mit einer Waffe auf Streife zu schicken. Der Seitenhieb gegen Bundesinnenminister Thomas de Maizières Idee der Wachpolizei begründete Pistorius darin, das gute Ausbildung ihre Zeit brauche. Empathie, Fingerspitzengefühl, Kommunikation und Konfliktlösungskompetenzen könne man nicht in kürzester Zeit erlernen. Im schlimmsten Fall würde man damit viel Kredit in der Bevölkerung verspielen, die den Polizeibeamten nach wie vor anerkennend und respektvoll gegenüber stehen würden. Und das habe man sich durch stetige Fortbildung erarbeitet: "Ohne lebenslanges Lernen funktioniert das nicht. Deshalb wird am Mündener Standort auch nicht gerüttelt!", hob Pistorius auch die in Zukunft wichtige Aufgabe der Mündener Polizeiakademie hervor.
Neubau der Sporthalle symbolisiert Standorterhalt
Im niedersächsischen Polizeivollzug wären sich derzeit 20.500 Stellen besetzt. Aufgrund der Tatsache, dass in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen würden, stellte Pistorius in Aussicht, dass man der Problematik mit der Einstellung zusätzlicher Anwärter begegnen werde. Bis zu 3.000 sollen es im kommenden Jahr werden, "so viele, wie in den 1980er Jahren nicht mehr", so der Innenminister. Dennoch würfe die Quantität nicht zu Lasten Qualität führen, was die Aufstockung des Ausbildungspersonals bedeuten würde. Der Neubau der Sporthalle auf dem Akademiegelände könne man getrost auch symbolisch sehen für den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Ausbildungsstandortes Hann. Münden, so Pistorius.
Im Laufe des Nachmittags zeigte die Polizeidirektionen Göttingen und Hannover zeigten zwei ihrer besonderen Aufgabengebiete. Wahre Publikumsmagnete waren die beeindruckenden Vorführungen zur Einsatzfähigkeit der Polizeireiterstaffel aus Hannover und die der Diensthunde mit ihren Führern aus Göttingen. Auch der Einsatz des imposanten Wasserwerfers bei einem gespielten unfriedlichen Demonstrationsgeschehen fesselte die Zuschauer. Sogar der Polizeihubschrauber landete pünktlich zum Fest. Neben Fachvorträgen waren historische Uniformen und Exponate sowie etliche der bei der Polizei Niedersachsen eingeführten Dienstwaffen zu sehen.
Das vielfältige Programm bot also Interessantes für Jung und Alt und zwischendurch blieb bei Kaffee und Kuchen immer noch ausreichend Zeit für Gespräche zwischen den Gästen und den Polizeibeamtinnen und -beamten, unter denen auch viele ehemalige Schulleiter und Lehrgangsteilnehmer der ersten Stunde waren. Uniformierte Studierende des Studienortes unterstützten tatkräftig und standen natürlich gerade den jungen Gästen für Fragen zum Studium zur Verfügung.
Kurze Regenschauer konnten die gute Stimmung der Gäste nicht trüben. Am Ende der Veranstaltung machten viele von ihnen deutlich, dass es mal wieder schön gewesen sei, mit ihrer Polizei und dem, was Polizei zu bieten hat, in Kontakt gekommen zu sein.