Am 26. Juli 2017 stützt ein Kampfhubschrauber der Bundeswehr in Mali ab. Zwei in Fritzlar stationierte Soldaten sterben bei dem Unglück – einer davon ist Stabshauptmann Thomas Müller, der Vater von Kimberly. „Mit meiner Mutter und meinem Bruder flog ich damals zur Unglücksstelle. Wir waren einige Tage vor Ort, ich war das erste Mal in Westafrika und habe die Lebensumstände miterlebt. Zwar lebten wir im Bundeswehr-Camp, wurden aber auch dort mit der Realität konfrontiert. Ich verstand mich sehr gut mit einem Tellerwäscher, der mir erzählte, dass keiner wissen dürfte, dass er hier für die Soldaten arbeitet. Denn eigentlich war er Lehrer an einer Schule. Ihm drohe der Tod, wenn die Wahrheit herauskäme“, berichtet Kimberly Müller, die aufgrund voriger Stationierungen ihres Vaters in Celle und an der Küste Frankreichs aufgewachsen ist und fließend französisch spricht. „Zurück in Deutschland erfuhr ich, dass man ihn tatsächlich erschossen hatte. Ein zusätzlicher Schock. Ich wollte unbedingt etwas tun und mich engagieren. Ursprünglich hatte ich mal überlegt, mich für Tiere einzusetzen, doch schon damals sagte mein Vater ‚Wenn du helfen willst, dann tue doch etwas für die Kinder in Afrika‘. Und das mache ich nun auch.“
Über ihre Idee der Entwicklungshilfe tauscht sie sich an der Uni Kassel, an der sie Geschichte und Französisch für die Oberstufe studiert, mit einer Professorin aus. Die wiederum stellt Kontakt zu ihrem Bekannten Gerhard Prilop her, der seit über 40 Jahren in Togo lebt und sich im Verein Togo-Freunde Hannover engagiert. Der 78-Jährige lebt in der Hauptstadt Lomé bei einer Familie mit zehn Kindern, zwei Frauen und einem Mann – dort ist die Ehe mit mehreren Frauen völlig normal.
2019 reist Kimberly Müller in den Semesterferien das erste Mal zu der Familie und Prilop. „Die Eingewöhnung war hart und die Lebensumstände sind natürlich völlig andere als wir sie in Europa gewohnt sind. Kakerlaken im Haus, Wasser aus dem eigenen Brunnen – damit muss man klarkommen.“ Dabei gehört die Familie mit den Kindern im Alter von 5 bis 23 Jahren zur Mittelschicht und es geht ihr verhältnismäßig gut. Kimberly macht ein Praktikum über eine Stiftung und unterrichtet am Collège Protestant, der größten Schule im Land mit 1.400 Schülern.
„Dass in Afrika von vielen Hilfsorganisationen Schulen gebaut werden, ist richtig und wichtig. Doch wenn diese Schulen nach einigen Jahren keine Hilfe mehr erhalten, gehen sie zu Grunde. Auch das Collège ist in einem schlimmen Zustand, Räume sind verschimmelt, Teile eines Gebäudes einsturzgefährdet und funktionierende Sanitäranlagen gibt es auch kaum noch. Auch an Lehrmaterial fehlt es.“ Mit diesen Bildern im Kopf und den Erfahrungen im Gepäck reist sie nach zwei Monaten zurück nach Deutschland und beginnt, Spenden zu sammeln. Ihr Ziel ist es, das marode Gebäude der Schule durch einen Neubau zu ersetzen. Dafür plant sie mit Architekten vor Ort und hat mittlerweile die Zeichnungen und Kostenvoranschläge parat. Was nun noch fehlt, sind Spenden, um den Bau zu realisieren.
„Ich habe viele große Firmen angeschrieben, doch leider größtenteils Absagen erhalten. Der Bau des neuen Gebäudes ist mit knapp 97.000 Euro realisierbar und uns fehlen noch 78.000 Euro. Nun hoffe ich, dass ich möglichst viele Spenden von Privatpersonen erhalte, die zu hundert Prozent in dieses Projekt fließen.“
Um Spenden zu generieren hält sie Vorträge an Schulen und diskutiert mit Schülern die Unterschieden zwischen Togo und Deutschland. „Gerade die deutschen Kinder können zum Beispiel gar nicht fassen, wie dort unten Haustiere wie Hunde behandelt werden. Warum sie an der Kette bleiben müssen und manchmal geschlagen werden. Die Kinder in Togo können gar nicht glauben, dass bei uns mit Hunden gekuschelt und gespielt wird. Durch solche Beispiele kann man das Leben der anderen sehr gut vermitteln.“ Zwei Mal schon war Kimberly in Togo, wohnte immer bei ‚ihrer Familie‘ und Gerhard Prilop, der aufgrund der Pandemie momentan in Deutschland lebt. Am 20. Februar geht es für sie erneut nach Lomé.
Im Gepäck: Spenden, die sie unter anderem dank eines Benefizkonzertes in Gudensberg sammeln konnte und viele neue Ideen. Die Reise- und Projektplanung liegen dabei allein bei Kimberly Müller, die viel Zeit und Mühe in ‚ihr Baby‘ steckt. Sie hofft, dass sie den Kindern vor Ort den Schulalltag erleichtert und verbessern kann. „Momentan werden 40 bis 60 Kinder in 53 qm großen Klassenzimmern unterrichtet. In Zeiten von Corona – und auch abseits der Pandemie – kaum vorstellbar. Das neue Gebäude sieht sechs größere Klassenräume vor und die Planung für den Aufbau steht. Was jetzt noch fehlt, sind die nötigen Spenden.“
Wer Kimberly Müller bei ihrem Vorhaben helfen möchte, kann dies als Spende tun (siehe unten). Wer bei ihrer Reise nach Togo virtuell dabei sein will, findet sie bei Instagram unter kimberly_ami-mueller. Hier gibt sie Einblicke über das Leben vor Ort und die Projektarbeit am Collège Protestant.
EXTRA INFO: Spenden
Bankverbindung: Ev. Bank Kassel-Hannover, IBAN DE 58 5206 0410 0100 6183 22; Verwendungszweck: Collège Protestant in Lomé.
Wer einen Bescheid für das Finanzamt benötigt, gibt bitte seine Adresse mit an.