Drewes kennt die 350 reisenden Mitglieder seiner Gemeinde, die er seit 26 Jahren betreut, ganz genau. Die Konfirmanten hat er auch schon getauft. Kann sich sogar noch an den kleinen schwarzen Anzug erinnern, den Charles Recke damals getragen hat. Er hatte auch immer ein offenes Ohr für viele von ihnen, die während der Pandemie Zuspruch benötigt haben: „Ich bin so froh, dass fast alle gut durch diese Krise gekommen sind. Ohne die Hilfe der Bundesregierung wäre das nicht möglich gewesen. Dann hätten wir keine Volksfeste mehr.“
Kein Wunder, dass er sich für diesen Gottesdienst das Lied von Santiano ausgesucht hat: Gott muss ein Seemann sein. „Ja“, predigt er, „keiner geht verloren. Gott ist für alle da. Er lässt die Mannschaft nie allein.“
Oder doch? Ganz offensichtlich möchte die Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck die Stelle des Beauftragten der evangelischen Circus- und Schaustellerseelsorge streichen. Auf besorgte Nachfragen von Konrad Ruppert, dem Vorsitzenden des Schaustellerverbandes Kassel-Göttingen, kann Drewes nur die Achseln zucken. Positive Signale habe er leider nicht.
Positive Signale gibt es an diesem Tag aber für die Kinder aus Kassel. Protex-Geschäftsführer Ernesto Plantera hat Spenden gesammelt und ermöglicht an diesem Nachmittag rund sechstausend Kindern und Jugendlichen den kostenlosen Zugang zu Fahrgeschäften. „Das war für die Kinder nach zwei schweren Jahren mit Homeschooling und Verzicht auf das Treffen mit Freunden so wichtig“, freut sich Plantera über die strahlenden Kindergesichter.
Und auch Konrad Ruppert ist zufrieden. „Diese Aktion ist herrlich für die Kinder und eine wunderbare Werbung für unser Frühlingsfest. Wir brauchen es einfach, dass wieder Normalität eintritt. Das war ein guter Anfang.“
Und hoffentlich war es nicht der letzte Auftritt von Schaustellerpfarrer Volker Drewes. Diejenigen im Kirchenapparat, die diese Stelle streichen wollen, waren sicher noch nie bei einem Schaustellergottesdienst dabei. Das wird höchste Zeit!