Am Staatstheater zu sehen ist Brosseau u.a. in den Produktionen „Spieglein, Spieglein“ (Ein mobiles Tanzstück für die Kleinsten - Theater vor Ort in der KiTa), Hey, Alter!, Siegfried und Götterdämmerung und natürlich in den Tanz Kassel-Produktionen.
Im Gespräch mit dem EXTRA TIP verriet die Wahl-Kasselerin mehr über ihre Arbeit und das Leben als Tänzerin.
Wie sind Sie zum Tanz gekommen?
Ich habe schon als kleines Kind in meiner Heimat Kanada mit dem Ballett angefangen, und obwohl ich es liebte zu tanzen, dachte ich nie wirklich, dass ich den Tanz zu meinem Beruf machen würde. Das änderte sich, als ich mit 16 Jahren auf eine berufsvorbereitende Ballettschule kam. Hier konnte ich mich auf den Tanz konzentrieren und nebenher die Schule fertig machen. Nach meinem Abschluss entschied ich mich dazu, meine Tanzausbildung in Europa, an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, fortzusetzen, allerdings nicht im Ballett, sondern im Zeitgenössischen Tanz, weil ich mich damit eher identifizierte. Meine professionelle Tanzlaufbahn begann ich in der Spielzeit 2021/22 als Gast am Burgtheater Wien in der Produktion (OB)Sessions der Regisseurin und Choreografin Saar Magal.
Worin liegt der Reiz des Tanzes?
Mir gefällt, dass man im Tanz überall hinkommen kann. Als Tänzerin begebe ich mich in das Universum des/der Regisseur:in oder Choreograf:in ein, mit dem/der ich arbeite, und tauche in verschiedene Welten sowie emotionale und körperliche Zustände ein. Durch die Kunst kann man neue Wege entdecken; es gibt keine Grenzen für das, was Kunst sein kann oder nicht sein kann. Auch das Publikum taucht in diese Welt ein und es entsteht eine einzigartige Verbindung zwischen den Zuschauenden und den Darstellenden auf der Bühne.
Wie sind Sie zum Kasseler Ensemble gekommen?
Von einer Tänzerin der Kasseler Company, die an derselben Universität wie ich ihren Abschluss gemacht hat, habe ich von der Arbeit von TANZ_KASSEL gehört. Die Diversität des Repertoires und der Tänzer:innen hat mich begeistert. Deswegen habe ich Kontakt zu Tanzdirektor Thorsten Teubl aufgenommen, um mich für ein Internship, also ein Jahrespraktikum bei TANZ_KASSEL in der Spielzeit 2022/23 zu bewerben.
Sie sind in Musiktheaterproduktionen am Staatstheater zu erleben, sind Mitglied von TANZ_KASSEL, machen Theater für Kinder und sind auch in Kindergärten unterwegs: wie kam es zu dieser bunten Mischung?
Der Schwerpunkt meines Praktikums in der ersten Spielzeithälfte lag auf der Zusammenarbeit mit dem Jungen Staatstheater JUST+ in Produktionen wie dem Kinderkonzert und Hey, Alter!, aber auch in Aufführungen, die wir zu den Kindern in Schulen oder Kindergärten bringen wie Schulhofperformance oder Spieglein, Spieglein. Außerdem mache ich als Waldvogel in den Musiktheaterproduktionen Siegfried und Götterdämmerung in der Regie von Markus Dietz mit – neben den beiden Uraufführungen von TANZ_KASSEL Urlicht | Primal Light | p??ta????? f?? von Andonis Foniadakis und CELL | ZELLE von Hou Ying im Rahmen des Tanzdoppelabends Battleground, der am 24. Juni im Schauspielhaus Premiere feiern wird.
Neben dieser „bunten Mischung“ an Auftritten unterrichte ich auch in der Workshopreihe TANZ_Mit!. Jede:r, der/die tanzen möchte, ist willkommen, egal ob mit oder ohne Vorkenntnisse. Es macht mir wirklich Spaß, das, was ich geben kann, mit anderen zu teilen, und auch die Mitwirkenden scheinen es zu genießen.
Ich habe großes Glück, dass ich in meinem Praktikumsjahr in verschiedenen Sparten des Staatstheaters Kassel arbeiten und verschiedene Facetten von mir als Künstlerin entdecken darf. Vor jungem Publikum aufzutreten ist jedes Mal eine neue, interessante Erfahrung. Ich finde, Kinder sind sehr ehrlich und fordern mich als Darstellerin heraus, mich infrage zu stellen und mich innerhalb der Aufführung, wenn es nötig ist, schnell anzupassen. Auch die Arbeit im Musiktheater macht mir sehr viel Spaß. Die Oper war ein neues Universum für mich und ermöglichte mir, mich mit Künstler:innen der anderen Sparten auszutauschen, meinen Horizont zu erweitern und mich als Künstlerin weiterzuentwickeln, indem ich von den Erfahrungen der älteren Kolleg:innen lernen konnte. Und nicht zuletzt profitiere ich natürlich enorm vom täglichen Training und den Proben mit der Company TANZ_KASSEL. Die Tänzer:innen, die verschiedenen Gastlehrer:innen und die Gastchoreograf:innen sind eine große Inspiration für mich.
Lieber tanzen oder schauspielern?
Eindeutig tanzen! Obwohl ich in diesen Spielzeiten auch das Schauspielen ein bisschen für mich entdeckt habe. Der Zeitgenössische Tanz arbeitet mit einem interdisziplinären Ansatz an der Schnittstelle verschiedener Kunstformen. Ich musste also auf der Bühne auch schauspielern und sprechen, und ich fange tatsächlich an, Spaß daran zu haben.
Was gefällt Ihnen besonders an Kassel?
Dass es so eine grüne Stadt ist: in den zahlreichen Grünflächen und Parks kann ich wunderbar entspannen.
Warum sollte man ins Theater gehen?
Theater ist sicherlich Unterhaltung und ermöglicht den Menschen, etwas anderes als ihren Alltag zu erleben. Theater kann dem Publikum aber auch Möglichkeiten zur Reflektion bieten, unsere Gesellschaft und unsere heutige, moderne Welt zu hinterfragen. Theater ist eine faszinierende Waffe gegen Gleichgültigkeit. Ob man es nun mag oder hasst – Theater kann Menschen einbeziehen und Debatten und Diskussionen auslösen.
Wie ist es, ständig so weit weg von zu Hause und der Familie zu sein, bekommt man da nicht Heimweh?
Es ist natürlich nicht immer leicht, von meiner Familie in Kanada getrennt zu sein. Aber ich weiß, dass es die richtige Entscheidung für mich war, diesen Berufsweg einzuschlagen. Für Tänzer:innen ist es ganz normal, für ihre Arbeit weit zu reisen oder umzuziehen. Trost und Unterstützung finde ich bei den anderen Tänzer:innen, denen es genauso geht.
Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?
Ich genieße die restliche Zeit meines Internships bei TANZ_KASSEL und bin offen für neue Möglichkeiten und Projekte, die die Zukunft bringen wird.
Übrigens: Am 15. April gibt April gibt Brosseau ihr Debüt in Urlicht.