Abschied mit Abstand
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Fritzlars Amtsgerichtsdirektor Bernhard Rhiel geht in den Ruhestand – wir führten ein Kurzinterview mit ihm
Fritzlar. Nach fast 34 Jahren als Richter am Amtsgericht Fritzlar – knapp 20 Jahre davon als Direktor – wird Bernhard Rhiel am 24. April in den Ruhestand verabschiedet. Für uns ist das ein Anlass mit dem 65-Jährigen ein Kurzinterview zu führen.
ET: Herr Rhiel, wenn Sie auf Ihre über 30-jährige Tätigkeit am Amtsgericht in Fritzlar zurückschauen, was wird Ihnen in guter Erinnerung bleiben und was in weniger guter?
Rhiel: Positiv werden mir die engagierten, sachkundigen und darüber hinaus freundlichen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen in Erinnerung bleiben, auch der Kontakt mit den Menschen in ihren unterschiedlichen Anliegen und angenehme Begegnungen mit vielen Rechtsanwälten. Positiv in Erinnerung bleibt mir auch die menschlich und organisatorisch gute Art, in der die Zusammenlegung der Amtsgerichte Homberg und Bad Wildungen mit dem Amtsgericht Fritzlar zum 1.1.2005 gelungen ist. Weniger gut: Die zwar verständlichen, aber immer aufwändigeren Voraussetzungen vor einer richterlichen Entscheidung im Bereich des seit 1992 neu verfassten Betreuungsrechts.
ET: Nehmen wir mal Ihre Vita als Jurist: Gibt es einen oder zwei Fälle, von denen sie sagen, „die waren besonders spektakulär“ oder „die werden mir sicherlich immer im Gedächtnis bleiben“?
Rhiel: Ich erinnere mich nicht an bestimmte spektakuläre Fälle, jedoch an einige Verhandlungstermine mit großem Unterhaltungswert, besonders in meinen ersten eineinhalb Jahren als Strafrichter bei dem Amtsgericht Korbach. Manche wären ohne weiteres filmreif gewesen oder tauglich als Drehbuch für das „königlich-bayrische Amtsgericht“. Ältere werden sich an diese Vorabendsendung erinnern.
ET: Welche Auswirkungen hat die derzeitige Corona-Pandemie auf die Arbeit des Amtsgerichts Fritzlar?
Rhiel: Die regelmäßigen Verhandlungen in Straf- und Zivilsachen sind in den letzten Wochen weitgehend zum Erliegen gekommen. Das Amtsgericht arbeitet zur Zeit in zwei täglich wechselnden Schichten. So könnten bei einer Infektion und notwendiger Quarantäne in einer Schicht die Mitarbeiter der anderen Schicht den Betrieb noch aufrechterhalten. Die jetzigen Einschränkungen bedeuten, dass sich vor uns eine Lawine an Arbeit ansammelt, die zukünftig nach und nach wieder abgebaut werden muss. Wenn wir z.B. in den letzten Jahren Zivilverfahren durchschnittlich in ca. sechs Monaten erledigt haben, wird dies auf längere Zeit kaum mehr möglich sein.
ET: Angesichts dessen, dass Sie ja nun pensioniert sind haben Sie sich vermutlich schon einiges überlegt, was Sie mit der hinzugewonnen Freizeit machen könnten. Was haben Sie sich so vorgenommen?
Rhiel: Wie die Corona-Krise zeigt, sind Planungen schnell Schall und Rauch. Ich will jedenfalls nicht mehr in einer anderen Form juristisch tätig sein, strebe nicht nach bestimmten Ehrenämtern, bin mir aber sicher, noch genügend Aufgaben zu finden, die mir das Leben stellt. Es wäre gut, noch etwas Neues zu lernen, z.B. meine mangelhaften Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern.
ET: Herr Rhiel, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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EXTRA KURZ
Fast 40 Jahre im Dienste des Rechtsstaates
Bernhard Rhiel wurde am 7. September 1945 in Anzefahr bei Marburg geboren.
Nach seinem Jurastudium in Marburg und der Referendarzeit in Fulda war ab von Oktober 1981 bis März 1983 Richter beim Amtsgericht Korbach, insbesondere in Jugend- und Erwachsenenstrafsachen. Es folgten neun Monate als Richter in einer Zivilkammer des Landgerichts Kassel und ebenfalls neun Monate mit halber Kraft bei den Amtsgerichten Eschwege und Rotenburg (Fulda), insbesondere Zivilsachen. Nach seiner Ernennung zum Richter am Amtsgericht beim Amtsgericht Eschwege (ab Oktober 1984) war Rhiel wieder mit Erwachsenenstrafsachen und Bußgeldsachen befasst.
Seit Juli 1986 ist Rhiel Richter am Amtsgericht in Fritzlar, insbesondere für Zivil- und Betreuungssachen. Seit Dezember 2001 ist er auch dessen Direktor.
Bernhard Rhiel ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Fritzlar. Die beiden haben drei erwachsene Söhne.