ZWISCHENRUFvon Thomas MoegenGlaubt man einem Werk des Hamburger Musikers Jan Eißfeldt, ist sowieso schon alles und jeder "Vergiftet" und da
ZWISCHENRUF
von Thomas Moegen
Glaubt man einem Werk des Hamburger Musikers Jan Eißfeldt, ist sowieso schon alles und jeder "Vergiftet" und das hessische Comedy-Duo "Badesalz" rät nach dem Genuss von Seelachs in Monnhemm "zu wadde" "Auf waas?" "Bisses drause is" "Ja, waaas?" "Des Giiiift!"Umwelt-Gifte und Schadstoffe versauen Erdreich, Gewässer und Atmosphäre unseres blauen Planeten. Schwarzes Gold versickert in Aserbaidschan, Venezuela und Nigeria, Plastik-Granulat surft fröhlich auf den Wellen der sieben Weltmeere umher, hungrige Halogen-Radikale nagen gierig am Ozon-Schutzschirm und Japan strahlt weiterhin klammheimlich die pure Lebensfreude aus.So weit, so schlecht.
Natürlich ist es existenziell, dass die "grüne Lobby" mit Umweltverbänden sowie Non-Gouvernmental- und Non-Profit-Organisationen Druck auf den umweltverschmutzenden Teil der Industrie ausübt, der rigorosen Raubbau in Entwicklungs- und Schwellenländern betreibt. Andererseits sollten "wir hier im Westen" ganz still sein und bitte nicht in politisch zu korrekte Öko-Hysterie verfallen. Wir waten nicht knietief durch ätzendes Kaliumperoxid-Bleichmittel, wir ringen nicht um Atem unter einer schmierigen Smog-Glocke, wir ernähren uns nicht von den bestialisch stinkenden Müll-Massiven in Megalopolis. Um den unausweichlichen Preis für Entwicklungsniveau und Wohlstand unserer Agrar-, Industrie-, Dienstleistungs-, Technologie- und Informationsgesellschaft klein zu halten, sollte jeder einzelne seine Energiebilanz überdenken und vertretbare Luxus-Abstriche vornehmen. Fahre oder laufe ich die 400 Meter zum Supermarkt? Schnippe ich die Kippe in den Gulli oder in den Müllkorb? Brauche ich das wirklich? Muss diese Glühbirne brennen und reicht im Kühlschrank auch Stufe drei von sechs? Ich muss nicht als wahnsinnig asketischer "Öko" in einer Höhle darben, um den längst verseuchten Planeten zu retten. Aber ich kann versuchen, überlegter zu planen. Wenn ich nicht im (kleinen) Rahmen meiner Möglichkeiten handele, dann bleiben Klimaschutz, globales Denken, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz nur selbstgefällige, beruhigende "Green washing"- Worthülsen. Kein Protokoll, keine Konferenz, kein Gipfel, kein Abkommen und keine Richtlinie bewirkt bei mir Achtung vor "Mutter Natur" – ich sollte sie aber vielleicht mal wieder anrufen...Mein Stromversorger attestiert mir in der Jahresendabrechnung für 2012 einen "fantastisch minimalen" Stromverbrauch und dankt es mir mit Abschlagsminderung, Rückzahlungsscheck und Strompreis-Erhöhung. Ich freue mich diebisch über diese Milchmädchen-Rechnung, flippe aber nicht gleich blasiert aus, nur weil ich deutlich weniger Energie als der "Durchschnittshaushalt" verbrauche. Denn in dieser besten und trotzdem so gering geschätzten aller möglichen Welten bin ich immer noch viel mobil, heiz’ zum Spaß mit Russisch-Gas und schau’ – fast für lau – genau auf Handy, Tablet und TV.