In Deutschland werden Blitzer getestet, die Lärm statt Geschwindigkeit messen

Neuartige Blitzer, die bereits in Deutschland getestet werden, messen die Lautstärke von Autos, statt der Geschwindigkeit. Wer zu viel Krach macht, muss offenbar bald blechen.
Stuttgart/Berlin – Man sagt, dass es im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart keinen einzigen Ort gibt, an dem keine Autos zu hören sind. Ob das tatsächlich wahr ist, ist schwer zu sagen, der Verkehr in Stuttgart ist allerdings weit über die Grenzen hinaus dafür bekannt, dass Autofahrer viel Geduld mitbringen müssen. Beim Straßenlärm ist die Schwaben-Metropole allerdings bei weitem nicht allein. Laut dem Umweltbundesamt ist der Straßenverkehr seit langem die dominierende Lärmquelle in Deutschland. Einer Umfrage zufolge fühlen sich drei Viertel der Bevölkerung vom Lärm gestört oder sogar belästigt.
Obwohl die Lautstärke des Straßenverkehrs ein Problem darstellt – was der steigende Anteil an deutlich leiseren E-Autos bislang noch nicht mildern konnte – wird bislang hauptsächlich die Geschwindigkeit der Fahrzeuge gemessen. Die Bundesländer machen mit zu schnellen Autofahrern jährlich Einnahmen in Millionenhöhe. Wer mit einem sehr lauten Fahrzeug durch die Städte brettert, muss bislang keine Konsequenzen befürchten, solange er sich an die Geschwindigkeitsgrenzen hält. Das könnte sich allerdings sehr bald ändern.
Blitzer messen Lärm: Berlin will bis Mitte 2023 Kreuzungen mit den „Medusen“ ausrüsten
Im baden-württembergischen Nachbarland Frankreich sind Blitzer, die die Lautstärke von Fahrzeugen messen, bereits Standard. Inzwischen werden solche Apparaturen aber auch in Deutschland getestet, wie das T3N-Magazin berichtet. Die Idee, neben den Geschwindigkeiten auch die Lautstärkepegel der Fahrzeuge zu messen – und zu laute Autos abzustrafen – beruht auf den extrem angestiegenen Fällen von Lärmbelästigungen in Berlin. In der dortigen Innenstadt sollen Kreuzungen bis Mitte 2023 mit den neuartigen Blitzern ausgestattet werden. Nimmt man sich Frankreich als Vorbild, sind solche Lärmblitzer aber nach der Testphase auch für alle anderen Großstädte vorstellbar.
Die neuartigen Blitzer tragen den Spitznamen „Medusa“. Das liegt an mehreren Mikrofonen, die – wie die Schlangen aus dem Kopf der Sagengestalt – aus dem Gerät herausragen. Wie die herkömmlichen Blitzer, die die Geschwindigkeit messen und bei einer Überschreitung einen Schnappschuss des Fahrzeugs samt Fahrer machen, sind auch die Lärmblitzer mit Kameras ausgestattet. Anhand des gemessenen Lärms und den Bildern der Kamera erkennt „Medusa“ den jeweiligen Fahrzeugtyp und weiß dann, wie laut das Fahrzeug sein darf. Neben Autos und großen Nutzfahrzeugen erkennt das System beispielsweise auch motorisierte Zweiräder, die oftmals besonders laut sind.
Blitzer haben zunächst noch keine Folgen für zu laute Fahrzeuge
In Zukunft müssen Autofahrer sich nicht nur davor in Acht nehmen, bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von einem Blitzer erwischt zu werden. Ein unbelehrbarer Mercedes-Fahrer hat das innerhalb eines Monats ganze 85 Mal geschafft. Stattdessen könnte bei einer Fahrt durch die Innenstadt eben auch ein klappernder Auspuff oder ein zu lauter Motor zu einem Bußgeld führen. In Berlin sollen die Blitzer allerdings zunächst ohne Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren getestet werden. Das T3N-Magazin berichtet, dass Blitzer-Warn-Apps – die laut einer Umfrage von immer mehr Fahrern verwendet werden – die neuartigen Apparaturen noch nicht erkennen dürften.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.
Mit dem Hochlauf der E-Auto-Produktion und dem steigenden Bestand von elektrischen Fahrzeugen auf den deutschen Straßen dürfte der störende Lärmpegel in Zukunft aber sowieso deutlich abgemildert werden. In diesem Fall stellt sich aber das umkehrte Problem, da an den Stromern oftmals kritisiert wird, dass sie zu leise seien und deshalb von Fußgängern übersehen werden könnten. Ob die neuartigen Blitzer auch zu leise Fahrzeuge messen und entsprechend abstrafen können, ist allerdings nicht bekannt. Porsche arbeitet aber bereits seit einiger Zeit an einem Auspuff für E-Autos – für den klassischen Motorensound.