Vom Biedermann zum Brandstifter: Das kann die neue B-Klasse von Mercedes

Die neue B-Klasse von Mercedes streift ihr Image als Langweiler mit Stern ab und wird zum agilen Sports Tourer. Die Gegner: der BMW 2er Active Tourer und der Golf Sportsvan.
Die Entwickler hatten bei der neuen B-Klasse (Auslieferung ab Februar 2019, Basispreis für den B180 mit Doppelkupplungsgetriebe: 31.874 Euro) zwar modernes Design und flottes Handling als Ziel, durften aber die Grundtugenden der so erfolgreichen B-Klasse (1,5 Millionen verkaufte Fahrzeuge) nicht aus den Augen verlieren. Und die lauten: Platz, Komfort und Praxistauglichkeit.
Mehr Freiheit in der neuen Mercedes B-Klasse
Fangen wir mit dem Platz an: Die bei den Kunden so beliebte erhöhte Sitzposition bleibt und liegt um 90 Millimeter höher als in der A-Klasse. Der Innenraum wächst um zehn Millimeter in der Breite, was aber dank eines neuen Raumkonzepts nicht nur viel größer wirkt, sondern auch eine Ellbogenfreiheit wie in einem Mittelklasse-Pkw garantieren soll.
Beim Radstand sind 30 Millimeter dazu gekommen, was vor allem den Passagieren im Fond zugutekommt, wie eine Sitzprobe ergeben hat. Auffällig ist auch die verbesserte Rundumsicht. Der Grund liegt vor allem in der um 40 Millimeter nach hinten gewanderten B-Säule.
Beim Komfort greift die B-Klasse gleich nach den Sternen. Gerade eben im neuen GLE präsentiert, ist die sogenannte Energizing Sitz-Kinetik jetzt auch schon in der Kompaktklasse verfügbar. Hier stellt sich der voll elektrische Sitz quasi von selbst auf die orthopädisch beste Position des jeweiligen Fahrers ein. Dazu gibt es noch eine Portion Esoterik: Eine eigene Komfortsteuerung, die das Wohlbefinden durch Licht- und Sound erhöhen soll.
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Klimaanlage per Sprachbefehl steuern
Wirklich komfortabel ist das MBUX-System, das es in der B-Klasse jetzt auch serienmäßig gibt und das wie schon in anderen Daimler-Klassen auf die magischen Worte "Hey Mercedes" reagiert. Per Sprachbefehl kann beispielsweise Klimaanlage oder Navigation gesteuert werden. In der Serienvariante wird das Cockpit mit zwei 7-Zoll-Bildschirmen ausgerüstet, wer allerdings Kinofeeling haben will, der sollte auf die Widescreen-Optik gehen. Es rentiert sich: Zwei 10,25-Zoll-Bildschirme bringen Cinemascope aufs Armaturenbrett.

Mercedes B-Klasse: Praktisch und flexibel
Grundtugend Nummer drei hinter Platz und Komfort ist bei der B-Klasse die Praxistauglichkeit. Zum Beispiel beim Beladen. Hier wird sie sogar noch flexibler, denn die hintere Sitzreihe kann künftig im Verhältnis von 40/20/40 umgeklappt werden. Und ab Mitte nächsten Jahres ist dann auch noch die hintere Sitzbank in einer noch variableren Version bestellbar. Sie lässt sich dann um 14 Zentimeter in der Längsrichtung verschieben. Dadurch kann das Ladevolumen im Bereich zwischen 455 und 705 Litern angepasst werden. Bis zu 1.540 Liter Gepäck passen übrigens dann maximal in die B-Klasse. Brettleben natürlich - dank des (jetzt serienmäßigen) höhenverstellbaren Ladebodens.
Geräumig, praktisch und komfortabel – das war die alte B-Klasse. Jetzt sieht sie auch noch gut aus und wird sportlich. Gefällig ist vor allem das Design, das sich stark an der A-Klasse anlehnt. Von den Proportionen her ist das Auto tatsächlich um ein paar Millimeter flacher geworden. Optisch wird der Eindruck noch durch die in die Breite gezogene Frontpartie und die schmalen Scheinwerfer (auch als LED erhältlich) unterstützt.
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Die 163 PS der B-Klasse machen richtig Spaß
Noch auffälliger sind die Neuerungen bei dem bislang so behäbig wirkenden Heck. Die Rücklichter sind schmaler, weil zweigeteilt. Die Reflektoren sitzen jetzt in den Stoßfängern. Und die Diffusor-Optik mit Chromspange trägt ein Übriges dazu bei, dass die B-Klasse nun auch wirklich Klasse hat.
Was sich lückenlos bei den Testfahrten auf kurvigen Strecken fortsetzt. Da hatten wir schon mit dem 1,3-Liter Benziner des B 200 und seinen 163 PS so viel Spaß wie lange nicht mehr. Die Beschleunigung kommt mit einem Drehmoment von 250 Nm jederzeit kraftvoll daher. Das neue 7-Gang-Doppelkupplungsgebriebe schaltet butterweich und blitzschnell. Wer will, kann auch mit den Lenkrad-Paddeln fahren. Tempo 100 ist nach 8,2 Sekunden erreicht. Von wegen Opa-Auto! Leider verführt der 200er-Benziner auch zum dynamischen Fahren, was sich sofort auf den Verbrauch auswirkt. Die 5,5 Liter im Schnitt erreichen wir mit knapp 8 Litern nicht ansatzweise.

Noch mehr Fahrpower bietet der neue Vierzylinder-Dieselmotor mit der Bezeichnung OM 654q. Hört sich geheimnisvoll an, ist aber in der Tat höchst innovativ. Der Selbstzünder erfüllt jetzt schon die erst ab 2020 gültige Norm Euro 6d – dank eines zweiten SCR-Katalysators, der im Unterboden eingebaut ist. Das Diesel-Aggregat hat entweder 150 oder 190 PS und wird mit einem neuen 8-Gang-Doppelgetriebe gekoppelt. Das sorgt für Fahrleistungen im B 220d zum Beispiel von 7,2 Sekunden auf Tempo 100. Dabei soll der Verbrauch bei rund 4,5 Litern liegen.
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Fazit zur neuen Mercedes B-Klasse
Wer eigentlich A meint, kann jetzt auch B kaufen. Denn die neue B-Klasse ist fast so stylisch wie der kleinere Bruder, aber mindestens so agil und flott. Dabei bietet sie mehr Komfort und Platz. Das ideale Auto, wenn man vom reinen Pärchen-Status auf Kleinfamilien-Modus umsteigt.
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Rudolf Bögel