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VW Amarok gegen Ford Ranger: Pick-ups im ersten Fahrvergleich

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Von: Rudolf Bögel

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Amarok und Ranger sehen nicht gleich aus – sind aber technische Zwillinge. Welche Unterschiede gibt es zwischen dem VW-Laster und dem Ford-Pick-up?

Dieser Vergleich ist ein Vergleich, aber doch kein Vergleich. Liest sich paradox. Und ist es auch. Kann man aber erklären. Es geht um zwei Pick-ups: den Amarok von VW und den Ranger von Ford. Eigentlich sind die beiden scharfe Konkurrenten, weil sie im gleichen Revier ihre Kunden jagen.

Die tiefere Wahrheit lautet jedoch: Amarok und Ranger sind seit diesem Modelljahr nahezu identisch. Außer dem Blechkleid und einigen Details im Innenraum. Von daher ist die Frage „Wer ist besser?“, so etwas wie die Frage, welche Farbe ein weißer Schimmel hat. Amarok ist Ranger und Ranger ist Amarok. Basta.

VW Amarok blau
Eleganter Auftritt. Wirkt nicht wie ein Nutzfahrzeug, aber ist eines - der neue VW Amarok. © VW

VW Amarok gegen Ford Ranger: Pick-ups im ersten Fahrvergleich

Noch mal zur Klarstellung. Zwar hatte sich der klobige Pritschenwagen von VW in seinen zehn Jahren Modellgeschichte ordentlich verkauft (830.000 Exemplare weltweit). Das Kosten-Erlös-Verhältnis war allerdings so ungleich, dass man bei Volkswagen nach einem Partner suchte. Fündig geworden ist man dort, wo die größte Pick-up-Expertise der Welt zu Hause ist. Bei den Kollegen von Ford.

Und so hat man mit den Amerikanern einen kleinen, feinen Deal vereinbart. Die US-Boys und -Girls entwickeln für die Wolfsburger den Amarok, im Gegenzug wird VW auf der Elektro-Plattform des ID3 zwei neue kompakte Elektroautos für die europäische Ford-Tochter bauen. Was den Amarok angeht – so ist er damit nur eine echte Ford-Schreibung der eigenen Erfolgsgeschichte. Ob das ein Ford-Schritt ist?

VW Amarok gegen Ford Ranger: Pick-ups mit US-Technik

Genug gekalauert – zurück zum Duell, das keines ist. Egal in welcher Ausführung der Amarok auch zum Kunden rollt, er ist ein waschechter Ami. Vom Leiterrahmen bis zum Motor. Richtig. Unter der Fronthaube arbeitet noch nicht einmal ein eigener Volkswagen-Motor. Vier- und Sechszylinder von Ford treiben den neuen Amarok an, wechselweise mit Benzin, Diesel – immer mit Allrad.

Ford Ranger Raptor Gelände
Macht einen großen Sprung nach vorne. Der neue Ford Ranger Raptor ist ein echtes Biest - auch im Gelände. © Ford

VW fährt Ford. Mit einem feinen, kleinen Unterschied. Das Topmodel PanAmericana von VW bekommt einen V6-Diesel mit 240 PS und 600 Nm Drehmoment, natürlich auch von Ford. Dem Ranger Raptor bleibt ganz Amerikaner, der V6-Benziner mit 292 PS und 491 Nm Drehmoment vorbehalten. Wir sind beide gefahren und von beiden Aggregaten überzeugt.

VW Amarok gegen Ford Ranger: Diesel oder Benziner – wer zieht besser ab?

Leise und ziemlich abgekapselt werkelt der Sechszylinder-Selbstzünder vor sich hin, wir mussten schon zwei Mal hinhören, um zweifelsfrei die Frage zu klären: Ist das wirklich ein Diesel? Zumal wir die geballte Kraft von 600 Newtonmeter kaum spüren. Des Rätsels Lösung: Weil der Diesel die neuen, scharfen Abgasnormen in Europa erfüllen muss, schaltet das Zehn-Gang-Automatikgetriebe so, dass sich der CO₂-Ausstoß im Rahmen hält. Das ist völlig legal. Austricksen kann man das nur, wenn man mit der Hand schaltet und höher dreht. Da schiebt der Pritschenwagen dann auch gleich mächtiger an. Ist beim Amarok aber spaßbefreit, da man das nur am Schalthebel mit Plus-Minus-Tasten erledigen kann.

Vorteil Ford: Der Ranger Raptor hat Schaltpaddel am Lenkrad. Apropos: Ganghebel. Hier gibt es einen netten Gag. Wenn man den Motor ausstellt, springt er automatisch in die Parkposition. US-Autofahrer sind halt bequem. Der Benziner des Raptors kam uns bei den Testfahrten einen Tick dynamischer und flotter vor, klar, er hat ja auch ein paar Pferdestärken mehr. Am Gewicht kann es nicht liegen. Amarok PanAmericana und Ranger Raptor bringen stattliche 2,5 Tonnen auf die Waage. Ziehen kann der VW mehr als der Ford. 3,5 Tonnen schlagen 2,5 Tonnen. Der Punkt geht klar nach Wolfsburg. Auch was den Verbrauch angeht. 10,8 Liter waren es bei unserer Testfahrt, der Raptor schluckt 13,8 Liter laut Ford.

VW Amarok gegen Ford Ranger: Das können die Pick-ups im Gelände

Was die Geländefähigkeit angeht, so gibt es hüben wie drüben nichts zu meckern. Der Amarok kommt ebenso wie der Ranger mit zuschaltbarem Allradantrieb daher, den man über ein Drehrad in der Mitte einstellt. Die Top-Version hat hier eine vierte Option. Neben 2 H, 4H und 4L gibt es noch 4A. Das heißt: Hier wird die Kraft über eine Kupplung zwischen Vorder- und Hinterrädern verteilt. Dazu gibt es noch eine Sperre für die Hinterachse – und schon rumpelt der Amarok über Stock und Stein, schluckt Schlaglöcher weg, und quert tiefe Furten.

VW Amarok von hinten Gelände
Im Gelände ist der neue VW Amarok ein echter Klettermaxe. Sand, Geröll und Schlamm bewältigt der Pick-up mit Allrad und Sperren. © VW

Das ist selbst für einen Pritschenwagen souverän, der mit seinem langen Radstand ja eher Nachteile im Gelände hat. Apropos Pritsche. Die sorgt im unbeladenen Zustand für das typische Ruckeln auf Asphalt, weil die Federn und Dämpfer fast nicht nachkommen, um die heftigen Karosseriebewegungen im Zaum zu halten. Ist aber typisch und je nach Teer-Qualität dann zumindest auf zentraleuropäischen Straßen kaum mehr zu spüren. Außerdem wird das Fahrwerk noch auf hiesige Verhältnisse optimiert.

VW Amarok gegen Ford Ranger: Volkswagen legt in der Länge zu

Der Raptor ist ebenfalls ein Viech im Gelände. Ausgestattet mit dem Downhill-Assistenten stürzen wir uns in einer Kiesgrube bei Österreich den Hang hinunter wie weiland Franz Klammer. Füße weg vom Pedal und die 2,5 Tonnen selbständig arbeiten lassen. Erfordert Mut. Stoisch fährt der Raptor mit den eingestellten 2 km/h zu Thale. Und noch etwas kann der Ranger. Durch gezielte Bremseingriffe an den Rädern wird die Lenkung unterstützt, um noch kleinere Winkel fahren zu können. Entwickelt in Australien, gebaut in Südafrika – das unterstreicht alleine schon die Gelände-Kompetenz und -Fähigkeit des deutschen Pick-ups.

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Bei der Wattiefe hat er auf stattliche 80 Zentimeter zugelegt, bei der Bodenfreiheit liegt er jetzt bei 24 Zentimetern. Nur bei den Böschungswinkeln hinkt der VW mit 30 (vorne) und 26 Grad (hinten) mit jeweils einem Grad weniger leicht hinterher. Deutlich zugelegt hat der Amarok bei der Karosserie. Sie ist um zehn Zentimeter in der Länge gewachsen (jetzt 5,35 Meter) der Radstand sogar um satte 17 Zentimeter. Das kommt dem Sitzkomfort in der Doppelkabine (Einzelkabinen gibt es in Europa nicht) zugute. Komfort? Bei einem Nutztier auf Rädern? Das ist vielleicht der größte Unterschied zum Vorgänger.

VW Amarok gegen Ford Ranger: Nutztier auf vier Rädern wird zum Luxus-Laster

Im neuen Amarok sitzt der Fahrer wie in einem Pkw. Digitaler Tacho, 12-Zoll-Display, Harman-Kardon-Soundanlage, elektrisch verstellbare Sitze, 360-Grad-Kamera – hört sich nicht mehr nach Nutzfahrzeug an und sieht auch nicht mehr so aus. Denn auch beim Plastik gibt es deutliche Fortschritte. Die Kunststoffe weisen gestaltete Oberflächen auf und wirken deshalb gar nicht mehr so künstlich. Auf Wunsch auch mit Kunstleder.

VW Amarok von oben Ladefläche Pritsche
Mehr Luxus aus bei der Bedienung. Sowohl die Heckklappe als auch das Ladeflächen-Rollo können elektrisch bedient werden. © VW

Das alles ist natürlich abhängig von der Ausstattung. Fünf davon hat VW. An der Spitze rangieren Aventura (flotter Straßen-Kreuzer) und PanAmericana (Gelände-Optik). Wie teuer die einzelnen Modelle werden, das ist noch nicht raus. Man rechnet mit einem Basispreis von rund 40.000 Euro. Ob das Spitzenmodell dann an das Preisniveau des Ford Rangers reicht (rund 80.000 Euro), wird man sehen.

VW Amarok gegen Ford Ranger: Welcher Pick-up darf es sein?

Raptor oder Amarok, VW oder Ford – zumindest bei der Technik wird einem die Entscheidung abgenommen, welchen Pick-up man wählen soll. Bleibt hauptsächlich die Optik. Und die ist beim Ranger kernig, selbstbewusst. Wenn man so will, vielleicht ein wenig derb. Der neue Amarok hingegen wirkt elegant und gefällig. Ein echter Ford im VW-Pelz – vielleicht das Beste aus beiden Welten. (Rudolf Bögel)

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