Wie kommt man wieder raus aus den Schulden?

Immer mehr Menschen in Deutschland verschulden sich, wie aktuelle Zahlen zeigen. Wenn sich die Mahnungen stapeln, der Dispokredit ausgeschöpft ist und der Schuldenberg wächst, sollten sich Betroffene Hilfe holen. Die wichtigsten Schritte raus aus dem Dauer-Minus.
Düsseldorf (dpa/tmn) - Trotz guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosigkeit können immer mehr Menschen in Deutschland ihre Rechnungen nicht bezahlen. Wie kommt man aus der Schuldenfalle wieder heraus?
Stark steigende Mieten
In diesem Jahr sei die Zahl der überschuldeten Personen in der Bundesrepublik um rund 19.000 auf mehr als 6,9 Millionen gestiegen, teilte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Düsseldorf mit. Das heißt: Bei gut jedem zehnten Erwachsen sind die Gesamtausgaben dauerhaft höher als die Einnahmen.
Ein Grund für den Anstieg sind nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei die dramatisch steigenden Preise auf dem Wohnungsmarkt. Die Entwicklung von Einkommen und Wohnkosten habe sich gerade in strukturstarken Regionen wie den Großstädten entkoppelt. Während die Kaufkraft nur noch langsam zulege, erhöhten sich die Kosten für Mieten und Immobilien in großen Schritten.
Für immer mehr Haushalte bleibe deshalb nach der Miete nur noch relativ wenig Geld für die sonstigen Lebenshaltungskosten übrig. Schon kleine unerwartete Ausgaben könnten dann in den Schuldenstress führen, sagte Creditreform-Geschäftsführer Ralf Zirbes. Auch wenn die Miete selbst meist noch bezahlt werde, fehle danach in vielen Fällen das Geld, um andere Verpflichtungen zu erfüllen.
Mehr Menschen von Altersüberschuldung betroffen
Überdurchschnittlich stark zugenommen hat nach Angaben der Experten 2018 erneut die Altersüberschuldung. Die Zahl der überschuldeten Senioren im Alter von 70 Jahren und mehr stieg um 35 Prozent auf 263.000. Dagegen nahm die Zahl überschuldeter Personen unter 30 Jahren weiter ab. Das Gesamtvolumen der Schulden bezifferte Creditreform auf rund 208 Milliarden Euro.
Für die nahe Zukunft rechnen die Experten angesichts der sich eintrübenden konjunkturellen Rahmenbedingungen mit einer weiteren Zunahme der Überschuldungszahlen in Deutschland.
Mit einem P-Konto die Notbremse ziehen
Wird Schuldnern ein Pfändungsbescheid zugestellt, sollten sie schnell reagieren. Damit sie weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können, können sie ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln lassen - kurz: P-Konto.
«Das kann der Verbraucher bei seiner Bank beantragen», erklärt Marcus Köster, Jurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Beim P-Konto liegt der gesetzliche Grundfreibetrag bei 1133,80 Euro pro Monat. Wer eine Familie versorgt, erhält weitere Freibeträge.
Hilfs- und Beratungsangebote
Als Nächstes sollten Schuldner sich Hilfe holen. Das kann eine gemeinnützige Schuldnerberatung sein oder ein spezialisierter Rechtsanwalt. «Zunächst listet ein Berater gemeinsam mit dem Verbraucher auf, welche Schulden vorhanden sind und wie viel an Einkommen zur Verfügung steht», erläutert Andre Kraus, Kölner Fachanwalt für Insolvenzrecht.
Im nächsten Schritt werden die Forderungen rechtlich geprüft und die Gläubiger angeschrieben. Ziel ist es, sich außergerichtlich zu einigen - und etwa eine Ratenzahlung oder einen Teilerlass der Schulden zu erreichen.
Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung
Scheitert der Einigungsversuch, können Betroffene beim zuständigen Amtsgericht Verbraucherinsolvenz beantragen. Meist wird dann sechs Jahre lang der pfändbare Teil des Einkommens an einen Treuhänder abgeführt, den das Gericht bestellt hat. Danach entscheidet das Gericht, ob man von seinen restlichen Schulden befreit wird. «Bei Schuldnern, die in den zurückliegenden sechs Jahren ihren Verpflichtungen nachgekommen sind, gibt das Gericht dem Antrag auf Restschuldbefreiung in aller Regel statt», erklärt Köster.
Auch eine vorzeitige Restschuldbefreiung ist möglich. Vorausgesetzt, dass bis dahin alle Verfahrenskosten bezahlt sind. Dann kann sich das Verfahren auf Antrag auf fünf Jahre verkürzen. Sogar eine Verkürzung auf drei Jahre ist möglich, wenn Betroffene die Verfahrenskosten und 35 Prozent aller Verbindlichkeiten in diesem Zeitraum beglichen haben. «Dies ist in der Praxis sehr selten», sagt Köster.
Wer im laufenden Verfahren seine Schulden vorzeitig loswerden will, kann mit den Gläubigern einen Insolvenzplan vereinbaren und ihnen etwa einen Prozentsatz der Schulden als Sofortzahlung anbieten. Geht die Mehrheit der Gläubiger darauf ein und wird dies vom Gericht abgesegnet, ist der Verbraucher seine Schulden los.