Maybrit Illner im ZDF: Neue SPD-Führung „drittklassig“? - Walter-Borjans und Esken stecken in der Zwickmühle

Maybrit Illner fragt im ZDF: „Last Christmas für die GroKo?“ Ihre Gäste sehen bei den Sozialdemokraten die Konterrevolution ausbrechen.
- Maybrit Illner im ZDF: Thema ist die SPD
- Norbert Walter-Borjans und Saskia Seken: SPD-Spitze noch vorm Start unter Druck
- Zukunft der SPD: Was wird aus Olaf Scholz?
Einen schöneren Schlamassel kann man sich kaum vorstellen. Da werden zwei gewählt, die SPD zu führen, weil sie sich klar dagegen aussprechen, die Große Koalition fortzuführen. Und noch bevor das Duo offiziell auf dem Parteitag installiert ist, muss es schon Zugeständnisse machen. Weil die bei der Wahl Unterlegenen, und das sind die in der Partei Etablierten, nicht klein beigeben wollen. Markus Feldenkirchen vom „Spiegel“, am Tag zuvor bei Maischberger und nun bei Maybrit Illner, präzisierte: Das Führungsduo habe in den Regionalkonferenzen Erwartungen geweckt auch durch seine Kritik an Olaf Scholz, und die Wahl sei zugleich Ausdruck der Unzufriedenheit bei der Basis, mit „denen da oben“. Nun aber habe „die Konterrevolution eingesetzt“.
Maybrit Illner: Sind Walter-Borjans und Esken jetzt schon die Opfer?
Der zugeschaltete Theo Koll, Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios, bestätigte das. Der nun für den Parteitag eingebrachte Leitantrag werde als „stumpfes Schwert“ gesehen. Es wird einen weiteren Antrag geben: sofort die Koalition zu verlassen. Walter-Borjans und Esken seien gewissermaßen Opfer des Auswahlprozesses, bei dem sie klare Positionen vertreten hatten, während sie nun „Brücken bauen“ müssten ins andere Lager.
Kurt Beck, dem ehemaligen SPD-Vorsitzenden, und Johanna Uekermann, stellvertretende Vorsitzende der SPD Bayern, blieb denn auch wenig anderes als den Zusammenhalt zu beschwören und die „großen Aufgaben“ zu betonen, die nun vor dem Führungsduo lägen – vor allem die Partei zu einen. Doch wie wollen Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken jetzt denen, die für sie gestimmt haben, ihre Kompromisse erklären?
Maybrit Illner und die SPD in der GroKo: Rein oder raus?
Man muss es nicht so sehen, wie Tanit Koch. Die n-tv-Geschäftsführerin und Ex- Chefredakteurin der „Bild“-Zeitung nannte das Duo „Kandidaten aus der dritten Reihe“ – als ob sie immer noch unter der Fuchtel von Bild-Chef Julian Reichelt stünde – die ihre Versprechen schon vor der Wahl gebrochen hätten. Aber das Problem der Glaubwürdigkeit werden Walter-Borjans und Esken haben; das bekam auch schon Juso-Chef-Kevin Kühnert tags zuvor bei Sandra Maischberger zu spüren, wo er sich so detailliert wie seriös mit den Unterstellungen der Moderatorin auseinandersetzte, er sei nun doch für den Verbleib in der Koalition.
Rein oder raus, das ist derzeit die Gretchenfrage für die Genossen. Illners Redaktion hatte das als Sendungstitel so formuliert: „Fordern, drohen, feilschen – Last Christmas für die GroKo?“ Man kann den demokratischen Prozess des Verhandelns, nebenbei gesagt, auch als „feilschen“ diffamieren, muss sich aber fragen lassen, ob man damit nicht Wasser auf die Mühlen der rechtsextremen Demokratiefeinde kippt.
GroKo: Niemand will das Ende
In der Runde wollte jedenfalls außer Markus Feldenkirchen niemand ein Ende der großen Koalition, Johanna Uekermann beteuerte, man habe noch „so viele tolle Ideen, aber es müsse sich „substantiell etwas bewegen“. Kurt Beck gab den elder statesman und wollte ein handlungsfähiges Deutschland und Europa; auch innenpolitisch sei viel zu tun, um die wachsende Ungleichheit zu beseitigen, fügte er mit einem Hinweis auf die Unruhen in Chile (!) hinzu.
Ähnlich argumentierte Tobias Hans (CDU), der Ministerpräsident des Saarlandes. Er lehnte mit Hinweis auf die anstehende EU-Präsidentschaft auch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung ab. Es sei doch „die beste Lösung“, erstmal weiterzumachen. Die Minderheitsregierung hatte ein schlauer Fuchs namens Friedrich Merz jüngst ins Spiel gebracht, aber Kurt Beck fand diese Variante „destabilisierend“, während Feldenkirchen das gleiche Attribut der GroKo zuschrieb. Wenn jahrelang zwei Parteien sich bis zur Ununterscheidbarkeit anglichen, stärke das doch die Extreme.
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Wer führt die SPD in Zukunft?
Die Groko habe ihren Zenit überschritten, fand der Autor. Aber womöglich hält die Angst davor, als Schuldiger der Trennung dazustehen, die Protagonisten von diesem Schritt ab. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat das schon einmal vorexerziert als Ministerpräsidentin im Saarland, und auch jetzt wähnt sie sich offenbar im Vorteil. Denn sie hat schon eine simple Erpressung ins Spiel gebracht (laut Tanit Koch ein „kluger Schachzug“): Wenn die SPD aussteige, werde die Grundrente so nicht kommen. Das empfinden die Genossen nicht ganz zu Unrecht als Schlag gegen die anderthalb Millionen Betroffenen – zumal, wie Kevin Kühnert neulich sagte, man sich ja geeinigt habe.
Zum Schluss wollte Maybrit Illner wissen, wie lange die Koalition halte: bis zum Ende der Legislaturperiode, war die überwiegende Meinung. Fragt sich nur, wer dann die SPD führt...
Von Daland Segler
Zur Sendung: Maybrit Illner, ZDF, von Donnerstag, 5. Dezember, 22.15 Uhr. Zur Sendung im Netz.
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