Helene Fischer: Jetzt äußert sie sich zum Echo-Eklat um Kollegah und Farid Bang

Helene Fischer hat sich zum Echo-Eklat um Kollegah und Farid Bang geäußert. Auf Facebook brach die Schlager-Queen ihr Schweigen und fand deutliche Worte.
Berlin - Ein erster Sponsor springt ab, ein anderer prüft sein Engagement, immer mehr Preisträger distanzieren sich, und hinter den Kulissen brodelt es weiter: Der Eklat um den Musikpreis Echo zieht immer größere Kreise. Mit Volker Kauder schaltet sich ein CDU-Spitzenpolitiker in die Debatte über Popmusik und Antisemitismus ein. Auslöser war die Echo-Trophäe für ein als judenfeindlich kritisiertes Rap-Album.
Der Saft-Hersteller Voelkel kündigte am Mittwoch seinen Rückzug als Sponsor des Musikpreises an. Die Preisträger Kollegah und Farid Bang zögen in einem prämierten Song „auf beschämende Weise Vergleiche zu Opfern des Holocausts“. Der Autohersteller Skoda, der Stars und Gala-Gäste in 75 Fahrzeugen fuhr, erwartet derweil „eine rasche und eindeutige Aufarbeitung durch den Veranstalter“, wie ein Sprecher mitteilte. „Sollte uns das Ergebnis nicht überzeugen, werden wir den bestehenden Sponsorvertrag bei diesem Event auf jeden Fall nicht fortführen.“
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Unions-Fraktionschef Kauder kritisierte im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung die deutsche Musikindustrie scharf. „Schon die Echo-Preisverleihung an diese Rapper war eine unfassbare Fehlentscheidung, die jede historische Sensibilität vermissen ließ. Angesichts des wachsenden Antisemitismus hätte der Preis nie an Künstler gehen dürfen, die mit dem Holocaust in ihren Texten spielen und offensichtlich auch völlig uneinsichtig sind.“ Kauder sagte: „Man sollte diesen Preis abschaffen.“
Helene beim Echo:
Plattenfirma stellt sich hinter Kollegah und Farid - stoppt aber Zusammenarbeit
Die Plattenfirma BMG stellte sich jedoch zunächst hinter das umstrittene Album: „Wir nehmen Künstler und künstlerische Freiheit ernst, und wir sagen unseren Künstlern nicht, was ihre Texte enthalten sollten und was nicht“, teilte die Tochter des Medienunternehmens Bertelsmann am Mittwoch auf Anfrage in Berlin mit.
Nun aber hat die Plattenfirma die Zusammenarbeit mit den beiden Künstlern doch vorerst gestoppt. „Wir hatten den Vertrag über ein Album. Jetzt lassen wir die Aktivitäten ruhen, um die Haltung beider Parteien zu besprechen“, sagte Vorstandschef Hartwig Masuch der Frankfurter Allgemeinen am Donnerstag. „Wir entschuldigen uns bei den Menschen, die sich verletzt fühlen.“
Allerdings verteidigte der BMG-Chef Kollegah und Farid Bang auch gegen den Vorwurf des Antisemitismus. „Ich finde diese Zeilen auch geschmacklos“,so Masuch. „Meine Mitarbeiter und ich stehen mit den Künstlern in Kontakt, und die distanzieren sich klar von jeder Form von Antisemitismus. Das tun wir auch.“
Der Ethikbeirat des Musikpreises habe es zur Verleihung zugelassen. „Wir bekräftigen unsere Verpflichtung zur künstlerischen Freiheit, so lange sich die Künstler an das Gesetz halten“, so BMG.
Es enthält jedoch Textzeilen wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow“. Dass diese Musik beim Echo preiswürdig war, hatte heftige Kritik ausgelöst. Ob das Album wie vorherige aus Jugendschutzgründen auf den Index kommt, ist nach Angaben der Bundesprüfstelle in Bonn noch offen. Eine Entscheidung wird Ende Juni erwartet.
Die alte Garde meldet sich zu Wort - und die jungen Künstler schweigen
Der langjährige Musikmoderator Peter Illmann („Formel Eins“) zeigte sich über die Auszeichnung für Kollegah und Farid Bang „entsetzt“. Er hätte den Preis den Musikern vor die Füße geworfen, so Illmann. „Ich fordere auch die jüngeren Künstler wie Helene Fischer oder Mark Forster auf, sich wie Maffay und Westernhagen von Texten, die Gewalt verherrlichen oder antisemitisch sind, zu distanzieren.“ Illmann rief zudem dazu auf, das umstrittene Album zu boykottieren.
Bislang hatten sich überwiegend ältere Musiker zur Wort gemeldet. Campino war bei der Show am vergangenen Donnerstag der einzige, der auf der Bühne anprangerte, dass eine Grenze überschritten sei. Mehrere Preisträger wollen ihre Trophäen zurückgeben, außer Marius Müller-Westernhagen aber meist aus dem Klassik-Bereich. Am Mittwoch distanzierte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Chefdirigent Mariss Jansons von seinen Echo-Auszeichnungen.
Helene Fischer bricht ihr Schweigen
Inzwischen hat Helene Fischer auf Facebook ihr Schweigen gebrochen. Es sei zwar nicht ihre Art, sich auf diese Weise öffentlich zu äußern, aber es ärgere sie, dass dieses Thema in dieser Form mit ihrem Namen verknüpft wird. Den Auftritt der beiden Rapper fand die Sängerin „unangemessen“ und „beschämend“ und sie hofft, „dass alle Verantwortlichen die Umsetzung des Echo überdenken. Man hätte vorher überlegen sollen, ob man Gewalt, Hass und Wut eine solch große Präsenz im Fernsehen geben muss“, schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite.
Dieser Musikpreis sei jahrelang ein Publikumspreis gewesen, auf den man stolz sein konnte. Sie habe sich über jeden einzelnen sehr gefreut, schrieb die 17-fache Preisträgerin: „Trotzdem finde ich, hätte man vorher überlegen sollen, ob man Gewalt, Hass und Wut eine solch große Präsenz im Fernsehen geben muss. Ich nehme an, dass ihr mir zustimmt, wenn ich hier sage: Nein.“
„Den Echo zu gewinnen ist vielleicht das eine, die beiden dort auch noch auftreten und ihre Show machen zu lassen, fand ich persönlich bedrückend“, schrieb Fischer. Ihr persönlich seien „Werte wie Menschlichkeit, Toleranz, Respekt und Gewaltfreiheit“ wichtig - „ganz gleich, woran man glaubt, woher man stammt, welche Hautfarbe man hat oder wen man liebt“.
Es sei schade, dass die Provokation der Rapper so viel Promotion entstehen lasse. „Nicht nur, dass man ihren gewaltverherrlichenden, antisemitischen, homophoben und frauenverachtenden Texten ein Podium geboten hat... auch die Bedeutung des Echo ist somit komplett in den Hintergrund geraten...“ Sie hoffe, „dass alle Verantwortlichen die Umsetzung des Echo überdenken“. Für sie sei in diesem Jahr „eine ethische Grenze klar überschritten“ worden, schrieb Fischer.
Bundesverband Musikindustrie will Echo-Verleihung überarbeiten
Der Bundesverband Musikindustrie hat den Preis für das Rap-Album mittlerweile als Fehler bezeichnet und will die als kommerziell kritisierte Verleihung überarbeiten. Der Echo ist der wichtigste deutsche Musikpreis. Er wird nach Verkaufszahlen und Juryempfehlung vergeben. In strittigen Fällen wird ein Beirat angerufen. Im Fall des Rap-Albums hieß es vor der Verleihung, die künstlerische Freiheit sei in dem Text „nicht so wesentlich übertreten“, dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre.
Nach dem Deutschen Kulturrat kündigte am Mittwoch auch der Präsident des Deutschen Musikrates, Martin Maria Krüger, seinen Austritt aus dem Echo-Beirat an. Die Entscheidung des Gremiums, das umstrittene Album nicht aus dem Echo-Rennen zu nehmen, sei ein Fehler gewesen.
„Meine Musik verbreitet Liebe“
Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, erklärte, die Einsicht des Bundesverbands Musikindustrie sei zögerlich und spät gekommen, „aber sie kam und lässt hoffen, dass eine glaubhafte Umkehr in Denken und Handeln zu erwarten ist“. Knobloch weiter: „Hut ab vor dem Mut der Preisträger, die diesen Preis nicht mehr mittragen wollen!“
Die Frankfurter Sängerin Namika sagte: „Über die Texte kann man sicher an vielen Stellen diskutieren. Das geht mir oft viel zu weit, und ich empfinde das oft als geschmacklos. Das weiß Farid auch. Ich distanziere mich von allem, was Hass verbreitet. Meine Musik verbreitet Liebe“, sagte die 26-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Rapper Farid Bang hatte sich Anfang April nach Bekanntwerden der Kritik auf seiner Facebookseite für mögliche Verletzungen entschuldigt. Kollegah und er würden sich von „jeglicher Form des Antisemitismus oder Hass gegen Minderheiten“ distanzieren. Kollegah erklärte Ende März, jüdische Fans hätten ab sofort auf Lebenszeit freien Eintritt zu jedem Konzert des Duos.
Derbe Grenzüberschreitungen gehören zu den Stilmitteln im Rap. Zum älteren Album von Kollegah und Farid Bang, „Jung Brutal Gutaussehend 2“, schrieb die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien im Jahr 2014: „Das Gremium stufte Inhalte der CD als jugendgefährdend ein, weil sie verrohend wirken, zu Gewalttätigkeiten anreizen und Frauen und Homosexuelle diskriminieren.“
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dpa