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Tiefschneekurs am Stubaier Gletscher in Österreich

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Skifahren abseits der Piste boomt seit Jahren. Aber selbst mit breiten Freeride-Brettern bleibt das Fahren im Gelände für viele Pistenfahrer knifflig. Bei einem Tiefschneekurs lernen sie den Umstieg und erfahren Grundlagen zum komplexen Thema Lawinen.

Das Gipfelpanorama am Stubaier Gletscher ist bei Sonnenschein besonders beeindruckend. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol
1 / 10Das Gipfelpanorama am Stubaier Gletscher ist bei Sonnenschein besonders beeindruckend. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol © Andre Schönherr
In ungesichertes Alpingelände - wie hier am Stubaier Gletscher - sollten sich nur geübte Skifahrer mit passender Ausrüstung wagen. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol
2 / 10In ungesichertes Alpingelände - wie hier am Stubaier Gletscher - sollten sich nur geübte Skifahrer mit passender Ausrüstung wagen. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol © Andre Schönherr
Die Ski geschultert, die Aussicht atemberaubend. Bei aller Überwältigung von solchen Panoramen wie am Stubaier Gletscher sollten Skifahrer vor dem Abfahren die Hänge genau anschauen und etwa auf Warnzeichen für mögliche Lawinen achten. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol
3 / 10Die Ski geschultert, die Aussicht atemberaubend. Bei aller Überwältigung von solchen Panoramen wie am Stubaier Gletscher sollten Skifahrer vor dem Abfahren die Hänge genau anschauen und etwa auf Warnzeichen für mögliche Lawinen achten. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol © Andre Schönherr
Thomas Engl ist Bergführer am Stubaier Gletscher. Foto: Florian Sanktjohanser
4 / 10Thomas Engl ist Bergführer am Stubaier Gletscher. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser
Oberkörper ruhig halten, lautet die Devise im Tiefschnee. Dabei hilft als Übung, die Skistöcke auf den ausgestreckten Armen zu balancieren. Foto: Florian Sanktjohanser
5 / 10Oberkörper ruhig halten, lautet die Devise im Tiefschnee. Dabei hilft als Übung, die Skistöcke auf den ausgestreckten Armen zu balancieren. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser
Wedeln im fluffigen Schnee auf unverspurten Hängen: Davon träumen viele Skifahrer. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol
6 / 10Wedeln im fluffigen Schnee auf unverspurten Hängen: Davon träumen viele Skifahrer. Foto: Andre Schönherr/TVB Stubai Tirol © Andre Schönherr
Skifahren auf unplanierten Hängen erfordert Übung. Das Wichtigste ist, immer die Geschwindigkeit unter Kontrolle zu halten. Foto: Florian Sanktjohanser
7 / 10Skifahren auf unplanierten Hängen erfordert Übung. Das Wichtigste ist, immer die Geschwindigkeit unter Kontrolle zu halten. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser
Auch im Tiefschnee müssen Skifahrer den Schwerpunkt über den Brettern halten. Zu viel Rücklage ist nicht gut für die Fahrkontrolle. Foto: Florian Sanktjohanser
8 / 10Auch im Tiefschnee müssen Skifahrer den Schwerpunkt über den Brettern halten. Zu viel Rücklage ist nicht gut für die Fahrkontrolle. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser
Ein LVS-Gerät hilft bei der Ortung von Verschütteten unter Schneemassen. Wer im Tiefschnee unterwegs ist, sollte ein solches Gerät dabeihaben und auch den Umgang damit beherrschen. Foto: Florian Sanktjohanser
9 / 10Ein LVS-Gerät hilft bei der Ortung von Verschütteten unter Schneemassen. Wer im Tiefschnee unterwegs ist, sollte ein solches Gerät dabeihaben und auch den Umgang damit beherrschen. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser
Mit Sonde und Schaufel muss man im Ernstfall einer Lawine den verschütteten Bergkameraden befreien. Foto: Florian Sanktjohanser
10 / 10Mit Sonde und Schaufel muss man im Ernstfall einer Lawine den verschütteten Bergkameraden befreien. Foto: Florian Sanktjohanser © Florian Sanktjohanser

Neustift im Stubaital (dpa/tmn) - Girlanden fahren klingt hübsch - und fühlt sich albern, fast demütigend an. Schnurgerade quert Thomas Engl die Piste und drückt rhythmisch die Knie Richtung Hang.

Meint er das ernst? Sollen wir das Skifahren neu lernen? In gewisser Weise ja. Obwohl jeder in diesem Kurs viele Jahre Erfahrung hat - aber eben nur auf der Piste. Nun aber sollen wir auf dem Stubaier Gletscher in drei Tagen lernen, unplanierte Hänge kontrolliert hinabzukurven.

Von der Piste ins Gelände

«Das Hauptproblem beim Umstieg von der Piste ins Gelände ist für viele, dass sie in Rücklage geraten», sagt Engl. «Damit habe selbst ich noch manchmal zu kämpfen.» Dabei ist der 29-jährige Südtiroler Bergführer und damit diplomierter alpiner Alleskönner. Aber auch für ihn gilt: nur wenn man mittig auf dem Ski stehe, über dem Schwerpunkt, könne man ihn mühelos drehen. Klingt logisch.

Bis wir das erste Mal von der Piste in den Tiefschnee fahren. Nach zwei Schwüngen falle ich kopfüber. Ski suchen, weitermachen. «Verliert nicht das Vertrauen, wenn die Skispitzen im Schnee verschwinden», sagt Engl. Überhaupt, sich zu trauen ist wichtig. Statt ängstlich nach einem Schwung die Schultern einzudrehen, sollen wir sie Richtung Tal geöffnet halten. «Nur die Beine bewegen sich», sagt Engl. «Skifahren ist Kniefahren.»

Die Tücken des Tiefschnees

Am zweiten Tag lässt er uns von der Bergstation am Daunjoch mit geschulterten Skiern auf einen Grat stapfen. Die Aussicht ist überwältigend: auf der einen Seite ein Gletschertal, auf der anderen Seite Reihen weißer Gipfel, gekrönt vom Zuckerhütl, dem höchsten Gipfel der Stubaier Alpen. Jauchzen, Gruppenfotos. Und dann Demut lernen. Im schweren Filzschnee scheint das Gelernte mit einem Schlag vergessen. Die Ski kreuzen sich, flattern, verkanten. Buckel hebeln einen aus, Mulden stauchen zusammen.

«Die Geschwindigkeit zu kontrollieren ist das A und O im Gelände», sagt Engl. Immer wieder lässt er uns den Rhythmuswechsel üben: kurze Schwünge für steilere Abschnitte, längere Carving-Schwünge für flache Hänge. Denn ein Sturz im Tiefschnee mag nicht so schmerzhaft sein wie auf einer betonharten Piste. Aber er kann lebensgefährlich sein.

Lawinenkunde

Warum, lernen wir am Abend, beim weniger vergnüglichen Teil dieses Kurses: Lawinenkunde. «Wenn man stürzt, belastet man den Hang mit dem bis zu Zehnfachen des Körpergewichts», erklärt Engl. Und kann so eine Lawine auslösen. Engl erklärt Schwachschichten und Schneebretter. Und wie man einen Lawinenlagebericht liest.

Spätestens jetzt ist allen wieder bewusst, was für ein komplexes Thema Lawinen sind. Zum Glück gibt es ein paar einfache Faustregeln. Die Wichtigste: Bei Warnstufe zwei unter 40 Grad Hangneigung bleiben, bei Stufe drei unter 35 Grad und bei Stufe vier unter 30 Grad.

Warnsignale deuten und Ernstfall üben

«Achtet auf die Alarmzeichen», sagt Engl bei einer Liftfahrt am nächsten Morgen. «Sehr ihr die Gangeln, die kleinen Dünen und Riffel? Sie zeigen Triebschnee an, der vom Wind hierher geblasen wurde.» Wenn er gebunden ist, kann er als Schneebrett abbrechen. Auch Risse in der Schneedecke, Wummgeräusche und spontane Lawinen sind Alarmsignale.

Wer ein Lawinenverschüttetensuchgerät, kurz LVS-Gerät, dabei hat, der muss auch den Umgang damit beherrschen. Denn nach einer Lawine überleben 90 Prozent der Verschütteten die erste Viertelstunde, danach geht der Anteil rapide abwärts. Und bis die Bergrettung kommt, dauert es in der Regel 35 Minuten. Also heißt es: üben, und das jeden Winter. Das steht auch in diesem Kurs auf dem Programm.

Freeriding

Danach wird wieder Ski gefahren. Und langsam läuft es besser. Bis am dritten Tag der Knoten platzt. Und das bei einer simplen Übung, dem Hockeystopp: ein Stück Schuss fahren, dann die Ski quer stellen und abrupt bremsen. Plötzlich stellt sich das Gefühl ein, jederzeit die Kontrolle zu haben. Man beschleunigt nicht mehr ungewollt, fällt nicht mehr bei jedem Buckel in Rücklage. Und versteht in Triebschneemulden, warum Freerider so vom Powdern schwärmen.

Wie ein Spürhund führt uns Engl immer wieder zu relativ unzerfahrenen Hängen, unter einem Liftmasten, im Slalom zwischen Felsen hindurch. Ein weites Tal öffnet sich vor ihm. Und ein steiler Hang. Er gibt einen sehr österreichischen Tipp, bevor er abwärts wedelt. «Denkt euch einfach einen Wiener Walzer. Das ist der richtige Rhythmus.»

Stubai Tirol

Stubaier Gletscher

Anreise: Mit dem Zug oder Flugzeug nach Innsbruck, von dort geht es per Bus weiter ins Stubaital.

Reisezeit: Auf dem Stubaier Gletscher kann man von Oktober bis Juni Skifahren.

Tiefschneekurs: Sie werden von vielen Alpinschulen angeboten. Bei Alpine Welten kostet der dreitägige Kurs auf dem Stubaier Gletscher inklusive Hotel mit Halbpension ab 510 Euro.

Unterkunft: In den Dörfern des Stubaitals gibt es viele Hotels und Pensionen. Wer sich die tägliche Anfahrt zur Talstation sparen will, kann sich auf der Dresdner Hütte mitten im Skigebiet einquartieren.

Informationen: Tourismusverband Stubai Tirol, Dorf 3, 6167 Neustift, Tel.: 0043/501 881 0, E-Mail: info@stubai.at.

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