Update vom 26. August, 9.30 Uhr: Die britische Regierung hat ihre Warnung vor Anschlägen am Kabuler Flughafen bekräftigt. Die Bedrohungslage sei „sehr ernst“, sagte der britische Staatssekretär für die Streitkräfte, James Heappey, am Donnerstagmorgen bei Times Radio. Im Laufe der Woche hätten sich die Hinweise auf mögliche Anschläge verdichtet. „Es besteht eine unmittelbare und ernsthafte Bedrohung.“
Am Mittwochabend hatten mehrere westliche Staaten eine erhöhte Terrorgefahr um den Kabuler Flughafen gemeldet. Neben Großbritannien riefen auch die USA und Australien ihre Staatsbürger auf, das Gebiet zu meiden. Dänemark hat seine Evakuierungsmission bereits beendet. Auch Frankreich plant, seine Rettungsmission am Freitag einzustellen. „Von morgen Abend an können wir nicht länger Evakuierungen vom Flughafen Kabul aus durchführen“, sagte Premierminister Jean Castex am Donnerstag.
Update vom 26. August, 8.45 Uhr: Die Bundesregierung hofft weiterhin darauf, mit den Taliban zivile Evakuierungsmöglichkeiten nach Ende der militärischen Luftbrücke auszuhandeln. Das sagte Außen-Staatsminister Niels Annen (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. Er nannte es „bedauerlich, dass wir die Luftbrücke nicht weiterführen können.“
„Die Bundesregierung hat seit Beginn der Evakuierung auf mehreren Ebenen nach Lösungen parallel zur Luftbrücke gesucht“, betonte Annen. „Wir sind daher im Gespräch mit den Taliban in Doha wie auch mit Nachbarländern Afghanistans - etwa Pakistan -, um die Evakuierung auf ziviler Basis auch nach dem 31. August weiterzuführen.“
Update vom 26. August, 8.15 Uhr: Die Bundeswehr hat ihre Evakuierungsmission für Deutsche und einheimische Ortskräfte in Afghanistan am Donnerstagmorgen fortgesetzt. Gegen 7.15 Uhr MESZ startete in der usbekischen Hauptstadt Taschkent ein Transportflugzeug A400M in Richtung Kabul, wie das Einsatzführungskommando auf Twitter mitteilte. Es soll dort weitere Schutzsuchende aufnehmen.
Am Vorabend hatte die Bundeswehr mit dem letzten von mehreren Flügen am Mittwoch 167 Menschen aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen. „Insgesamt 5193 Personen konnten seit Beginn der Evakuierungsmission durch die Bundeswehr in Sicherheit gebracht werden - allein gestern waren es 539 zu Schützende“, schrieb das Verteidigungsministerium am Donnerstag auf Twitter. „Wir evakuieren bis zur letzten Sekunde.“
Erstmeldung vom 26. August, 7.25 Uhr:
Kabul – Jetzt steht fest: Der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan endet noch diese Woche. Die letzten deutschen Soldatinnen und Soldaten sollen am Freitag aus Kabul ausgeflogen werden. Am Dienstag (31. August) steht der finale Abzug der US-Truppen an. Am Flughafen Kabul hoffen Tausende Menschen weiterhin auf eine Evakuierung. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach am Mittwoch von der „gefährlichsten Phase der Evakuierungsmission“. Die Zeit für Evakuierungen läuft nun davon. Gleichzeitig steigt die Gefahr von Terroranschlägen am Flughafen.
Denn kurz vor dem mutmaßlichen Ende der militärisch gesicherten Evakuierungen spitzt sich die dortige Sicherheitslage dramatisch zu. So warnen die deutsche Botschaft in Afghanistan und weitere Stellen vor Terrorgefahr rund um den Flughafen der Hauptstadt. „Aufgrund der Sicherheitsbedrohungen vor den Toren des Flughafens Kabul raten wir US-Bürgern, derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden“, teilte etwa auch die US-Botschaft in der Nacht zu Donnerstag mit - ohne die Bedrohungslage genauer zu benennen. Es gebe eine Gefahrenlage an den Toren des Flughafens, warnte die Botschaft in der Nacht zu Donnerstag. „US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhalten, sollten das Gebiet sofort verlassen“, hieß es weiter.
Auch die britische Botschaft forderte ihre Bürgerinnen und Bürger in Afghanistan auf, sich an einen sicheren Ort zu begeben und weitere Anweisungen abzuwarten.
In einem Schreiben warnte die deutsche Botschaft ihre Staatsbürger vor Schießereien und Terroranschlägen. Bereits am Dienstag hatte die Bundeswehr berichtet, das zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat in Kabul unterwegs seien. Ähnlich hatte sich US-Präsident Joe Biden geäußert. Praktisch täglich versuche ein örtlicher Ableger des IS, den Flughafen anzugreifen, hatte er erklärt. Die Terrormiliz sei auch ein „erklärter Feind“ der militant-islamistischen Taliban.
Auch die Türkei hat damit begonnen, ihre Soldaten abzuziehen. Damit dürfte auch die zeitweise besprochene Option vom Tisch sein, dass türkische Truppen den internationalen Flughafen in Kabul über das Ende des Nato-Einsatzes hinaus sichern. Unklar ist, ob Menschen auch nach dem 31. August über den Flughafen ausreisen können.
Die US-Regierung betonte, dass es keine „Frist“ für ihre Bemühungen gebe, ausreisewilligen US-Amerikanern oder Afghanen zu helfen. Die Taliban hätten sich verpflicht, Menschen über den 31. August hinaus sicheres Geleit zu ermöglichen, sagte Außenminister Antony Blinken. „Und wir haben sicherlich Anreize und Druckmittel gegenüber einer zukünftigen afghanischen Regierung, um sicherzustellen, dass dies geschieht“, sagte Blinken weiter ohne ins Detail zu gehen.
Ein UN-Bericht stellt nun fest: Die Sicherheitslage in Afghanistan* ist seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban weitgehend ruhig. Das geht aus einem wöchentlichen Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor, der am Mittwochabend veröffentlicht wurde. In den allermeisten Regionen des Landes sei die Sicherheitssituation im Berichtszeitraum - der Woche nach der Taliban-Machtübernahme - vergleichsweise ruhig. (aka/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.
Lesen Sie auch: In Afghanistan will der Sohn eines bekannten Taliban-Gegners* Widerstand formieren. Im Pandschir-Tal versammelt er Kämpfer um sich.