Trotz US-Sanktionen: Merkel verteidigt Gaspipeline Nord Stream 2 - und setzt damit ein Zeichen

Angela Merkel und Wladimir Putin sollen sich am Samstag für einen Arbeitsbesuch in Moskau treffen. Kurz vor dem Treffen wurde nun ein ukrainischer Soldat getötet.
- Angela Merkel soll am Samstag für einen Arbeitsbesuch zu Wladimir Putin nach Moskau reisen.
- Am Freitag, nur einen Tag vor dem geplanten Treffen, ist ein ukrainischer Soldat in der Ostukraine getötet worden.
- Zudem äußerte Polen vorab Kritik an der Ostsee-Pipeline.
Update vom 29. Juli 2020: Die USA versuchen weiterhin das Projekt Nord Stream 2 zu verhindern. Ein österreichisches Unternehmen, das als Investor an der Pipeline beteiligt ist, fordert die europäische Politik auf zu handeln.
Update 17.38 Uhr: Die US-Sanktionen werden die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2 nach Einschätzung des russischen Präsidenten Wladimir Putin möglicherweise bis 2021 verzögern. „Wir werden das sicherlich eigenständig zu Ende bringen - unabhängig und ohne Beteiligung von ausländischen Partnern“, sagte der Kremlchef am Samstag bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kreml in Moskau. Das Bauende werde zwar um einige Monate nach hinten rücken. „Ich hoffe, dass die Arbeit bis Ende des laufenden Jahres oder im ersten Quartal des kommenden Jahres abgeschlossen wird und die Gasleitung in Betrieb genommen wird“, sagte er.
US-Sanktionen hatten das Projekt zunächst gestoppt, weil die Schweizer Firma Allseas aus Angst vor Strafen ihre Spezialschiffe abzog. Um die Röhren am Grund der Ostsee zu verlegen, sind spezielle Schiffe nötig. Die USA begründeten ihr Vorgehen gegen Nord Stream 2 mit dem Schutz der Energiesicherheit in Europa.
Putin fügte hinzu, dass er die Haltung und Unterstützung der Bundesregierung zu dem Energieprojekt schätze. Merkel betonte abermals, dass es sich bei Nord Stream 2 um ein rein wirtschaftliches Projekt handle. Mehrere EU-Staaten und die Ukraine sind gegen das Projekt. Die USA stehen in der Kritik, sie wollten ihr eigenes, teuer produziertes Flüssiggas in Europa verkaufen. Merkel hatte zuvor deutlich gemacht, dass sich Deutschland nicht von den US-Sanktionen beeinflussen lasse.
Merkel zu Gast bei Putin: Kanzlerin hofft auf bessere Vereinbarung für humanitäre Hilfe in Syrien
Update 17.30 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bei ihrem Besuch in Moskau für die Öffnung eines weiteren Grenzübergangs für humanitäre Hilfslieferungen nach Syrien eingesetzt. Nach einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte die Kanzlerin am Samstag: „Ich freue mich, dass es in der letzten Nacht gelungen ist, zumindest zwei humanitäre Übergänge in Richtung Idlib wieder offen zu halten, denn es gibt dort eine große Not der Menschen“. Sie hoffe, „dass wir noch einen weiteren humanitären Übergang bekommen, in Richtung Nordosten Syriens - da gibt es auch Bereitschaft, Gespräche weiter zu führen“.
Nach wochenlanger Blockadehaltung Russlands hatte sich der UN-Sicherheitsrat kurz vor Ablauf einer Frist auf die Offenhaltung von Hilfswegen nach Syrien geeinigt. Statt wie bislang über vier können humanitäre Güter aber nur noch über zwei Grenzübergänge ins Land gebracht werden. Der vor allem für medizinische Güter wichtige Übergang Al-Jarubija im Osten an der Grenze zum Irak sowie ein weiterer an der Grenze zu Jordanien im Süden sind künftig für den UN-Mechanismus geschlossen. Der Kompromiss könnte mehr als eine Million Notleidende im Nordosten Syriens von Lieferungen abschneiden.
Russland steht im Syrien-Konflikt auf der Seite von Präsident Baschar al-Assad. Das russische Militär hat Assad geholfen, weite Teile des Landes wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Die Lage in dem arabischen Land habe sich „stabilisiert“, sagte Putin - „die staatlichen Strukturen werden wieder aufgebaut“.
Trotz US-Sanktionen: Merkel und Putin wollen an der Nord Stream 2 festhalten - und setzen damit ein Zeichen
Update 16.31 Uhr: Trotz Meinungsverschiedenheiten - vor allem auf den Bezug auf die Ukraine - betonte Kanzlerin Angela Merkel zu Gast beim russischen Präsidenten Wladimir Putin, gebe es viele Verbindungen zwischen Deutschland und Russland. Neben wirtschaftlichen Verbindungen sprach die Kanzlerin dabei auch wissenschaftliche Zusammenarbeit der deutschen und russischen Universitäten an.
Die von US-Sanktionen belegte Gaspipeline Nord Stream 2 sei durch die europäische Gesetzgebung gesichert. Man wolle daran festhalten, sagte Merkel weiter. Sie betonte, dass auch ein guter Gasabschluss für den Transit durch die Ukraine abgeschlossen worden sei. „Deutschland und die anderen EU-Länder die von Nord Stream 2 profitieren, haben außerdem ein Interesse an einer Diversifizierung ihrer Gasversorgung und werden das auch weiter verfolgen.“ Damit will die Kanzlerin Vorwürfen entgegentreten, man mache sich mit Nord Stream 2 von Russland abhängig. „Wir beziehen derzeit ja bereits Gas durch die Nord Stream 1“, sagte Merkel. Aber das sei ja wohl kein Geheimnis, schob die Kanzlerin nach.
Auf die Frage einer Journalistin hin, machte Merkel noch einmal deutlich, dass Deutschland sich in der Verfolgung der eigenen Interessen nicht von den US-amerikanischen Interessen beeinflussen lassen werde. Auch nicht, wenn die USA die Ostsee-Gaspipeline mit Sanktionen versuchten zu verhindern. Merkel setzt damit ein klares Zeichen gegenüber den USA. Sie fügte hinzu, dass Deutschland die amerikanische Sanktionspolitik nicht gut heiße. Dabei bezog sich die Kanzlerin womöglich bewusst nicht nur auf die Diskussion bezüglich der Nord Stream 2 und könnte damit indirekt die Sanktionspolitik von US-Präsident Donald Trump gegen den Iran, China und andere Länder kritisieren.
Auch mit Blick auf die Konflikte im Nahen Osten habe man Punkte der Einigung gefunden. Merkel lobte den Vorstoß der Gespräche von Putin mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Auch zum Iran-Konflikt hatten die Regierungschefs gesprochen. „Unsere Überzeugung ist, dass der Iran keine Atomwaffen haben oder bekommen sollte. Deshalb werden wir alle diplomatischen Mittel nutzen“, sagte die Kanzlerin. Merkel forderte außerdem eine „schonungslose Aufklärung“ bezüglich des Flugzeugabschusses, zu dem sich die iranische Regierung nach einigen Tagen bekannt hat.
Kanzlerin Merkel in Russland: Putin unterstützt Libyen-Konferenz
Kremlchef Wladimir Putin will die von Deutschland angestoßene geplante Friedenskonferenz in Berlin für das Bürgerkriegsland Libyen unterstützen. „Einige Sachen bedürfen noch der Vorarbeit, aber es wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung“, sagte der russische Präsident am Samstag bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kreml in Moskau. Dies müsse jedoch mit der libyschen Seite genau abgestimmt sein.
Merkel betonte, sie hoffe, dass die russischen Bemühungen um einen Waffenstillstand in Libyen zum Erfolg führen würden. „Eine solche Berliner Konferenz kann nur der Auftakt sein für einen längeren Prozess“, sagte sie in Moskau. Die Konferenz solle unter der Führung der Vereinten Nationen zustandekommen. Es sei wichtig, dass die Interessen der Libyer selbst dabei im Vordergrund stünden.
Die Bundesregierung bemüht sich seit Monaten um eine politische Lösung für Libyen. Eine Konferenz mit internationalen Konfliktparteien war eigentlich schon für Ende 2019 angedacht und dann auf Januar geschoben worden. Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mahnten am Mittwoch eine Waffenruhe an. Die Konfliktparteien sollten demnach um Mitternacht in der Nacht zum Sonntag ihre Feindseligkeiten einstellen.
In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi 2011 Bürgerkrieg. Russland steht in dem Konflikt aufseiten des einflussreichen Generals Chalifa Haftar, an dessen Seite russische Söldner kämpfen sollen. Putin antwortete auf eine Frage nach Berichten über russische Söldner, die mit den Truppen Haftars kämpfen, sollte es dort russische Staatsbürger geben, „so vertreten sie dort nicht die Interessen des russischen Staates“. In Libyen befänden sich Söldner aus verschiedenen Staaten, auch solche, die zuvor in der syrischen Provinz Idlib gekämpft hätten.
Haftar kontrolliert mit seiner selbst ernannten Libyschen Nationalarmee (LNA) Gebiete im Osten des Landes, will aber die Macht über das ganze Land. Haftars Truppen versuchen, die Hauptstadt Tripolis einzunehmen, in der die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch ihren Sitz hat.
Merkel trifft Putin: Gespräche über Iran und Ostukraine - „Miteinander zu sprechen ist besser, als...“
Update um 15.47 Uhr: Das Vier-Augen-Gespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dauert wohl länger als erwartet. Im Anschluss an das Gespräch soll eine Pressekonferenz stattfinden, die zunächst gegen 15 Uhr erwartet wurde. Der Termin verzögert sich jedoch. Angesichts von Angela Merkels Bemerkung "Es gibt viel zu besprechen" vor Beginn der Gespräche ist das aber wohl nicht verwunderlich. In der Tat ist die Themenliste lang: Inhalte der Unterredungen sind nach Angaben der Bundesregierung aktuelle internationale Fragen wie die Krisen im Iran, in Syrien, im Irak, in Libyen sowie in der Ukraine
Merkel trifft Putin - auch Iran-Konflikt ist Thema
Update um 13.06 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zu Gesprächen über die Krisenherde im Nahen und Mittleren Osten am Samstag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau zusammengekommen. Die Konflikte in Libyen und Syrien und auch die Lage im Iran sollen bei der Unterredung im Kreml im Mittelpunkt stehen. Merkel betonte bei der Begrüßung, gerne nach Moskau gereist zu sein. Deutschland und Russland hätten viele gemeinsame Interessen. „Miteinander zu sprechen ist besser, als übereinander zu sprechen“, sagte sie.
Interessant wird auch sein, ob Merkel und Putin über nächste Schritte zu einer Friedenslösung für die Ostukraine sprechen. Ein nächstes Treffen im sogenannten Normandie-Format könnte im Frühjahr in Berlin stattfinden.
Merkel trifft Putin: Diskussion um Ostsee-Pipeline - „Worst-Case-Szenario“
Update vom 11. Januar, 8.51 Uhr: Polen hat vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin scharfe Kritik an der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 geäußert. "Nord Stream 2 ist ein Schritt in die falsche Richtung", sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der Welt. Es gebe ein "Worst-Case-Szenario", das es zu vermeiden gelte: "Moskau darf nie in der Lage sein, die EU mit einem Gaslieferstopp zu erpressen."

Zugleich hat der polnische Regierungschef nach eigenen Worten kaum Hoffnung auf einen Stopp des Projekts durch die jüngsten US-Sanktionen. Sie würden das Projekt vermutlich "verzögern, aber nicht beenden", glaubt Morawiecki. "In Polen wäre es uns natürlich am liebsten, der Bau von Nord Stream 2 wäre nie begonnen worden."
Merkel wird mit Putin unter anderem über die Ostsee-Pipeline sprechen
Merkel trifft Putin diesen Samstag in der russischen Hauptstadt Moskau. Dabei wird es unter anderem um die Zukunft der Ostsee-Pipeline gehen. Die USA hatten Sanktionen gegen die Firmen verhängt, die bisher die unterseeischen Rohre verlegt hatten. Die Fertigstellung der umstrittenen Pipeline hatte Russland bis Ende 2020 zugesagt. Es könne die abschließenden Arbeiten selbst vornehmen.
Morawiecki verteidigte in dem Interview mit der Welt zugleich Polens Energiepolitik. Das Land ist derzeit zu 80 Prozent von Kohle abhängig. Polens Energiemix sei "die Folge von Entscheidungen, die die Sowjetunion für uns getroffen hat", sagte Morawiecki. Polen stimme mit dem grundsätzlichen Ziel, dass Europas Energieversorgung umweltschonender werden müsse, überein. "Gleichzeitig bitten wir unsere Partner anzuerkennen, dass Polen einen längeren Weg zur Kohlenstoffneutralität zurücklegen muss als viele andere EU-Staaten", sagte Morawiecki.
Vor Treffen von Merkel und Putin: Ukrainischer Soldat getötet
Erstmeldung vom 10. Januar 2020: Kiew - Nur einen Tag vor einem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ist ein ukrainischer Soldat in der Ostukraine getötet worden. Ein weiterer sei verwundet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Freitag mit. Von Seiten der durch Moskau unterstützten Separatisten habe es insgesamt sechs Verstöße gegen den geltenden Waffenstillstand gegeben. Die Donezker und Luhansker Aufständischen warfen wiederum Kiew den Bruch der Waffenruhe vor.
Vor Treffen von Merkel und Putin: Ukrainischer Soldat getötet
Anfang Dezember war in Paris bei einem Gipfel-Treffen unter anderem vereinbart worden, dass es eine dauerhafte Waffenruhe von Ende 2019 an geben sollte. Bei dem Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Putin - das erste der beiden Staatschefs überhaupt - vermittelten Merkel und Frankreichs Staatsoberhaupt Emmanuel Macron. Zuvor ist der Russland-Ukraine-Konflikt mit einem Angriff russischer Grenzboote auf Schiffe der ukrainischen Marine im Dezember erneut eskaliert.
Seit Herbst 2014 hat es mindestens 20 Versuche gegeben, eine Waffenruhe dauerhaft durchzusetzen. In dem seit April 2014 währenden Konflikt sind UN-Schätzungen nach bislang rund 13 000 Menschen getötet worden. Am Samstag wird Merkel auf Einladung von Putin zu einem kurzen Arbeitsbesuch in Moskau erwartet. Neben der Ukraine sollen auch die Konflikte in Syrien und Libyen Thema sein.
Treffen von Merkel und Putin: Ein heikler Besuch
Es ist ein heikler Besuch in politisch aufgeheizter Lage, schreibt die dpa. Ein kurzfristig angesetztes Krisengespräch sei das Treffen aber nicht, wird in Berlin und Moskau betont. Merkel wird von Außenminister Heiko Maas begleitet. Der US-Angriff auf Irans Top-General Ghassem Soleimani im Irak ist nach Moskauer Angaben nicht der Grund für die Einladung nach Russland. Auch in Berlin wird Wert auf die Feststellung gelegt, dass der Besuch schon vor Weihnachten geplant worden sei - also lange vor der jüngsten Eskalation im Iran-Konflikt.
All diese Themen werden auch bei Putins traditioneller Rede zur Lage der Nation eine Rolle spielen.
dpa/nai
In Libyen tobt seit 2001 Bürgerkrieg. Erdogan und Putin sind bei einem Vermittlungsversuch gescheitert. Jetzt schaltet sich die Kanzlerin ein.