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Fernsehzuschauer sollen persönliche Daten an AfD-Politiker weitergeben - viele reagieren entsetzt

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Von: Daniel Geradtz

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Moderator Lars Sänger übergibt Björ Höcke die Mappe mir den Zuschauerfragen.
Moderator Lars Sänger übergibt Björ Höcke die Mappe mir den Zuschauerfragen. © Screenshot MDR

Der MDR ruft seine Zuschauer auf, Fragen für ein Sommerinterview mit Björn Höcke zu schicken. Obwohl die Sache einen Haken hat, ist die Beteiligung enorm groß.

Leipzig - Alle Jahre wieder ist es im Sommer so weit: Wenn sich ansonsten nicht viel tut in der Politik und die Parlamentarier im Urlaub sind, werden Politiker zu Sommerinterviews gebeten. Während bei den großen öffentlichen-rechtlichen und privaten TV-Sendern Bundespolitiker zu Wort kommen, geben Regionalprogramme den Politikern aus ihren Verbreitungsgebieten die Möglichkeit, sich zu den wichtigsten Themen zu äußern.

Der MDR ist innerhalb der ARD für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig. Angesichts der bald bevorstehenden Landtags- und Kommunalwahlen erhalten die Sommerinterviews dieser öffentlich-rechtlichen Anstalt eine ganz besondere Aufmerksamkeit. Zu Gast sind in diesem Jahr die Spitzenkandidaten verschiedener Parteien für die Landtagswahl in Thüringen. Nachdem bereits Anja Siegesmund (Grüne) und Wolfgang Tiefensee (SPD) auf Sendung waren, folgte am Freitag Björn Höcke (AfD). Der Polit-Talk mit Anne Will befindet sich noch in der Sommerpause, doch die Moderatorin meldete sich zur SPD zu Wort.

Björn Höcke: Zuschauer können dem AfD-Politiker Fragen stellen

Um den Auftritt Höckes gab es schon im Vorfeld Diskussionen. Es wurde infrage gestellt, ob einem Politiker seiner Couleur ein solcher Rahmen geboten werden solle. Auch eine andere Sache gab einen Redeanlass. Es geht um den Inhalt einer Mappe, die Höcke durch den Moderator Lars Sängers überreicht wurde. Darin befanden sich Fragen und Kontaktdaten einiger Zuschauer.

Denn die Zuschauer haben in den Sommerinterviews des Senders die Möglichkeit, ihre Fragen an die Politiker zu richten. Dafür ist im Rahmen des etwa 35-minütigen Gesprächs natürlich nur begrenzt Zeit. Stimmen die Zuschauer allerdings zu, können die offenen Fragen an den jeweiligen Politiker überreicht werden. Dabei sind dann auch die Kontaktdaten enthalten, die sie freiwillig oder unfreiwillig angeben. Denn einen Teil der Daten müssen sie verpflichtend beim Einreichen einer Frage hinterlassen - ein anderer Teil ist optional.

Björn Höcke: MDR rechtfertigt sich und relativiert Aussagen der User

Dass Höcke so in den Besitz personenbezogener Daten von teils kritischen Fragestellern gelangt, regt einige User in den sozialen Netzwerken auf. Auf Twitter schreibt ein User: „Ein öffentlich rechtlicher Sender lädt den Führer der Faschisten Hoecke zum Sommerinterview ein. Fragen können mit Angabe der Adresse und Klarnamen eingereicht werden. Daten gehen an Hoecke. Hier meine Frage: @mdrde Hackts völlig?“

In einem Tweet rechtfertigt der MDR seine Vorgehensweise. Der Sender schreibt: „Wir geben nur Fragen weiter, wenn die Fragenden das möchten. Anschriften werden nicht abgefragt & werden deshalb auch nicht weitergegeben.“ Damit zeigt der Sender, dass in der Netz-Diskussion einige Unwahrheiten verbreitet werden.

MDR-Sommerinterview: Fragen-Stapel bei Höcke so groß wie bei keinem anderen Politiker

In einer Aneinanderreihung von Tweets setzt sich in anderer User mit dem Verhalten des MDR auseinander. Er fragt unter anderem: „3. Warum möchtet Ihr bei der Eingabe von Zuschauerfragen Name (!), Emailadresse (!) und Anschrift (!!!) der ZuschauerInnen an #Höcke weiterleiten? Eure Antwort ist übrigens falsch. Anschriften werden abgefragt! 4. Habt Ihr schon einmal von rechtsextremen #Todeslisten gehört?“

Ein anderer rief die Zuschauer im Vorfeld der Sendung dazu auf, fleißig Fragen an Höcke zu schicken. „Der #mdr bittet darum, Fragen an Björn #Höcke für das Sommerinterview zu stellen. (...) Bitte ballert den MDR mit den Fragen zu Landolf Ladig zu, eine Auswahl findet sich unten. Auf gehts“

Ob sich die MDR-Zuschauer dazu ermutigt gefühlt haben, ist nicht bekannt. Fest steht jedenfalls, dass Björn Höcke extrem viele Fragen mit auf den Weg gegeben worden sind. Das wird an der Mappe deutlich, die ihm übergeben worden ist. Die Pakete für Wofgang Tiefensee und Anja Siegesmund waren in den vergangenen Ausgaben des MDR-Sommerinterviews deutlich dünner.

Demnächst wird auch Mike Mohring, der Spitzenkandidat der CDU bei der Landtagswahl in Thüringen beim MDR-Sommerinterview zu Gast sein. Kürzlich sorgte auch das Sommerinterview des ZDF mit Manuela Schwesig für Aufsehen. In der letzten Ausgabe der ZDF-Sommerinterviews für dieses Jahr war FDP-Chef Christian Lindner zu Gast.

Spontan und sachkundig auf Bürgerfragen zu antworten, ist eine „Königsdisziplin“ für Politiker. Alexander Gauland wollte sich in der ARD darauf nicht einlassen.

dg

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