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Riesiger Preisanstieg für Fleisch: Ministerin Klöckner macht nach Tönnies-Skandal wohl ernst

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Fleischbetriebe stehen nicht erst seit Corona in der Kritik. Agrarministerin Julia Klöckner will mit einer steilen Preiserhöhung für mehr Nachhaltigkeit sorgen.

Update vom 26. Juni, 19.40 Uhr: Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fordern strengere Regeln für die Schlachtindustrie. Die Arbeits- und Agrarminister beider Länder (alle CDU) legten dazu am Freitag ein gemeinsames Zehn-Punkte-Papier vor. „Die Selbstverpflichtungen der Schlacht- und Zerlegeindustrie sind gescheitert“, heißt es darin. „Wir brauchen jetzt einen Systemwechsel in der Branche mit klaren rechtlichen Vorgaben.“ Die Arbeitsbedingungen, der Gesundheitsschutz, die Wohnverhältnisse der Arbeiter und staatliche Kontrollen müssten verbessert werden.

Tönnies-Skandal bewirkt Gesinnungswandel in der Politik: Zehn-Punkte-Papier mit strengen Forderungen

Konkret unterstützen die Länder unter anderem den Plan des Bundes, das Schlachten und die Fleischverarbeitung von Januar 2021 an nur noch durch Arbeitskräfte des eigenen Betriebs zu gestatten. Intransparente Werkverträge sollen damit der Vergangenheit angehören. Pauschale Lohnabzüge etwa für die Unterbringung sollten abgeschafft und eine elektronische Erfassung der Arbeitszeit eingeführt werden. Außerdem fordern die Minister „deutlich schärfere und häufigere Kontrollen“ sowie höhere Bußgelder bei Regelverstößen.

„Zu lange hat für einige Betriebe eine organisierte Verantwortungslosigkeit gegolten“, sagte Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann. Sein niedersächsischer Kollege Bernd Althusmann ergänzte, die gehäuften Corona-Fälle an Schlachthöfen seien kein Zufall: „Sie belegen leider vielmehr, dass ein Systemwechsel in der Branche überfällig ist, weil eklatante Missstände bei der Unterbringung vieler Beschäftigter, über die seit Jahren regelmäßig diskutiert wird, offenbar immer noch nicht ausreichend kontrolliert und sanktioniert werden.“

Tönnies-Skandal: Landwirtschaftsministerin fordert Umbruch für Fleischbranche

Update vom 26. Juni, 11.46 Uhr: Vor einem Branchengespräch zu den Bedingungen in der Fleischindustrie hat die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) die Notwendigkeit eines Umbruchs betont. „Die Zukunft wird sicherlich anders aussehen, als die Gegenwart aussieht“, sagte Heinen-Esser am Freitag in einem Interview mit dem Sender WDR 5. Im Interesse von Mitarbeitern, Landwirten und Tieren müsse es dringend Änderungen geben. Allerdings betonte die Ministerin auch, wie schwierig es sei, in einem eingespielten System Veränderungen herbeizuführen: „Der Handel wird sicherlich schwierig zu überzeugen sein, von Lockvogel-Angeboten abzusehen.“

Erstmeldung vom 26. Juni, 9.19 Uhr: Berlin - Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will, dass Fleisch künftig teurer wird. Vor dem Branchengespräch zur Nutztierhaltung und der Lage in der Fleischindustrie hat Klöckner einen Preisaufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch angeregt. Mit den zusätzlichen Mitteln könnten die Tierhalter ihre Ställe umbauen. Außerdem soll so mehr Nachhaltigkeit herrschen, so Klöckner zum SWR am Freitag. Sie wolle überprüfen, ob Werbung mit Dumpingpreisen für Fleisch verboten werden könne.

Halbierte Schweine hängen im Schlachthof in Niedersachsen.
Halbierte Schweine hängen im Schlachthof in Niedersachsen. © dpa / Mohssen Assanimoghaddam

In Deutschland seien Fleisch und Wurst zu billig, erklärte Klöckner. Im europäischen Vergleich sei dies einzigartig. Dumping- und Lockpreise gebe es nur in Deutschland. "Mir geht es nicht darum, dass Fleisch und Wurst Luxusprodukt für Reiche werden sollen, aber eine Alltags-Ramschware wird auch aus ethischen Gesichtspunkten dem nicht gerecht. Tiere sind nicht irgendeine Ware, sondern Mitgeschöpfe. Und da gehört auch Wertschätzung dazu."

Kommt eine europaweite Kennzeichnung für Tierwohl?

Die Bundesrepublik werde sich für eine europaweite Tierwohl-Kennzeichnung einsetzen. "Ich bin auch für bessere Kennzeichnung, dass man auch erkennen kann in den Kantinen, in der Gastronomie, wo was herkommt", sagte Klöckner. Die aktuellen Standards, die im Tierschutzgesetz geregelt seien, seien zu niedrig. "Wir brauchen mehr Tierwohl und das soll auch mit einer staatlichen Kennzeichnung geschehen."

Die Ministerin hat nach den Corona-Ausbrüchen zu einem Austausch über die Zukunft der Nutztierhaltung eingeladen. Dabei sollen in Düsseldorf Vertreter der Landwirtschaft, der Schlachtereien, der Ernährungswirtschaft, des Lebensmittelhandels und der Verbraucher darüber diskutieren. Ebenso wurde das Kartellamt, Tierschützer und Veterinäre eingeladen, wie das Landwirtschaftsministerium angab. (cg mit dpa - *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks. Erfahren Sie hier alles zur Corona-Chronologie und den aktuellen Corona-Zahlen.)

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