Empfänger waren Privatpersonen, Personen des öffentlichen Lebens sowie Behörden und Institutionen. Die Schreiben enthielten massive verbale Beleidigungen wie „Abfallprodukte“, „Volksschädling“ oder drastische Schimpfwörter gegen Menschen mit türkischen Wurzeln. Gedroht wurde unter anderem mit „Verpiss dich lieber, solange du hier noch lebend rauskommst“ oder damit, dass Familienangehörige „mit barbarischer sadistischer Härte abgeschlachtet“ würden.
Zur Verstärkung der Drohwirkung soll der Verfasser nicht frei zugängliche Daten der ausschließlich weiblichen Adressatinnen genannt haben. „Nach dem Ergebnis der Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er diese unter Einsatz einer Legende erlangt hat, indem er vorgab, Bediensteter einer Behörde zu sein“, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Der Verdacht, Polizeibeamte könnten an der Datenabfrage beteiligt gewesen sein, hat sich laut Staatsanwaltschaft nicht bestätigt.
Dem Mann werden in 67 Fällen folgende Vergehen zur Last gelegt: Beleidigung, versuchte Nötigung, Bedrohung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Besitz kinder- und jugendpornografischer Schriften sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz.
Der Beschuldigte ist den Ermittlern zufolge vorbestraft und wurde zuletzt 2014 verurteilt. Bereits im Jahr 1992 gab er sich als Kriminalbeamter aus und wurde in diesem Zusammenhang wegen Amtsanmaßung verurteilt. Auf seine Spur kamen die Ermittler nach eigenen Angaben durch akribische Ermittlungsarbeit vor allem in Internetblogs und -foren. auf der Plattform „PI-News“ stieß die Polizei auf einen Nutzer, dessen Beiträge in Form und Duktus Ähnlichkeiten mit den „NSU 2.0“-Drohschreiben aufwiesen. Sprachwissenschaftliche Gutachten stützten diesen Verdacht.
Über Internetrecherchen wurde dann auf einer Schachplattform ein namensgleiches Profil gefunden und weitere über die genutzte IP-Adresse. Aus den Drohschreiben und den Onlinekommentaren ergaben sich zudem zahlreiche Bezüge zu Berlin und dort zum direkten Wohnumfeld des Beschuldigten. Anfragen beim Betreiber der Schachplattform zu den verdächtigen Profilen sowie Bestandsdatenabfragen bei Telefonanbietern führten schließlich im April zur Identifizierung des Verdächtigen. Das Landgericht Frankfurt entscheidet nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens. (dpa/AFP)