Papst will Flüchtlinge mit nach Rom nehmen

Mytilini - Papst Franziskus besucht in schwierigen Zeiten die griechische Insel Lesbos. Er spricht von einer traurigen Reise angesichts der Menschen, die im Meer ums Leben kamen. Eine Geste sorgt für Aufsehen.
Dramatischer Appell: Papst Franziskus und orthodoxe Würdenträger haben von der griechischen Insel Lesbos aus die Welt zur Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen. „Wir hoffen, dass die Welt die Bilder dieser tragischen und verzweifelten Not sieht und auf eine Weise reagiert, die unserer gemeinsamen Menschlichkeit angemessen ist“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Samstag bei einer Ansprache vor Insassen des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos. Tausende warten dort hinter meterhohem Stacheldraht auf ihre Rückführung in die Türkei - so wie es der umstrittene EU-Flüchtlingspakt vorsieht.
In einer gemeinsamen Erklärung drückten Franziskus und die orthodoxen Kirchenführer Bartholomaios I. und Heronymus II. ihre tiefe Besorgnis über die tragische Situation der Flüchtlinge, Migranten und Asylsuchenden aus. „Die Welt kann die kolossale humanitäre Krise nicht ignorieren, die durch die Verbreitung von Gewalt und bewaffneten Konflikten entsteht“, heißt es darin.
„Du bist unsere Hoffnung“
Einige Wartende trugen Plakate mit Slogans wie „Wir wollen Freiheit“ und „Du bist unsere Hoffnung“. Unter ihnen waren Jesiden, Pakistaner und Kurden. Eine Frau flehte ihn an, er solle sie mitnehmen. Andere sagten, sie steckten in Griechenland fest, während ihre Familien in Deutschland seien
In einem Zelt sprach der Papst mit Migrantenfamilien, gab vielen Männern die Hand. Kinder zeigten und schenkten dem Pontifex Zeichnungen aus ihrem Leben. Das katholische Kirchenoberhaupt begrüßte die Frauen mit einem freundlichen Kopfnicken, die Hand gab er ihnen nicht - wohl aus Rücksicht auf kulturelle Gepflogenheiten in der islamischen Welt.
Einem weinenden jungen Mann legte er lange die Hand auf den Kopf. „Vater, gib mir Deinen Segen“, flehte der Mann den Papst an. Einige Migranten schilderten Franziskus ihre schlimmen Erfahrungen, die sie vor ihrer Flucht gemacht hätten.
Im Lager Moria wollten die drei Kirchenführer mit acht Migranten zu Mittag essen. Zudem wollten sie eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen und für die Menschen beten, die auf der Flucht ihr Leben in der Ägäis verloren haben. Am Nachmittag war der Rückflug des Papstes nach Rom geplant.
"Es ist eine traurige Reise"
„Es ist eine traurige Reise. Wir treffen auf die größte humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte das Kirchenoberhaupt während des Fluges nach Lesbos. Er erwarte auf Lesbos „viele Menschen, die leiden, die nicht wissen, wohin, die fliehen mussten“, sagte der 79-Jährige. Zudem führe die Reise auch auf einen „Friedhof“ im Meer, wo viele Flüchtlinge gestorben seien.
Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras empfing das Kirchenoberhaupt am Flughafen Mytilini. Der Papst bedankte sich beim griechischen Volk, das den Flüchtlingen geholfen hat. Tsipras betonte, es müsse eine sichere Route geschaffen werden, für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen. Er kritisierte den Bau von Zäunen, die Staaten auf der Balkanroute errichteten, um die Menschen „davon abzuhalten, Sicherheit zu finden“. Der Besuch des Papstes sei „ein historisches Ereignis“, sagte Tsipras.
Zum Abschluss der Reise wollte der Papst am Hafen von Mytilini gemeinsam mit Tausenden Menschen an die Flüchtlinge erinnern, die die Überfahrt aus der Türkei nicht überlebt haben. Dort waren auch eine Schweigeminute und ein Gebet geplant.
Auf Lesbos harren etwa 4100 Flüchtlinge aus, die meisten von ihnen sollen in die Türkei zurückgebracht werden. Menschenrechtler nennen den sogenannten Hotspot Moria ein Internierungslager.
dpa