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Demonstrationen gegen Polizeigewalt: Hunderttausende auf Frankreichs Straßen. Der Grund: Ein Video von Polizeieinsatz und das neue Gesetz des Innenministeriums.
- Ein neues Gesetz in Frankreich soll die Arbeit von Polizisten schützen.
- Kritiker sehen darin einen Angriff auf die Pressefreiheit.
- Gegen das Gesetz und gegen Polizeigewalt gingen am Samstag zahlreiche Menschen auf die Straßen.
Update vom 30. November, 13.58 Uhr: Nach den heftigen Protesten gegen Polizeigewalt hat der französische Präsident Emmanuel Macron jetzt offenbar eine Krisensitzung einberufen. Mit Montagmittag beriet er sich mit Regierungschef Jean Castex und anderen führenden Regierungsvertretern. Medienberichten zufolge waren bei dem Treffen im Elysée-Palast auch der Innenminister Gérald Darmanin sowie der Justizminister Eric Dupond-Moretti anwesend.
In Frankreich sorgte vergangene Woche ein Video für Empörung und Gewalt auf den Straßen. Über 13.000 Menschen demonstrierten in den Großstädten gegen Polizeigewalt und Machtmissbrauch, zeigt das Video doch, wie Polizisten einen schwarzen Musikproduzenten brutal verprügeln. Macron bezeichnete den Vorfall auf Twitter bereits am Freitag als „Schande“ und sprach sich entschieden gegen Hass, Gewalt und Rassismus aus. Außerdem forderte er von der Regierung „rasche Vorschläge, um das Vertrauen wiederherzustellen“, das es zwischen Polizei und Bürgern geben sollte.
Les images que nous avons tous vues de l’agression de Michel Zecler sont inacceptables. Elles nous font honte. La France ne doit jamais se résoudre à la violence ou la brutalité, d’où qu’elles viennent. La France ne doit jamais laisser prospérer la haine ou le racisme.
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) November 27, 2020
Die Proteste vergangene Woche richteten sich zudem gegen ein von der Regierung geplantes Film-Verbot für Journalisten bei bestimmten Polizeieinsätzen. Auch darüber und über das zugrunde liegende Gesetz für „globale Sicherheit“, das das Parlament derzeit verhandelt, dürfte Macron heute mit den Ministern gesprochen haben.
Update vom 29. November, 13.01 Uhr: Bei den Massenprotesten gegen Polizeigewalt und für die Pressefreiheit wurden 62 Polizisten verletzt. 23 davon in Paris, teilte die Associated French Press (AFP) mit. Das französische Innenministerium gab am Sonntag bekannt, es habe 82 Festnahmen am Rande der Demonstrationen gegeben. Videos, die in sozialen Medien kursierten, zeigten, wie Polizisten Demonstranten zusammenschlugen, so die Nachrichtenagentur weiter.
Place de la Bastille, ajd, le jeune photographe indépendant d’origine syrienne Ameer al Halbi, collaborateur de l'@AFP et de @polkamagazine, a été blessé au visage par un coup de matraque. Identifiable comme journaliste, il couvrait la #marchesdeslibertes (Photo Gabrielle Cezard) pic.twitter.com/3SJUm4C4Ii
— Christophe Deloire (@cdeloire) November 28, 2020
Ein Fotograf, der unter anderem für AFP arbeitet und über die Demonstration in Paris berichtete, wurde verletzt. Reporter ohne Grenzen kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf als „inakzeptable“ Gewalt. Der Fotograf Ameer al Halbi sei mit einem Schlagstock im Gesicht verletzt worden, erklärte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire auf Twitter. Ein Foto des Journalisten zeigt sein bandagiertes, blutverschmiertes Gesicht. Deloire schreibt: „Place de la Bastille, ajd, der junge freiberufliche Fotograf syrischer Herkunft Ameer al Halbi, Mitarbeiter der AFP und von polkamagazine wurde im Gesicht von einem Schlagstock verletzt. Als Journalist identifizierbar, berichtete er über die #marchesdeslibertes.“
Demonstration in Paris: Demonstranten gegen Polizeigewalt auf den Straßen
Erstmeldung vom 28. November, 22.20 Uhr: Paris - Feuer in den Straßen, Explosionen und etwa 46.000 Demonstranten unterwegs - Paris erlebt am Samstag einen Ausnahmetag. In ganz Frankreich sollen sogar fast eine halbe Million Menschen demonstriert haben. Grund für die Wut der Bürger ist Polizeigewalt* - und ein neues Gesetz.
Zentralbank France Paris brennt gerade pic.twitter.com/rAxxok124J
— Anett Przybille (@AnettPrzybille) November 28, 2020
Polizeigewalt in Frankreich: Zeltlager brutal geräumt - Musikproduzent niedergeschlagen
Am vergangenen Donnerstag gelangte ein Video an die Öffentlichkeit, das äußerst brutale Szenen zeigt. Ein Musikproduzent wird darauf von einem Polizisten massiv verprügelt. Seine Hautfarbe ist schwarz. Und bereits Anfang der Woche hatten andere Aufnahmen für Entsetzen gesorgt.
Auf dem Platz der Republik war kurzfristig ein Zeltlager von Geflüchteten entstanden. Am Montagabend hatte die Polizei es geräumt. Dabei wurden die Migranten mit Gewalt aus den Zelten gezerrt, mit Stöcken geschlagen, Tränengas kam zum Einsatz.
Am Dienstag zeigte sich auch der französische Innenminister Gérald Darmanin entsetzt von den Vorgängen und ordnete eine Untersuchung an. Allerdings legte er dann einen Gesetzesentwurf vor, der Aufnahmen von Polizeiaktionen verbietet. In erster Lesung wurde das Gesetz bereits vom Parlament genehmigt. Laut Innenministerium soll es die Arbeit der Polizei schützen.
Polizeigewalt in Frankreich: Neues Gesetz soll die Arbeit der Polizei schützen - Eingriff in Pressefreiheit befürchtet
Kritiker befürchten nun einen Eingriff in die Pressefreiheit und zu wenig Kontrolle der Polizei. Auch in der Bevölkerung regt sich Widerstand - so sehr, dass landesweit - nach AFP-Angaben - 130.000 Menschen auf die Straße gingen, nach Angaben der Veranstalter sogar 500.000 Menschen. In Paris und Rennes kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, allein in Paris seien 37 Einsatzkräfte verletzt worden.
Am Bastille-Platz steckten Demonstranten einen Zeitungskiosk, den Eingang eines Gebäudes der französischen Zentralbank und eine benachbarte Brasserie in Brand. In weiten Teilen des Landes blieben die Demonstrationen allerdings friedlich. (kat) *Merkur.de ist Teil des deutschlandweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.
Rubriklistenbild: © Francois Mori/dpa