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„Schweden wird schockiert sein“: Erdogan macht Finnland ein vergiftetes Nato-Angebot

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Von: Florian Naumann

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Recep Tayyip Erdogan setzt im Türkei-Wahlkampf auf das Thema Schweden. Nun will er offenbar das Nato-Tandem mit Finnland entzweien.

Ankara/München – Schwedens Nato-Beitritt scheint längst zum Spielball im Türkei-Wahlkampf geworden zu sein: Recep Tayyip Erdogan bangt um sein Amt als Präsident in Ankara – und profiliert sich am angeblich in Kurdistan-Fragen zu nachgiebigen Land. Am Sonntag (29. Januar) hat er Sorgen vor einem „Schreckensszenario“ für Stockholm befeuert. Erdogan schien dem ebenfalls beitrittswilligen Finnland ein Angebot zu unterbreiten. Dabei macht er aus den zugrundeliegenden Absichten keinen Hehl.

„Schweden wird schockiert sein“: Erdogan legt im Nato-Streit nach

Schweden wird schockiert sein, wenn wir für Finnland eine andere Antwort geben“, erklärte Erdogan mit Blick auf die Nato-Beitrittsanträge der beiden skandinavischen Länder. „Wenn notwendig, können wir eine andere Antwort in Bezug auf Finnland geben“, sagte er bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Jugendlichen. Er deutete damit die Möglichkeit einer Zustimmung zu einem Beitritt nur für Finnland an. Das würde den Druck auf Schwedens Regierung nochmals erhöhen.

In Helsinki könnte die Nachricht gemischte Gefühle erzeugen. Erdogan hatte einerseits bislang keinerlei Bereitschaft gezeigt, Finnland in naher Zukunft den Weg in die Militär-Allianz zu ebnen. Andererseits ist es der erklärte Wille der Regierung von Ministerpräsidentin Sanna Marin, gemeinsam mit Schweden in die Nato einzutreten. Die Länder sind historisch gewachsene, enge Partner. Zugleich hatten Umfragen auch einen Wunsch der Bevölkerung zu einem gemeinsamen Schritt in Richtung Nato gezeigt.

Schweden unter Druck: Erdogan pocht auf teils bedenkliche Forderungen

Offenkundig ist allerdings bereits seit längerem, dass Erdogan weniger mit Finnland als mit Schweden Probleme hat. Im Sommer 2022 hatten sich die drei Länder in einer Übereinkunft auf Schritte zur Nato-Mitgliedschaft geeinigt. Teile davon – etwa ein Aus für ein Waffenembargo oder einen Stopp der Zusammenarbeit mit der syrisch-kurdischen Miliz YPG – hat Schweden umgesetzt. Andere scheinen nicht nur politisch heikel, sondern teils gar für einen Rechtsstaat unmöglich umzusetzen. So hatte Erdogan etwa die Auslieferung von vermeintlichen „Terroristen“ und Kritikern gefordert. Darunter zum Beispiel ein Journalist; ein Gericht schob dem Ansinnen einen Riegel vor.

Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung einer Gold-Mine Ende Januar.
Der Mann mit dem Hammer: Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung einer Gold-Mine Ende Januar. © IMAGO/Turkish presidency/apaimages

Neuen Zündstoff lieferten zuletzt innenpolitische Entwicklungen in Schweden. So hatten Aktivisten mit einer Erdogan-Puppe gegen die Kurdistan-Politik des türkischen Präsidenten demonstriert. Drastischer – und in den Augen so einiger Beobachter – aus schwedischer Sicht unnötiger war ein anderer Vorfall: Rechtsextreme hatten zum wiederholten Mal Koranverbrennungen inszenieren können. Erdogan sagte daraufhin ein geplantes Minister-Treffen ab und erklärte, Schweden könne nicht mehr auf Zustimmung zum Beitritt hoffen.

Finnland ohne Schweden in die Nato? Experte sieht gefährliches Signal an Putin

Finnlands Außenminister Pekka Haavisto räumte zuletzt ein, man könne womöglich gezwungen sein, ohne Schweden beizutreten. Experten äußerten sich gegenüber dem Sender YLE skeptisch: Das Problem könne sich nach der Türkei-Wahl im Mai in Wohlgefallen auflösen, so eine These. Im Zweifelsfall sei es aber besser, nur Finnland werde Nato-Mitglied als beide Länder blieben außen vor, sagte der finnische Forscher Charly Salonius-Pasternak. Er warnte aber auch vor einem gefährlichen Signal an Wladimir Putin: Es könne der Eindruck entstehen, über Einflussnahme auf einzelne Mitglieder ließen sich Nato-Prinzipien torpedieren.

Neben der Türkei fehlt noch die Zustimmung Ungarns für eine Nato-Erweiterung. Ministerpräsident Viktor Orban hat angekündigt, dass das Parlament in Budapest im kommenden Monat über den Nato-Beitritt der beiden nordischen Länder abstimmen werde. (fn mit Material von AFP)

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