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Tempolimit turbulent: Grüne streiten um Sonderregel - Linken-Chef höhnt über „E-SUV-Partei“

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Die CSU will sich an die Spitze der Gegner eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen stellen. Die Partei startete dazu eine neue Kampagne.

Update 16.35 Uhr: Für den Vorschlag des Grünenpolitikers Dieter Janecek, eine Tempolimit-Ausnahme für Elektroautos einzuführen, hagelt es von vielen Seiten Spott und Kritik. „Die Grünen sind ganz offensichtlich weiter auf dem Weg zur E-SUV-Partei“, sagte Linken-Parteichef Bernd Riexinger der Augsburger Allgemeinen. „In einem E-Auto mit 200 Sachen über die Autobahn zu brettern, ist genauso unökologisch, wie einen tonnenschweren SUV mit Batterie zu betreiben.“

Tempolimit wieder in der Diskussion - Umwelthilfe startet Internet-Aktion

Update 12.55 Uhr: Die CSU hat eine Kampagne gegen ein Tempolimit auf Autobahnen gestartet - jetzt kontert die Deutsche Umwelthilfe mit einer Internet-Aktion dafür. Damit können Bürger die Forderung nach einer generellen Geschwindigkeitsbeschränkung von 120 Kilometern pro Stunde unterstützen, wie die Umwelthilfe am Dienstag in Berlin mitteilte. Keine andere Einzelmaßnahme im Verkehr habe ein so hohes Klimaschutzpotenzial und könne so kurzfristig und kostengünstig umgesetzt werden. „Tempolimit? JA Bitte!“, heißt es auf der Seite der Umwelthilfe - als Antwort auf die Anfang Februar gestartete Aktion der CSU, bei der es heißt „Tempolimit? NEIN Danke!“.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer hat unterdessen Aussagen seines Fraktionskollegen Dieter Janecek zu Ausnahmen für Elektroautos bei einem Tempolimit zurückgewiesen. „Als Grüne sind wir für ein Tempolimit ohne Ausnahmen“, sagte Krischer am Dienstag in Berlin. Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Stephan Kühn, sagte der Bild, von Autos mit Verbrennungs- und mit Elektromotor, gehe die gleiche Unfallgefahr aus, "wenn damit auf Autobahnen gerast wird". Somit könne im Interesse der Verkehrssicherheit beim Tempolimit "kein Unterschied gemacht werden".

Tempolimit à la Grüne: Partei schlägt Ausnahme für E-Autos vor - „Ansturm“ auf CSU-Initiative

Update vom 4. Februar 2020: In der Debatte über ein generelles Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen denken die Grünen über Sonderregelungen für Elektroautos nach. Man müsse bei einem Tempolimit über Tageszeiten, intelligente Steuerung und Auswirkungen auf das Klima diskutieren, sagte der Grünen-Digitalexperte Dieter Janecek der Augsburger Allgemeinen. „Ein Tempolimit ist vor allem zu Tageszeiten mit hoher Verkehrsdichte zwingend, da es nachweislich die Verkehrssicherheit verbessert und klimaschädlichen Benzin spart“, betonte er.

"Warum aber in Zukunft nicht darüber nachdenken, zum Beispiel zu Nachtzeiten mit wenig Verkehr Ausnahmen zu gewähren für klimafreundliche Fortbewegungsmittel wie E-Autos, die mit erneuerbarem Überschussstrom fahren", sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete weiter. Hundert Prozent Erneuerbare Energien als Antriebsquelle ermöglichten in Verbindung mit Digitalisierung und autonomem Fahren "ganz neue Möglichkeiten" einer klimagerechten und komfortablen Mobilität. "Zusammen mit einem leistungsstarken Bahnangebot könnten Inlandsflüge so gänzlich überflüssig werden", fügte Janecek hinzu.

Bundestag
Der Grünen-Abgeordnete Dieter Janecek bei einer Rede im Bundestag. © picture alliance/dpa / Britta Pedersen

Die Frage nach einem Tempolimit sorgt in Deutschland seit geraumer Zeit für hitzige Debatten. Der ADAC als größter Automobilclub hatte in dieser Frage zuletzt seine Neutralität bekräftigt und dabei auf das "unklare" Meinungsbild innerhalb der Bevölkerung und bei den ADAC-Mitgliedern verwiesen.

Die CSU erhält bei ihrer Internetkampagne "Tempolimit? Nein Danke!" nach eigenen Angaben derweil einen Ansturm von Unterstützern. Allein bis Montag hätten sich mehr als 62.000 Unterstützer auf der Kampagnenseite der CSU registriert, sagte Generalsekretär Markus Blume der Augsburger Allgemeinen.

Tempolimit? CSU startet Aktion gegen „Verbotswahn“ - Grüne spotten heftig

München/Berlin - Die CSU hat eine Internet-Kampagne gegen die Einführung eines Tempolimits gestartet - und damit Kritik und Spott beim Koalitionspartner SPD und bei der Opposition provoziert. SPD-Vizefraktionschef Sören Bartol warf der CSU am Sonntag "Realitätsverlust" vor. 

Es gebe inzwischen "eine gesellschaftliche Mehrheit für ein Tempolimit", sagte Bartol der Nachrichtenagentur AFP. "Auch die CSU sollte sich dieser Realität stellen." Von der Kampagne erhofft sich die CSU nach eigenen Angaben eine Mobilisierung gegen "Verbotswahn".

Tempolimit: CSU sammelt Unterschriften, Blume sieht Ärger über „Verbotswahn“

Die Christsozialen wollen sich mit ihrem Verstoß an die Spitze der Gegner eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen stellen. Auf einer Website können sich Unterstützer unter dem Motto "Tempolimit? Nein danke!" registrieren lassen. Nach CSU-Angaben hatten sich nach Freischaltung der Seite innerhalb von zwei Tagen 10.000 Unterstützer angemeldet, wie die Bild am Sonntag berichtete.

"Immer mehr Bürgern stinkt der ständige Verbotswahn", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Blatt. "Viele Bürger wollen dagegen ein Zeichen setzen und sich wehren."

CSU startet Aktion gegen Tempolimit - Grüne spotten heftig

Die Opposition reagierte mit Spott auf die Kampagne. "Mit ihrer Dauerblockade eines Tempolimits macht die CSU Deutschland zur Lachnummer in der Welt", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Nachrichtenagentur AFP. "Wenn selbst der ADAC nicht mehr gegen ein Tempolimit ist, zeigt das, wie weit sich die CSU ins Abseits begibt."

Krischer warf der CSU vor, in der Klima- und Verkehrspolitik "endgültig die Mitte der Gesellschaft aufgegeben zu haben und sich an einer immer kleiner werdenden Randgruppe zu orientieren".

Tempolimit: Linke findet CSU-Aktion irreführend - Datenanalyse legte positive Effekte nahe

Der Linke-Verkehrsexperte Thomas Lutze kritisierte die Internetaktion als irreführend. Die CSU verschweige die positiven Effekte eines Tempolimits: "Neben den positiven Effekten zur Umweltbelastung mit Abgasen und Lärm führt eine Beschränkung auf 130 Stundenkilometer auch dazu, dass das Autofahren stressfreier wird", sagte der Bundestagsabgeordnete zu AFP. "Das ist ein Gewinn für die Autofahrer."

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte bereits von einem Jahr eine Datenanalyse zu möglichen Auswirkungen eines Tempolimits auf Autobahnen durchgeführt. Diese ergab, dass auf Abschnitten mit Geschwindigkeitsbegrenzung sogar mehr Unfälle passieren als auf solchen ohne. Dies führten die Datenexperten jedoch darauf zurück, dass Limits vor allem in ohnehin gefährlichen Bereichen in Kraft gesetzt werden.

Die Unfallschwere ist in Autobahnteilstücken mit Tempolimit der Erhebung zufolge jedoch geringer. Wesentlich seltener kämen in in Bereichen mit Geschwindigkeitsobergrenze Menschen ums Leben oder erlitten schwere Verletzungen hieß es. Basierend auf den statistischen Daten sei davon auszugehen, dass sich mit einem allgemeinen Tempolimit bis zu 140 Todesfälle im Jahr vermieden werden könnten.

Tempolimit auf Autobahnen: AfD begrüßt Stoßrichtung der CSU, rügt aber „Schaufensterpolitik“

Die AfD begrüßte unterdessen die Stoßrichtung der CSU-Kampagne. Auch die AfD stelle sich "gegen eine weitere Gängelung der Autofahrer", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Dirk Spaniel, zu AFP. Spaniel kritisierte allerdings, dass sich die CSU nicht auch gegen die umfassende Einführung von Tempo 30 in Städten stelle: "Deshalb muss die Initiative der CSU als reine Schaufensterpolitik gewertet werden." Spaniel hatte zuletzt für eine Bundestagsrede zum Thema Fahrradfahren heftigen Spott kassiert.

Zustimmung bekam die CSU von der Schwesterpartei CDU. "Dort wo Unfallgefahren bestehen oder bei Lärmschutz haben wir heute schon eine starke Begrenzung" der Höchstgeschwindigkeit, sagte Wirtschafts-Staatssekretär Thomas Bareiß dem Handelsblatt. Deshalb mache ein Tempolimit "keinen Sinn". Den Grünen gehe es ohnehin nur darum, "die individuelle Mobilität und das Auto zu bekämpfen", kritisierte er.

Geschwindigkeitsbegrenzung in Deutschland? ADAC gibt sich mittlerweile „neutral“

Die CSU stellt mit Andreas Scheuer den Bundesverkehrsminister - zuletzt schien Scheuer allerdings in eigenen Reihen angezählt. Nach den Grünen setzt sich mittlerweile auch die im Bund mitregierende SPD für ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen ein und führt als Grund unter anderem den Klimaschutz an.

Die Debatte um das Tempolimit wurde zuletzt durch eine Ankündigung des ADAC neu angeheizt, in dem Streit keine Empfehlung auszusprechen. Der größte Automobil-Club Deutschlands begründete seine Neutralität mit einem "unklaren" Meinungsbild seiner Mitglieder.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte zuletzt mit einer Äußerung zum Thema SUVs überrascht.

Robert Habeck will bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen einführen. Doch der mögliche Koalitionspartner CDU will dabei nicht mitmachen. 

AFP/fn/mke

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