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SPD-Urgestein teilt gegen Kühnert aus: „Nicht zur Marionette machen lassen“

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Von: Florian Naumann

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Wolfgang Thierse warnt vor Gefahren für die Demokratie. © picture alliance/dpa / Christoph Soeder

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sieht die Demokratie in Gefahr - durch Hass und Gewalt und Staatschefs wie Donald Trump. Aber auch die Klimadebatte beäugt er kritisch.

Berlin - SPD-Politiker Wolfgang Thierse bekleidete nicht nur als Bundestagspräsident formal den zweithöchsten Posten im Staate - er hat auch die SED-Diktatur noch hautnah miterlebt. Zum Jahreswechsel hat der überzeugte Katholik eine dringliche Mahnung an seine Mitbürger ausgesprochen: Er sieht unter Umständen sogar „die Demokratie in Gefahr“.

Hassklima, Klimakatastrophe und Gewalt im Land: Für Thierse haben sich Hoffnungen nicht erfüllt

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk benannte Thierse am Freitag gleich mehrere „beunruhigende Entwicklungen“. Konkret etwa die „drohende Klimakatastrophe“ sowie ein gesellschaftliches „Hassklima“ in Deutschland - samt Gewalt gegen Juden, Ausländer, Politiker und Journalisten. Zugleich aber auch eine Unfähigkeit der internationalen Politik, mit Konflikten und Spannungen „zurande zu kommen“. 

Die Hoffnung auf ein Zeitalter des Friedens nach dem Fall des Eisernern Vorhangs habe sich nicht erfüllt, lautete Thierses ernüchterndes Fazit.

Thierse urteilt: Trump und Putin „keine Demokraten im ursprünglichen Sinne“

Ein hartes Urteil fällte der frühere Bürgerrechtler über mehrere Staatschefs. Donald Trump, aber auch die Regierungschefs von Brasilien, China und Russland - Jair Bolsonaro, Xi Jinping und Wladimir Putin - seien keine „Demokraten in dem ursprünglichen Sinne des Wortes“, sagte Thierse in dem Interview. 

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Zwei „illiberale Staatschefs“? Donald Trump und Wladimir Putin bei einem Treffen im Sommer 2018. © dpa / Pablo Martinez Monsivais

Mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit oder Minderheitenfreundlichkeiten seien Trump und Co. „illiberale Politiker“. „Ob sie Demokraten sind, das wird sich auch noch erweisen müssen.“

Fridays For Future - Gefahr einer „Klimadiktatur“?

Aber auch aus einer ganz anderen Ecke sieht Thierse Gefahren: Die bei „Fridays For Future“ engagierten Jugendlichen hätten alles Recht, „ungeduldig zu sein und Forderungen zu stellen“, räumte er ein. 

Das dürfte aber nicht dazu führen, „dass wir umschwenken in eine Art von Klimadiktatur“: „Wenn demokratische Politik diese Herausforderung nicht bewältigt, dann ist auch die Demokratie in Gefahr.“

Trump, Bolsonaro und Co. - Erfolge Konsequenz von „Ungerechtigkeitserfahrungen“?

Als Gründe für schwelende Konflikte nannte Thierse „Echokammern“ im Internet, die Vorurteile stärken. Aber auch mangelnde Gerechtigkeit in der Gesellschaft: Wo Gerechtigkeit gefährdet ist, sei auch Freiheit gefährdet. „Bolsonaro ist doch nur zu verstehen, der Erfolg, angesichts massiver Ungerechtigkeitserfahrungen in diesem Land, oder auch Trump ist nicht zu verstehen ohne sozusagen soziale und kulturelle Ungerechtigkeitserfahrungen“, betonte er im Deutschlandfunk.

Dramatische Veränderungen wie Globalisierung samt Migration oder auch die Digitalisierung erzeugten zugleich Ängste, meinte Thierse. „Das ist eben die Stunde der Populisten, in der wir gerade sind, und das ist eine der Gefährdungen der Demokratie, die die politischen Lebensformen der Freiheit, also einer pluralistischen, offenen Gesellschaft sind.“

Thierse betrübt über Zustand der SPD: „Nicht zur Marionette von Kevin Kühnert machen lassen“

Sorgen bereitet Thierse übrigens auch seine eigene Partei, die SPD: „Es geht mir sehr, sehr nah. Der vergangene Parteitag hat mich auch nicht wirklich getröstet“. Auch nach der Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans stehe die SPD vor einem großen Konflikt, der sich im Streit über den Verbleib in der GroKo zeige. 

Die SPD müsse sich nun auf ihren Identitätskern verständigen, forderte Thierse - und die neue Parteispitze dürfe sich dafür nicht „zur Marionette von Kevin Kühnert machen“ lassen. Der Juso-Chef antwortete noch am Freitag auf Twitter. Er hätte sich gewünscht, dass Thierse nicht über, sondern mit ihm Rede, schrieb Kühnert. Das habe Thierse nämlich noch nie gemacht. Womöglich besteht also bei der SPD also auch noch ganz praktischer Verständigungsbedarf.

Unterdessen teilt Gesine Schwan gegen ihre Partei SPD aus - vor allem gegen Juso-Chef Kevin Kühnert. Als eine Gefahr bezeichnet zuletzt eine britische Zeitung auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Eine düstere Prognose stellte unterdessen ein Terrorismus-Experte auch mit Blick auf rechtsradikale Gewalt, wie Merkur.de* berichtete.

Mit dieser Wende dürfte wohl niemand gerechnet haben: der in Japan unter Hausarrest stehende Ex-Manager Ghosn hat sich in den Libanon abgesetzt.

fn

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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