Slomka: Seehofer beschwerte sich bei meinem Chef über mich

Marietta Slomka ist für ihre harte Herangehensweise bei Interviews bekannt. Nun wurde die ZDF-Moderatorin selbst zur Rede gestellt - und erklärt, wie sich Horst Seehofer bei ihren Vorgesetzten beschwert hat.
München - Wenn für Deutschlands Politiker ein Interview mit ZDF-Moderatorin Marietta Slomka ansteht, weiß man als Volksvertreter: Es wartet kein leichter Spaziergang mit lockerem Plausch. Vielmehr ist die Journalistin des Zweiten Deutschen Fernsehens für ihre kritische Haltung bekannt, die sie ihrem Gesprächspartner generell auch nicht vorenthält. Christian Lindner (FDP), der Ex-SPD-Vorsitzende Siegmar Gabriel, der designierte CSU-Chef Markus Söder oder Parteikollege und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: Schon zahlreiche ranghohe Politiker mussten sich im ZDF den knallharten Fragen Slomkas stellen und wurden dabei nicht selten auf dem falschen Fuß erwischt.
In einem Interview mit Meedia erklärt die 48-Jährige, warum sie eine etwas härtere Gangart bevorzugt und verrät außerdem eine skurrile Anekdote über CSU-Chef Horst Seehofer. Auf die Frage, ob Slomka ihr unter Politikern gefürchteter Ruf überhaupt recht sei, antwortet sie: „Ja, warum auch nicht? Politische Interviews sind doch kein weicher Smalltalk, bei dem man harmlose Nettigkeiten austauscht. Dafür wäre unsere knappe Sendezeit zu schade.“
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Während Deutschlands im Umgang mit den Medien erprobte Politiker die Fragen meist friedvoll über sich ergehen lassen, sind es oft die TV-Zuschauer, welche sich am Interviewstil von Slomka stören: „Die Forderung, Journalisten sollten doch bitte ‚nicht so frech‘ oder ‚nachrichtlicher‘ sein, kommt häufig von Parteigängern, die die eigene Meinung oder die ihrer Meinungsführer nicht hinterfragt sehen wollen. Dabei wird dann gern übersehen, dass Fragen keine persönlichen Meinungsäußerungen des Interviewers sind und der Diskurs mit der Gegenseite nicht weniger kritisch geführt wird. Wir sorgen da ja insgesamt für Ausgleich“, so Slomka weiter.
Slomka über das Sendekonzept und eine Beschwerde von Horst Seehofer
Laut Marietta Slomka sei das „Heute Journal“ auch keine klassische Nachrichtensendung, sondern seit 40 Jahren ein Magazin, welches ausgestrahlt werde, wenn viele Nachrichten und Äußerungen schon bekannt seien, gesendet oder getwittert werden. „Schon deshalb kann es bei uns kein reines Abfragen von Statements geben“, sagt die seit etwa 17 Jahren mit diesem Job vertraute Moderatorin. Laut ihr gibt es aber oft auch eine positive Kehrseite: Viele politische Persönlichkeiten freuen sich demzufolge sogar auf diese Interviews - zumeist die, welche selbst gut austeilen können. „Mit ihnen langweilt man sich jedenfalls nicht“, gibt Slomka zu Protokoll.

Gab es eigentlich schon mal Beschwerden abseits der laufenden Kameras? Dazu verrät Slomka: „Bei mir direkt und persönlich hat sich noch keiner beklagt (...) Aber natürlich gab und gibt es auch bei den anderen Parteien immer wieder mal Verärgerung. Dass sich ein Spitzenpolitiker aber ganz offiziell bei meinen Vorgesetzten über mich beschwert, habe ich selbst bisher nur einmal direkt mitbekommen – als sich CSU-Chef Horst Seehofer, der zugleich im Verwaltungsrat des ZDF saß, beim Intendanten über ein Interview beschwerte, das ich mit SPD-Chef Sigmar Gabriel geführt hatte. Da bekam die Große Koalition eine zusätzliche Note... Schon komisch, wenn man zugleich von anderen als „Regierungsfunk“ beschimpft wird.“ Das war im Jahr 2013.
Hintergrund: Seehofer hatte sich damals öffentlich in die Debatte über das Gabriel-Interview eingeschaltet und einem Brief an den ZDF-Intendanten Thomas Bellut geschrieben: Gegenüber Journalisten sagte er: "Da kann man sich nur wundern, wenn man das hört.“ Das Vorgehen des ZDF habe "mit Qualität nichts mehr zu tun. Da wird der Gabriel dargestellt wie ein Schulbub." Schon damals gestand er: Er sitze in den ZDF-Gremien und habe darüber seinen Unmut kund tun wollen.
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Legt sich Slomka eigentlich eine bestimmte rhetorische Taktik für ihre oftmals hart geführten Interviews zurecht? Dazu äußert sich die 48-Jährige folgendermaßen: „Was heißt denn hart auf hart? Wir machen unseren Job und die ihren. Aber es gibt doch wahrlich keinen Grund, einen rhetorisch kraftvollen Spitzenpolitiker vor einer einzelnen Journalistin in Schutz zu nehmen, die Fragen stellt, auf die direkt reagiert werden kann.“
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PF, mke
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