Wenn der KSV Hessen am Samstag gegen Gießen aufläuft, wird man ihn in der Aufstellung vermissen. Sergej Evljuskin hat sich nach sechseinhalb Jahren bei den Löwen von der Kasseler-Fußballbühne verabschiedet. Im Interview schaut er auf seine turbulente Zeit zurück und erklärt, wie es nun für ihn weitergeht.
Fußball. So richtig angekommen ist es bei ihm und auch bei vielen Fans noch nicht. Vergangenen Samstag absolvierte Sergej Evljuskin gegen Steinbach sein letztes Spiel für den KSV Hessen Kassel. Wir sprachen mit dem langjährigen Publikumsliebling über seine Zeit bei den Löwen und wie es nun für ihn weitergeht.
EXTRA TIP: Sergej, das letzte Spiel im Löwen-Dress gegen den Tabellenführer gewonnen und das Team als Kapitän aufs Feld geführt. Es hätte schlechter laufen können, oder?
Sergej Evljuskin: Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf dieses Spiel gefreut, weil der Gegner interessant ist. Aber klar wollte ich unbedingt einen positiven Abschluss haben. Das wir so spielen, hatte vorher wohl kaum jemand erwartet. Es war ein schönes Erlebnis, auch wenn die Fans gefehlt haben. Es fühlt sich momentan surreal an. Dass das mein letztes Spiel für den KSV war, ist bei mir noch nicht so richtig angekommen.
Wurde der Abschied denn zumindest ein bisschen gefeiert?
Das ist natürlich wegen Corona gerade schwierig. Es gab ein paar Bier in der Kabine, aber die große Party blieb natürlich aus. So ein Abschied mit allen auf Mallorca wäre natürlich noch cool! Auch ein Abschied von den Fans wäre noch klasse, wir müssen mit ihnen ja eigentlich auch noch eine Aufstiegsfeier nachholen.
Dank Doppelpack von Saglik: KSV Hessen schlägt Tabellenführer Steinbach
Wie sehen Sie die sechseinhalb Jahre beim KSV rückwirkend?
Puh, es war wirklich nie langweilig (lacht). Als ich gekommen bin, ging der Blick Richtung 3. Liga, dann kam der ‚Eiergriff‘ von Bektashi, den Aufstieg haben wir dann verpasst. Es wurden uns neun Punkte abgezogen, den Klassenerhalt haben wir nur knapp verpasst, dann kam die Insolvenz. In der Hessenliga haben wir wieder fünf Punkte abgezogen bekommen wegen fehlender Schiedsrichter. Dann kam Corona und der Aufstieg war in Gefahr – völlig verrückt. Ich glaube aber, dass wir durch die Insolvenz alle näher zusammengerückt sind, die Fans natürlich mit eingeschlossen.
Aber es gab ja auch viele gute Momente. Was waren Ihre Highlight-Spiele?
Da gibt es viele! Das Spiel gegen Dortmund unter Jürgen Klopp war für mich als Dortmund-Fan ein absolutes Highlight. Aber auch das DFB-Pokalspiel gegen Hannover 96 oder die engen, hitzigen Duelle mit Kickers Offenbach, Waldhof Mannheim und Saarbrücken werde ich nicht vergessen. Das Rekordspiel gegen Baunatal war unglaublich und meinen letzten Auftritt im Auestadion am vergangenen Samstag werde ich immer in Erinnerung behalten.
Wie gehts nach der KSV-Zeit für Sie weiter?
Im November bin ich mit meiner Freundin nach Braunschweig gezogen, durch das viele hin und her nach Kassel ist in der Wohnung ein bisschen was liegengeblieben, darum muss ich mich jetzt kümmern (lacht). Die Priorität liegt jetzt auf meinem Job als Polizist, nicht mehr beim Fußball.
Aber gibt es schon einen neuen Verein oder ist jetzt ganz Schluss?
Ich werde in Zukunft für den FSV Schöningen 2011 in der Landesliga Braunschweig spielen. Gerade darf aber ja im Amateurbereich noch nicht gespielt werden, also habe ich genügend Zeit in der Stadt richtig anzukommen.
2016 haben Sie ja schon ein Buch veröffentlicht. Wann können wir ein Buch über Ihre Zeit beim KSV Hessen erwarten?
Oh, da gibt es einiges zu erzählen! (lacht). Ich habe damals schon zu Christoph Dörr (Mitautor des Buches, Anm. d. Red.) gesagt, dass es noch viel mehr Geschichten aus meiner Fußballerzeit zu erzählen gibt. Wenn mir langweilig ist, rufe ich ihn vielleicht mal an und wir reden über ein neues Buch.
Zur Person
Sergej Evljuskin wurde 1988 in der früheren Sowjetunion geboren. Mit zwei Jahren kam er nach Deutschland. Von 1995 bis 2003 spielte er in der Jugend für die Braunschweiger SC. Danach wechselte er zum VfL Wolfsburg. Weitere Stationen seiner Karriere waren der FC Hansa Rostock und Babelsberg 03. Er hat das komplette Nachwuchsförderprogramm des DFB durchlaufen und spielte in allen Jugend-Nationalmannschaften und spielte dort unter anderem mit Mesut Özil und Jerome Boateng. Die Fritz-Walter-Medaille für den besten Nachwuchsspieler erhielt er gleich zwei Mal, was bislang nur Mario Götze und Matthias Ginter gelang. Im Herbst 2020 hat er den Dienst bei der Autobahnpolizei in Braunschweig angetreten. 2016 veröffentlichte er zusammen mit Christoph Dörr das Buch „Eigentlich wäre ich jetzt Weltmeister. Warum der Kapitän von Boateng, Özil und Höwedes heute in der 4. Liga kickt“.
KSV Hessen am Samstag gegen Gießen
Nach dem Sieg gegen Aufstiegsaspirant TSV Steinbach Haiger empfangen die Löwen von Trainer Tobias Damm am kommenden Samstag Tabellennachbar FC Gießen. Der KSV sowie der Gast haben dabei 24 Punkte auf dem Konto. Nur drei Tage später reisen die Löwen zur zweiten Mannschaft des SC Freiburg, ehe es am Samstag, 6. Februar, in Kassel zum Rückrundenduell mit der Reserve des VfB Stuttgarts kommt. Anpfiff ist um 14 Uhr. Eine Bildergalerie zum Spiel finden Sie nach der Partie hier.
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