Trotz Osteoporose: Laufsüchtiger bekommt nie genug

Eine Krankheit zwingt Bernd Albrecht zur Ruhe. Doch der Dauerläufer aus Treysa denkt erst gar nicht ans Aufgeben.
Treysa. 68 Marathons, 58 Extrem-Marathons, diverse Ultralangstrecken und zig 100-Kilometer-Läufe: Bernd Albrecht aus Treysa ist laufsüchtig.
In seiner Jugendzeit galt der heute 74-Jährige als begnadeter Turner – bis es zu einem schweren Sportunfall kam. Seither plagte Albrecht die Angst vor erneuten Verletzungen. Deshalb suchte sich der Ausnhameturner eine sportliche Alternative mit geringem Verletzungsrisiko. Er begann zu laufen. Damals ahnte der staatlich anerkannte Masseur aus dem thüringischen Eichsfeld nicht, dass aus den ersten lockeren Läufchen schon bald eine Leidenschaft würde. In den Folgejahren streift sich Albrecht nahezu täglich das Laufshirt über. Dabei merkt der smarte Jogger schnell: "Ich bin kein Trainingstyp".
Und so nimmt Albrecht an etlichen Lauf-Wettbewerben teil. Eine Sucht entsteht. 68 Marathons, 58 Extrem-Marathons, zig Läufe über Ultralangstrecken, unzählige Starts bei 100-Kilometer-Läufen und Rennen, die sechs Tage dauern. Albrecht entdeckt sein Steckenpferd: den 24-Stunden-Lauf. In seiner neuen Parade-Disziplin wird das Laufwunder stolze viermal Deutscher Meister. Seine Markenzeichen – das Barfußlaufen und der lange Rauschebart – stoßen in der Öffentlichkeit auf großes Interesse. Albrecht taucht in sämtlichen Zeitungen im In- und Ausland auf.
Der vorzeitige Höhepunkt seines Extremsports: ein Dauerlauf vom Kap Arkona auf der Insel Rügen quer durch Deutschland und bis nach Lörrach – 1.225 Kilometer in 17 Etappen.
Vor dem eigenen Leben davongelaufen
Trotz der vielen Läufe sei Albrechts Ziel nicht immer klar gewesen. Vielleicht sei er so manches Mal auch einfach nur vor dem eigenen Leben davongelaufen. "Ich hatte oft depressive Phasen", sagt er. Dann habe er angefangen, vermehrt Alkohol zu trinken, aber frühzeitig wieder eingelenkt – eine Entscheidung gegen das Leben eines Dauertrinkers und für das eines Dauerläufers. "Das hat mir durch schwierige Zeiten geholfen. Heute bin ich stolz auf die vielen Auszeichnungen und Ehrungen", blickt Albrecht zurück.
Zufrieden sei er dennoch nicht ganz. Denn der eigene Körper, den Albrecht immer so im Griff hatte, macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Der sportbesessene Rentner leidet an schwerer Osteoporose. Rund 25 Knochenbrüche hinderten ihn daran, seiner großen Leidenschaft auch weiterhin nachzugehen. Momentan beschränke er sich auf "strammes Gehen". Das tue seinen Knochen gut. Ans Aufgeben denkt Albrecht aber noch lange nicht: Im Sommer wolle er das Lauftraining endlich wieder aufnehmen. Schließlich habe er nach allen Rückschlägen immer weitergemacht. "Es wühlt in mir. Mir fehlt die Gemeinschaft, die Rivalität und die Anerkennung unter den Läufern", schwärmt er.