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„Besonders riskant!“ Corona-Weihnacht mit FFP2-Maske: Epidemiologe warnt vor Familienfeiern - WHO legt nach

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Von: Cornelia Schramm

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Eine Weihnachtsbaumkugel in Form eines Weihnachtsmanns hängt am 24.12.2014 an einem Weihnachtsbaum in Hamburg.
An Weihnachten versammelt sich traditionell die ganze Familie unter dem geschmückten Christbaum. Ist das Familientreffen dieses Jahr trotz Corona sinnvoll? © Malte Christians/ dpa/ Picture Alliance

Festmahl, Christmette, Bescherung: Auch in der Corona-Pandemie wollen sich viele ihre Weihnachtstradition nicht nehmen lassen. Doch das Familienfest birgt Gefahren - und ein Experte sieht schon jetzt schwarz.

Update vom 17.12.2020: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt den Europäern ans Herz, an Weihnachten und Neujahr bei Festen mit Familie und Freunden einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Zusammenkünfte sollten wenn möglich draußen stattfinden, die Teilnehmer zudem Maske tragen und ausreichend Abstand zueinander halten, teilte die WHO Europa am Mittwoch mit. Treffe man sich drinnen, sollte die Zahl der Teilnehmer begrenzt sein und eine gute Lüftung sichergestellt werden.

„Indoor-Versammlungen - auch kleinere - können besonders riskant sein, da sie Gruppen von jungen und alten Menschen aus verschiedenen Haushalten zusammenbringen“, erklärte das WHO-Regionalbüro auf ihrer Webseite, wo sie eine Reihe von Empfehlungen für die Winterferien ausgab. Es möge sich unangenehm anfühlen, umgeben von Freunden und Familien Masken zu tragen und sich körperlich zu distanzieren. „Aber das trägt erheblich dazu bei, dass jeder sicher und gesund bleibt.“ Es bestehe ein hohes Risiko, dass das Coronavirus in den ersten Wochen und Monaten 2021 weiter erstarke - dagegen müsse jeder etwas
tun.

Erstmeldung vom 4.12.2020: Leipzig - Bund und Länder waren sich hier einig: Um ein schönes Weihnachtsfest mit den Liebsten verbringen zu können, müsse der Lockdown die Adventszeit über verlängert und die Kontaktbeschränkungen nochmals vertieft werden. „Lieber jetzt einen längeren Lockdown als eine komplette Ausgangsbeschränkung über Weihnachten“, sagte CSU-Chef Markus Söder vergangene Woche nach der Beratung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel*. Für viele Deutsche sei Weihnachten das wichtigste Fest des Jahres und wie kein anderes gehöre es „der Familie“, so Söder weiter. An den meisten Orten sollen an Weihnachten dann bis zu zehn Menschen gemeinsam feiern und sich als Familie besuchen und beschenken dürfen.

Doch wie „frei“ wird Weihnachten wirklich? Was der Staat offiziell erlaubt, muss nicht unbedingt die sinnvollste Lösung für das Weihnachtsfest inmitten einer Pandemie sein. Die Corona-Zahlen am zweiten Adventswochenende sind nach wie vor - trotz Teil-Lockdowns - hoch, meldet das Robert-Koch-Institut am Freitagmorgen doch 23.449 neue Fälle*. So sind die Deutschen in ihrer Meinung zu den angedachten Lockerungen zum Fest auch mehr als gespalten: Während eine Mehrheit von 53 Prozent die Pläne begrüßt, finden sie, wie eine Umfrage der ARD-Tagesthemen ergab, 44 Prozent eher falsch. Eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen zu Silvester beurteilten sogar mehr als zwei Drittel der Deutschen kritisch.

Markus Scholz: „Eine Quarantäne halte ich für übertrieben, wäre aber natürlich am sichersten.“

Bereits Anfang November hielt der Epidemiologe Markus Scholz von der Universität Leipzig eine Verlängerung der Maßnahmen bis Weihnachten oder gar Silvester für „praktisch unumgänglich“. Jetzt hat er mit dem Online-Magazin Watson über das Weihnachten der besonderen Art gesprochen und erklärt, wie das Fest ablaufen müsste, um nicht sich selbst oder Familienmitglieder zu gefährden. Dabei wird klar, der Experte sieht schon jetzt schwarz und bangt wohl bereits um die Folgen dieses „freien“ Weihnachten.

Sich etwa zwei Wochen vor Weihnachten als Vorsichtsmaßnahme freiwillig in Quarantäne zu begeben, halte er für übertrieben - dennoch „wäre dies natürlich am sichersten“. „Eine konsequente Einhaltung der AHA+L-Regeln sowie eine deutliche Reduktion der weiteren sozialen Kontakte würde meines Erachtens ausreichen“, so der Experte. Eine Woche hält er für die adäquate Dauer, um seine Angehörigen bestmöglich zu schützen*. Aber dann sei man selbst noch nicht geschützt, schließlich kommt es auf beide Seiten an. „Das heißt, es müssten sich alle Beteiligten einer Feier daran halten“, sagt Scholz - und am „allerwichtigsten“ sei es, bei einer Symptomatik* auf den Besuch vollkommen zu verzichten.

Spinnt man die Gedanken um das Weihnachtsfest mit der Familie, deren Mitglieder unter Umständen ja in ganz Deutschland und Europa* verteilt sein können, kommt man unweigerlich auch zur Frage nach der An- und Abreise der Personen. Der Epidemiologe der Universität Leipzig empfiehlt, das eigene Auto zu nehmen, denn gerade „stark frequentierte, öffentliche Verkehrsmittel“ hält er „hinsichtlich des Infektionsrisikos für problematisch“, sei hier doch eine Kontaktverfolgung praktisch unmöglich.

Corona an Weihnachten: Stellt eine Übernachtung eine größere Infektionsgefahr dar?

Nachdem einige Studien bereits behauptet haben, die Ansteckungsgefahr halte sich in Grenzen, wenn man das Zusammenkommen der Familie auf etwa zwei Stunden limitiere, sieht Scholz Ansätze wie diese skeptisch: Der Verzicht auf eine Übernachtung bedeute ihm zufolge keinesfalls zusätzlichen Schutz - wer das Fest nicht mit FFP2-Maske* feiern wolle - „wovon ich ausgehe“, merkt Scholz im Interview an - setze sich einem hohen Infektionsrisiko* aus, das kaum durch weitere Maßnahmen reduziert werden könne. So helfe es etwa auch nicht, Abstand am Esstisch oder bei der Bescherung einzuhalten.

Kritisch sieht Scholz nicht nur das Feiern unter dem heimischen Weihnachtsbaum, sondern auch den Kirchenbesuch. Laut ihm bringt selbst der Verzicht auf Singen „keinen relevanten zusätzlichen Schutz, da man sich, wie gesagt, auch so ansteckt, wenn ein Beteiligter infektiös ist.“ Ernüchternd ist seine Auffassung über das Fest der Liebe im Kreise der Familie allemal, denn man muss im Prinzip darauf hoffen beziehungsweise weitestgehend sicherstellen, dass „alle Beteiligten bei der Feier nicht infektiös sind“, erklärt Scholz. „Alle anderen Maßnahmen helfen kaum“, stellt der Leipziger Epidemiologe klar.

Video: Superspreader-Event Weihnachten?

Viele Familien planen bereits jetzt, das Treffen mit ihrer Verwandschaft an Weihnachten durch „Lüften“ zu entschärfen. Die Idee, die in der Theorie vielleicht gut klingt, ist im ungemütlichen Wintermonat Dezember aber wohl eher suboptimal: „Da sich typischerweise mehrere Personen in relativ kleinen Räumen für längere Zeit aufhalten, müsste sehr oft - etwa alle 30 Minuten - gelüftet werden, um die Aerosolbelastung auf ein ungefährliches Maß abzusenken. Zudem müsste ein Temperaturausgleich mit der Außenluft erreicht werden, um die Luft vollständig auszutauschen, das heißt, es müsste also im Zimmer richtig kalt werden“, erklärt Scholz das ideale Vorgehen, auf das das Gros der Deutschen aber vermutlich eher verzichten wird.

„Das ist meines Erachtens kaum praktikabel. Zudem wäre das eine enorme Energieverschwendung“, sagt der Experte. Liest man diese Zeilen wird schnell klar, der Epidemiologe sieht schwarz für ein Weihnachtsfest mit der Familie und Verwandten*. Je mehr Personen sich unter dem Weihnachtsbaum versammeln, desto höher ist das Infektionsrisiko. Auch, wenn er es Watson nicht zu Papier gegeben hat, wünscht sich Scholz wohl inständig, dass möglichst viele Deutsche ihr Weihnachtsfest im aller-engsten Kreis verbringen. (cos) *Merkur.de und 24vita.de sind Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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