Zahlen seit September verzehnfacht! Müssen wir Kinder im Corona-Umgang jetzt doch anders behandeln?
Wenn es um die Rolle von Kindern und Jugendlichen im Infektionsgeschehen des Coronavirus geht, sind sich Experten uneinig - dabei sind die Zahlen zuletzt drastisch gestiegen.
München - In den letzten Wochen und Monaten sind die Coronavirus-Infektionszahlen* in Deutschland um ein Vielfaches gestiegen. Das schließt die Kinder und Jugendliche nicht aus. Dabei sind einige Experten seit Beginn der Pandemie davon ausgegangen, dass die jüngeren Mitglieder der Gesellschaft keinen allzu hohen Einfluss auf das Infektionsgeschehen* hätten.
Die neuesten Zahlen des Robert-Koch-Instituts* widerlegen das jedoch. Lag die 7-Tages-Inzidenz im September bei Null- bis Neunjährigen noch bei sieben (pro 100.000 Einwohner), stieg sie bis Mitte November auf fast 77 - also nahezu um das zehnfache! Bei Zehn- bis Neunzehnjährigen ist die Steigung sogar noch eklatanter. Aus 15 infizierten Jugendlichen wurden 178 pro 100.000 Einwohner.
Corona: Kinder „ähnlich infektiös“ wie Erwachsene?
Nun sind sich die Experten uneinig, ob der Anstieg an Infektionen bei Minderjährigen aus den insgesamt steigenden Infektionszahlen resultiert oder ob Kinder jetzt doch ernstzunehmende Infektionsträger sind. Michael Wagner von der Universität Wien bewertet Kinder nach seiner Studie zur Dunkelziffer bei eben jenen beispielsweise als „ähnlich infektiös“ wie Erwachsene. Das erklärte er dem Standard. „In Schulen findet ein relevantes Infektionsgeschehen statt, und dieses wird auch aus den Schulen in die Familien getragen.“
Lothar Wieler, der Präsident des deutschen Robert-Koch-Instituts hätte die Thesen bestätigt. Anhand Wagners Studie begründete Österreichs Kanzler Sebastian Kurz auch den schärferen Lockdown, der Schulen mit einschließt.
Coronavirus: Von 116.000 Kindern nur 0,53 Prozent positiv
Andere Studien gehen jedoch in eine andere Richtung. Laut dem Focus hat eine Datenerhebung an bundesweit mehr als 100 Kinderkliniken ergeben, dass von 116.000 Kindern und Jugendliche* nur 0,53 Prozent positiv getestet wurden. Kinder- und Jugendmediziner hätten sich deshalb dafür ausgesprochen, die Schulen und Kitas in Deutschland weiter offenzulassen. „Die Hauptquelle der Infektion bei Kindern und Jugendlichen ist außerhalb der Schule“, so Matthias Keller vom Vorstand der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
Laut Michael Kabesch von der Universitätskinderklinik Regensburg hätten sich nur acht von über 600 Kindern in der Schule angesteckt. Dort würden nämlich, im Gegensatz zum privaten Umfeld, die Corona-Maßnahmen eingehalten werden. Der Zahlenanstieg der Kinder sei auf die Infektionen der Gesamtbevölkerung zurückzuführen.
Weitere Studien werden sicherlich mehr Klarheit darüber bringen, wie sehr Kinder zur Verbreitung der Pandemie beitragen. In Deutschland ist man jedenfalls weiterhin der Ansicht, die Schulen trotz der vermehrten Infektionen offen zu lassen. Dafür wurden beispielsweise die Weihnachtsferien in Bayern um wenige Tag vorgezogen, um ein infektionsfreies Weihnachtsfest* mit der Familie zu gewährleisten. (ta) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.