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Nach Germanwings-Absturz: In Trauer vereint

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Trauerfeier in Köln. © dpa

Köln - Halt und Zuversicht wollen die Redner beim Trauergottesdienst im Kölner Dom vermitteln. Es sind berührende Momente angesichts von Wut und tiefer Trauer.

Mit bewegenden Worten des Trostes ist beim Trauergottesdienst in Köln der Opfer des Flugzeugabsturzes in den französischen Alpen gedacht worden. Bloße Worte seien zu schwach, um zu trösten, sagte Kardinal Rainer Woelki am Freitag bei der ökumenischen Trauerfeier im Kölner Dom vor rund 1400 Gästen, darunter waren auch viele Angehörige, Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel sowie Regierungsvertreter aus Spanien und Frankreich.

Beim Absturz des Airbus in den französischen Alpen waren auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf am 24. März 150 Menschen ums Leben gekommen.

"Unbegreifliches ist geschehen"

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Präses Annette Kurschus © dpa

In der Trauer um die Opfer der Germanwings-Katastrophe rücken die Menschen nach Worten der evangelischen Präses Annette Kurschus zusammen. „Unbegreifliches ist geschehen. Eltern und Kinder, Männer und Frauen, Freundinnen und Freunde, Kollegen und Kolleginnen wurden aus dem Leben gerissen“, sagte Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, zu Beginn des ökumenischen Trauergottesdienstes. „Familien, Häuser und Nachbarschaften, Schulen, Dörfer und Städte, ein ganzes Land, ja mehr als nur ein Land, rücken zusammen im Aushalten-Müssen und im Begreifen-Wollen.“

Man teile „Kräfte und Ohnmacht“, betonte Kurschus in ihrer Predigt. Dennoch könnten kein Luftfahrtexperte oder Psychologe, keine Bischöfin und kein Kardinal eine Brücke schlagen „über den Abgrund, der aufgerissen ist“.

"Ihr seid nicht allein"

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Kardinal Rainer Woelki © dpa

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki hat den Hinterbliebenen der Opfer des Germanwings-Absturzes versichert, dass sie nicht allein sind. Bloße Worte seien zu schwach, um zu trösten, sagte Woelki am Freitag beim Trauergottesdienst im Kölner Dom. Aber dass so viele Menschen den Betroffenen in diesem Moment Mitleid und Beileid zeigen wollten, solle den Betroffenen Trost sein. Sie seien nicht allein „in diesen Stunden der Einsamkeit“. Die Betroffenen seien „auf ganz unterschiedliche Weise verzweifelt, tief traurig und versteinert vor Schmerz“. Jeder Moment des Lebens sei unwiederbringlich. Auch die Trauerfeier werde schon bald Teil des Lebens nach dem Unglück sein, nach dem schrecklichen Einschnitt.

Liebe sei stärker als der Tod. Liebe bleibe. Sie mache das Leid so schmerzlich. Aber gebe sie nicht auch die Kraft, das Leid zu ertragen, fragte der Erzbischof. Jeder werde sich an die kostbaren Momente mit den Lieben erinnern. Die seien unzerstörbar. Die Christen glaubten an das ewige Leben. „Wir glauben, dass diese 150 Menschen nicht verschwunden und ins Nichts gegangen sind, als sie aus der Welt geschieden sind“, sagte Woelki weiter.

Kleine Engel sollen Angehörigen Halt geben

Kleine Engel sollen den Angehörigen und Helfern der Germanwings-Katastrophe symbolisch Halt und Zuversicht geben. Die Holzengel lagen am Freitag bei der Trauerfeier im Kölner Dom an jedem Platz. Sie sollten dazu ermutigen, trotz aller Trauer nach Quellen der Kraft und Bestärkung zu suchen, sagte ein Notfallseelsorger.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Präses Annette Kurschus und zwei Notfallseelsorger überreichten die Holzfiguren stellvertretend an eine Angehörige sowie an Bundespräsident Joachim Gauck, stellvertretend für Hinterbliebene aus den verschiedenen Ländern, und an den spanischen Innenminister Jorge Fernández Díaz für die Opfer aus Spanien. Der französische Staatsminister Alain Vidalies und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nahmen je einen Engel als Zeichen der Dankbarkeit für die Helfer und Einsatzkräfte entgegen. Germanwings-Chef Thomas Winkelmann erhielt einen Engel stellvertretend für die Mitarbeiter aller Fluggesellschaften.

Die Holzengel wurden nach einem Entwurf des Mülheimer Bildhauers Jochen Leyendecker in einer Behindertenwerkstatt im russischen Pskow gefertigt, einem Versöhnungsprojekt der „Initiative Pskow“ der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Angehörige bittet: Schenk uns Lebensmut

Eine junge Angehörige hat in einer Fürbitte für Lebensmut gebetet: „Herr, ich bitte Dich: Trockne unsere Tränen, stärke die schönen Erinnerungen und schenke uns allen neuen Lebensmut“, sagte sie am Freitag bewegt. Sie bat darum, Liebe stärker sein zu lassen als Verzweiflung. „Lieber Gott, gib unseren verunglückten Verwandten und Freunden ein neues Zuhause und pass immer auf sie auf.“

Eine Betreuerin der muslimischen Angehörigen bat für die Helferinnen und Helfer, die am Absturzort im Einsatz waren: „Schenke ihnen in ihrem Dienst das rechte Wort und selber Halt, um anderen Menschen ein Halt zu sein.“

In einer anderen Fürbitte hieß es: „Wir bitten für all diejenigen, die sich Vorwürfe machen, versagt zu haben, etwas falsch gemacht oder unterlassen zu haben.“ Die Bereitschaft zur Versöhnung solle wachsen. „Schenk Mut zur Vergebung, damit Friede in ihr Leben einkehrt.“

Für die Mitarbeiter der Fluggesellschaften, „auf denen die Verantwortung ruht für das Wohl ihrer Fluggäste“ wurde gebetet, um Kraft für ihre Arbeit.

Gauck bei Trauerfeier: Uns fehlen Worte

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Joachim Gauck © dpa

Seit dem Germanwings-Absturz sind die Menschen nach Worten von Bundespräsident Joachim Gauck in Trauer und Schmerz verbunden. „Es ist etwas zerstört worden, das in dieser Welt nicht mehr geheilt werden kann“, sagte Gauck. „Da ist er wieder, dieser Schock, der uns am 24. März getroffen hat.“

Zu Trauer und Schmerz komme die schreckliche Erkenntnis: „Dieser eine hat die vielen anderen mit in den Tod gerissen, den er für sich selber gesucht hatte. Uns fehlen Worte für diese Tat“, sagte Gauck. „Vielleicht ist es ja das, was uns so sehr erschreckt hat: die Sinnlosigkeit des Geschehens. Wir sind konfrontiert mit einer verstörenden Vernichtungstat.“ Bei vielen Menschen sei die Trauer in Wut und Zorn umgeschlagen. Aber auch die Angehörigen des Copiloten hätten eine geliebten Menschen verloren.

Hannelore Kraft: Momente der Verbundenheit

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Hannelore Kraft © dpa

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat den Angehörigen der Absturz-Opfer Mut zugesprochen. In den vergangenen Wochen der Trauer habe sie auch viele Momente tiefer menschlicher Verbundenheit erlebt - etwa am Düsseldorfer Flughafen, in Frankreich oder in Haltern, sagte Kraft am Freitag. „Ich spürte die Verzweiflung und den Schmerz. Ein Schmerz, der nicht zu ermessen ist. Aber ich spürte auch Halt und Trost, den wir einander gerade in den dunkelsten Stunden geben können.“ Die Angehörigen sollten wissen: „Unser Herz ist bei Ihnen.“

Ensemble aus Haltern musiziert bei Trauerakt

Beim staatlichen Trauerakt im Kölner Dom hat am Freitag auch ein Ensemble des Halterner Gymnasiums musiziert. Das Trio - zwei Streicherinnen und ein Pianist - spielte ein Thema aus „Schindlers Liste“ von John Williams. Unter den Toten des Germanwings-Absturzes sind 16 Schüler und zwei Lehrerinnen des Halterner Joseph-König-Gymnasiums.

Frankreich und Spanien sprechen Mitgefühl aus

Regierungsvertreter von Spanien und Frankreich haben Angehörigen und Freunden der Germanwings-Opfer ihr Mitgefühl ausgesprochen. Der spanische Innenminister Jorge Fernández Díaz sagte am Freitag im Kölner Dom: „Wir müssen versuchen, die entstandene Lücke mit Liebe und vor allem mit Hoffnung zu füllen.“ Die große Anteilnahme nach dem Unglück habe gezeigt, dass die Menschen in Europa vereint seien - egal, aus welchem Land sie kämen.

Der französische Staatsminister Alain Vidalies sagte laut Simultanübersetzung während der Fernseh-Übertragung: „Im Namen des Präsidenten der französischen Republik, im Namen des französischen Volkes, das diese Katastrophe bewegt und schockiert hat, bringe ich mein Mitgefühl zum Ausdruck gegenüber allen Familien, gegenüber allen Hinterbliebenen“. Frankreich stehe auch weiter an der Seite der Trauernden.

Rund 1500 Lufthanseaten trauern in Frankfurt

Am größten Standort der Lufthansa haben am Freitag rund 1500 Mitarbeiter der 150 Todesopfer des Germanwings-Absturzes vom 24. März gedacht. Die Beschäftigten in Frankfurt verfolgten am Freitag die Live-Übertragung des zentralen Trauergottesdienstes im Kölner Dom, wie das Unternehmen mitteilte. Zuvor hatte das Vorstandsmitglied Karl Ulrich Garnadt in der A380-Wartungshalle am Flughafen einige Worte an die Mitarbeiter gerichtet.

Trauergottesdienst im Kölner Dom

dpa

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