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Hitzewelle in der Antarktis: Schelfeis bricht ab – „Ein Zeichen für das, was kommen könnte“

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Von: Tanja Banner

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Eine Schelfeiskante in der Antarktis. (Symbolbild)
Eine Schelfeiskante in der Antarktis. (Symbolfoto) © imago/blickwinkel

Inmitten der Hitzewelle in der Antarktis bricht Schelfeis ab. Für Forschende kommt das überraschend – sie warnen vor weiteren derartigen Ereignissen.

Antarktis – Mitte März erlebte der Osten der Antarktis eine Hitzewelle, die selbst Forschende erstaunte. Nun zeigt sich, dass die unerwartete Hitze Folgen hatte: In der Ostantarktis ist der Conger-Eisschelf – eine Eisplatte, die auf dem Meer schwimmt, aber von Gletschern gespeist wird und mit ihnen verbunden ist – abgebrochen. Dabei handelt es sich um eine Eisplatte mit einer Größe von 1200 Quadratkilometern – etwa so groß wie die italienische Hauptstadt Rom. Das sei zwar relativ klein, es sei jedoch trotzdem „einer der bedeutendsten Abbrüche in der Antarktis seit Anfang der 2000er Jahre, als das Larsen-B-Schelfeis zerbrach“, ordnet die Erd- und Planetenwissenschaftlerin Catherine Colello Walker das Ereignis gegenüber dem Guardian ein.

Das Conger-Schelfeis schrumpft bereits seit Mitte der 2000er Jahre, nun hat ihm offenbar die Hitzewelle zugesetzt. „Dass Schelfeis Masse verliert, ist Teil des normalen Verhaltens – aber der große Abbruch von Schelfeis ist ein sehr unübliches Ereignis“, erklärt Andrew Mackintosh gegenüber dem Guardian. „Das scheint eher ein Kollaps zu sein als normales Verhalten.“ Der Experte kann sich vorstellen, dass durch die Hitzewelle in der Antarktis Eis an der Oberfläche geschmolzen ist, was zu dem Abbruch geführt haben könnte. Er sagt jedoch auch, dass „mehr Beweise“ nötig seien, um den Abbruch des Conger-Schelfeises mit der Hitzewelle in Verbindung zu bringen. Auch beim Abbruch des Larsen-B-Schelfeises 2002 war ein Schmelzen der Oberfläche der Auslöser.

Hitzewelle in der Antarktis: Schelfeis bricht ab – „Ein Zeichen für das, was kommen könnte“

Der Abbruch des Conger-Schelfeises „wird wahrscheinlich keinen großen Effekt haben, aber es ist ein Zeichen für das, was kommen könnte“, betont Walker. Selbst ein kleines Schelfeis in der Ostantarktis abbrechen zu sehen, sei eine Überraschung, erklärt der Gletscherforscher Peter Neff gegenüber dem Guardian. „Wir behandeln die Ostantarktis immer noch wie einen massiven, hohen, trockenen, kalten und unbeweglichen Eiswürfel“, so Neff. „Das derzeitige Verständnis legt nahe, dass man aufgrund der Geometrie des Eises und des Untergrunds dort nicht die gleichen schnellen Eisverluste wie in der Westantarktis bekommt.“

Daten des Copernicus-Satelliten „Sentinel-1“ zeigen, dass die Bewegung des Schelfeises zwischen dem 5. und 7. März begann. Um den 15. März herum ist das Schelfeis Fachleuten zufolge abgebrochen. Bei Schelfeis handelt es sich um eine große, 200 bis 1000 Meter dicke Eisplatte, die auf dem Meer schwimmt. Sie wird von Gletschern oder Eiskappen gespeist und ist mit diesen verbunden. Am äußeren Rand von Schelfeis bricht immer wieder Eis ab – ein Prozess, der als „Kalben“ bezeichnet wird und bei dem Eisberge entstehen.

Eis in der Antarktis kann globale Meeresspiegel beeinflussen

Neben dem Abbruch des Conger-Schelfeises gab es im März zwei weitere „Kalb“-Prozesse in der Ostantarktis. „Ein großer Teil der Ostantarktis wird von Schelfeisen gestützt, daher müssen wir alle Schelfeise dort im Auge behalten“, erklärt die Gletscherforscherin Helen Amanda Fricker auf Twitter. Die Ostantarktis sei „der große Elefant im Raum, den wir noch nicht angegangen haben. Er ist riesig“, betonte Fricker kürzlich gegenüber dem Scientific American. Das Eis in der Ostantarktis habe großes Potenzial, die globalen Meeresspiegel zu beeinflussen.

Der Abbruch des Conger-Schelfeises dürfte die Meeresspiegel dagegen nicht beeinflussen, erläutert Matt King. Schließlich würde Schelfeis bereits im Wasser schwimmen. Größere Sorgen machen Fachleuten jedoch die Gletscher hinter dem Schelfeis: Im Fall des Conger-Schelfeises sei es nur ein kleiner Gletscher, der nur einen „winzigen Einfluss auf den Meeresspiegel der Zukunft“ haben dürfte, so King. Doch durch den Klimawandel würde in Zukunft mehr Schelfeis abbrechen. „Wir werden erleben, dass riesige Schelfeisflächen – viel größer als diese – abbrechen. Und diese werden eine Menge Eis zurückhalten – genug, um den globalen Meeresspiegel ernsthaft in die Höhe zu treiben.“ Die Geschwindigkeit, mit der das Conger-Eisschelf abgebrochen sei, „erinnert uns daran, dass Dinge sich schnell ändern können“, betont Forscher King.

Hitzewelle in der Antarktis mit Rekord-Temperaturen

Die US-Raumfahrtorganisation Nasa* beobachtet das Eis in der Antarktis mithilfe von Satelliten. Im Februar 2022 hat die Eisfläche in der Antarktis den Berichten zufolge die geringste Ausdehnung seit Beginn der Satellitenbeobachtung im Jahr 1979. Zum ersten Mal habe das Eis eine Fläche von weniger als zwei Millionen Quadratkilometern bedeckt – 190.000 Quadratkilometer weniger als der bisherige Tiefstwert aus dem März 2017. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 fehlt in der Antarktis nach Nasa-Angaben Meereis auf einer Fläche, die doppelt so groß ist wie der US-Bundesstaat Kalifornien.

Name:Antarktis
Region:um den Südpol gelegenen Land- und Meeresgebiete
Besonderheit:größte eigenständige Eismasse der Erde
Besonderheit:größtes Naturschutzgebiet der Erde
Dicke des Eises:bis zu 4,5 Kilometer

Im März meldeten die Antarktis-Forschungsstationen Concordia und Wostok Rekord-Temperaturen, teilweise herrschten bis zu 40 Grad mehr als normalerweise um diese Jahreszeit üblich. Ob die Hitzewelle mit dem Klimawandel in Verbindung steht, ist noch unklar. Jedoch werden durch den Klimawandel weltweit Hitzewellen häufiger und intensiver*, besonders die Polkappen heizen sich schnell auf*. (Tanja Banner) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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