Experte erwartet „ungeahnte Preisspitzen“ bei Strom und warnt vor Preisdeckeln: „Völlig falscher Weg“
Der Energieexperte Marcel Frondel befürchtet mit Blick auf den Herbst und Winter weitere Preisexplosionen beim Strom. Zugleich warnt er die Politik davor, auf Preisdeckel zu setzen.
Essen – Der Strompreis in Deutschland eilt von einem Rekord zum nächsten. Zuletzt betrug er 988 Euro pro Megawattstunde, während es am Jahresanfang noch weniger als 150 Euro waren. Der Energieexperte Manuel Frondel warnt deshalb vor möglichen „ungeahnten Preisspitzen“.
Hohe Strompreise: Experte warnt vor weiteren Steigerungen im Herbst und Winter
„Es ist zu erwarten, dass die Strompreise im Herbst und Winter noch weiter steigen, weil in dieser Zeit der Strombedarf zunimmt, insbesondere in Ländern wie Frankreich, wo viel mit Strom geheizt wird“, sagte der Energieexperte vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung der Rheinischen Post vom Dienstag.
„Wenn dann noch das Angebot knapp bleibt, etwa indem die Hälfte der französischen Kernkraftwerke weiter ausfällt, oder das Angebot sogar verknappt wird, wie durch die Abschaltung der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke, kann der Strompreis noch weitere ungeahnte Preisspitzen erreichen.“
Zugleich warnte Frondel vor Preisdeckeln: „Eingriffe in den Preisbildungsmechanismus des Marktes“ wären „der völlig falsche Weg, hierauf zu reagieren“, sagte der Energieexperte. „Soziale Härten sollten möglichst gezielt bei einkommensschwachen Haushalten abgefedert werden. Denkbar wäre auch eine weitere Energiepreispauschale, wie sie jetzt im September 2022 gewährt wird und bei der einkommensschwache Haushalte stärker begünstigt werden als wohlhabende Haushalte, da Wohlhabende auf diese Pauschale mehr Steuer zahlen müssen.“
Energiekrise: Kanzler Scholz offen für Strompreisbremse in der EU
Doch in der Politik findet der Preisdeckel immer mehr Freunde: Am Montag hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) offen für eine Energiepreisbremse auf europäischer Ebene gezeigt. Die gegenwärtigen Strompreise ließen sich „nicht rechtfertigen“, sagte der Kanzler bei einem Besuch in Prag. Südliche EU-Länder wie Spanien oder Griechenland fordern bereits seit Monaten Markteingriffe. Bisher scheiterten sie damit aber unter anderem am deutschen Widerstand.
Scholz betonte, wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs bestehe nun „eine große Bereitschaft, etwas zu verändern“. Er rechne deshalb mit schnellen Beschlüssen. Der tschechische EU-Vorsitz hat für den 9. September eine Sondersitzung der EU-Energieminister in Brüssel einberufen, wie der tschechische Regierungschef Petr Fiala sagte.
Als mögliche Lösung bezeichnete er eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis, da der Energiemarkt „nicht mehr richtig funktioniert“. Fiala sprach sich im Zusammenhang mit der Energieversorgung im kommenden Winter auch für eine längere Nutzung der deutschen Atomkraftwerke aus. (lma/AFP)